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Wo die Ausbeutung am ärgsten ist: Globale Containerschifffahrt

Eingereicht on 14. Dezember 2017 – 11:29

Manuel Kellner. Ohne die menschenunwürdigen und naturzerstörerischen, weltumspannenden und unterpreisigen Transporte gäbe es keine Globalisierung, keine globalisierten Wertschöpfungsketten.

Fünfzigtausend Handelsschiffe, die weitaus meisten von ihnen mit Containern beladen, tragen 90 Prozent des globalen Güterverkehrs. Die Menschen an Bord spiegeln die internationale Arbeitsteilung und die Ungleichheit der Lage der Beschäftigten weltweit. Wenn diese Seeleute sich zusammentun würden, um gegen die extreme Ausbeutung und das massive Zerstörungswerk an der Natur vorzugehen, wäre damit ein großer Schritt zum Sturz der Macht des Kapitals getan.

Nur die extrem schlechte Bezahlung und die miserablen Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und den Schiffsbetrieb ohne jede Rücksicht auf die ökologischen Gleichgewichte auf den Weltmeeren machen den globalen Warentransport in alle Winkel der Welt so kostengünstig, dass er billiger ist als die regionale Produktion und horrende Profite generiert.

Viele der Schiffe fahren unter 35 verschiedenen «Billigflaggen» und unterliegen damit den Gesetzen und Bestimmungen der entsprechenden Staaten (von denen einige nicht einmal Küsten haben). Hier gelten weder die Tariflöhne der Herkunftsländer, noch deren Bestimmungen zu Arbeitsverträgen, Arbeitsbedingungen und Umweltschutzauflagen, auch nicht die Mindeststandards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) oder der Internationalen Transportarbeiterföderation (ITF). 56 Prozent der weltweiten Handelsschifffahrt erfolgt unter solchen Billigflaggen, 1,2 Millionen Seeleute sind von diesen Verhältnissen betroffen.

Die Folgen des Wild-West-Regimes auf den Weltmeeren sind dramatisch. Die Besatzungen der Schiffe kommen überwiegend aus den ärmeren und ärmsten Ländern wie Indien, Pakistan oder den Philippinen oder aus europäischen Billiglohnländern wie der Ukraine, Kroatien oder Lettland. Sie erhalten befristete Verträge, oft nicht einmal für ein Jahr. Sie unterliegen einem brachialen Lohndumping und Arbeitsbedingungen wie im Frühkapitalismus, oft ohne freie Tage und Urlaub, ohne Gesundheitsschutz, und arbeiten mit großer Gefahr für Gesundheit, Leib und Leben. Vielfach werden sie gehalten wie Sklaven. Die elementaren Menschenrechte gelten für sie nicht.

Die Schiffe werden immer größer und immer schneller. Wegen des gnadenlosen Konkurrenzkampfs setzen die schwächeren Kapitalgesellschaften die ältesten und am schlechtesten gewarteten Schiffe ein. Wenn diese havarieren, sterben die Seeleute und die Container mit beliebigem – oft giftigem – Inhalt sinken auf den Meeresgrund, wo sie erodieren und nach und nach ihren Inhalt freisetzen. Solche Vorfälle sind unseren großen Medien in aller Regel nicht einmal eine Randnotiz wert.

Abfälle und verbrauchte Brennstoffe werden völlig unkontrolliert ins Meer gekippt. Gerade die kleineren Unternehmen verwenden besonders umweltschädliche Altöle. Diese Art der Schifffahrt trägt nicht nur erheblich zur Erhöhung des CO2-Gehalts der Atmosphäre und somit zur globalen Erwärmung bei, sondern auf vielerlei andere Weise auch zur Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Hinzu kommt, wo und wie diese Schiffe abgewrackt werden: vorwiegend in Pakistan, Indien und Bangladesh, wiederum von unterbezahlten Beschäftigten unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen, wobei häufig Jugendliche und Kinder eingesetzt werden. Nur die extrem niedrigen Kosten für Transport, Verladung und Entsorgung halten das ungerechte und ökologisch unverantwortliche Welthandelssystem aufrecht, das gerne verniedlichend als «Globalisierung» bezeichnet wird.

Hiergegen hat sich eine Kampagne entwickelt, getragen u.a. von: Deutsche Seemannsmission e.V., die Zeitschrift Waterkant, NABU, Förderkreis «Rettet die Elbe» e.V., Bremer entwicklungspolitisches Netzwerk e.V., Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung, BUND.

Sie fordert weltweit verbindliche Normen für die Seefahrt und das Verbot der Unterschreitung des ITF-Tarifs bei Tarifverträgen auf See. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit für alle Beschäftigten an Bord und in den Häfen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit! Transparenz und Öffentlichkeit der Transportwege jedes Produkts! Anpassung der Schiffsgrößen an die vorhandenen Zufahrtswege zu den Häfen und nicht umgekehrt! Schiffe müssen mit höherwertigen oder alternativen Kraftstoffen und Antrieben fahren und Abgasreinigung vornehmen. Verbot von Schweröl als Brennstoff! Verbot der Abfall- und Ölgemischentsorgung auf den Weltmeeren! Vorschrift, dass Schiffe künftig so gebaut werden, dass sie umwelt- und sozialverträglich betrieben werden können und sich ökologisch unbedenklich zerlegen und recyceln lassen. Billigarbeitsplätze und Leiharbeit auf See gehören gebannt!

Die Internationale erkämpft das Menschenrecht, heißt es in dem schönen alten Lied. Heute kann man ergänzen: Nur die Internationale erkämpft das Überleben der Menschheit. Die Internationale, das ist keine heute schon bestehende Organisation. Da gibt es nur erste kleine Ansätze. Wie aber im 19.Jahrhundert die von Marx mitgegründete Internationale Arbeiterassoziation (die I. Internationale) vorgemacht hatte, so ist auch im 21.Jahrhundert die einzige Hoffnung für die Zukunft der Menschheit der Zusammenschluss der abhängig Beschäftigten, Ausgebeuteten und Unterdrückten aller Länder und Erdteile, zur See und auf Land.

Quelle: Soz Nr. 12/2017… vom 14. Dezember 2017

 

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