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Allianz der Zukunft im Kampf gegen Werkschliessung

Eingereicht on 30. August 2021 – 15:15

Bernd Müller. Beschäftigte von Bosch-Werk in München kämpfen gemeinsam mit Klimaaktivisten für Standorterhalt.

Das traditionsreiche Bosch-Werk in Berg am Laim steht vor dem Aus. In der Konzernzentrale wird derzeit geprüft, die Niederlassung in München zu schließen. Neben den knapp 280 Beschäftigten setzen sich nun auch Umweltgruppen für ihren Erhalt ein – namentlich »Fridays for Future«, »Extinction Rebellion« und das »Antikapitalistische Klimatreffen«.

Am Standort Berg am Laim produziert das Unternehmen Bauteile für Diesel- und Benzinmotoren: elektrische Kraftstoffpumpen und Einspritzventile. Von ihnen könnten in Zukunft voraussichtlich weniger verkauft werden, was im Konzern Ideen befeuert, den Standort zu schließen. Die Automobilbranche entwickle sich aktuell weg vom Verbrenner hin zum elektrischen Antrieb. Das führe zu erheblichen Überkapazitäten, heißt es bei Bosch. Und die will man abbauen.

Für die Klimaschützer ist das nur ein vorgeschobenes Argument. Entlassungen gebe es nicht aus Gründen des Klimaschutzes, sondern nur um des Profites willen, heißt es auf ihrer Internetseite. Das Unternehmen wolle schließlich nicht aufhören, für den Bau von Verbrennungsmotoren zu produzieren; statt dessen wolle man die Produktion nur in Länder verlagern, wo die Löhne niedriger seien.

Tatsächlich hatte Bosch im Juli bestätigt, dass eine Verlagerung der Produktion an den Standort Campinas in Brasilien oder nach Ceske Budejovice (Budweis) in Tschechien geprüft werde. Dort sei die Fertigung »wirtschaftlich noch darstellbar«, heißt es in einem Schreiben, aus dem ­merkur. de Mitte Juli zitierte. Der Verbleib in München sei »jedoch unwirtschaftlich«.

Für die Klimaschützer ist das noch lange kein Grund, die Beschäftigten auf die Straße zu setzen. Statt dessen solle die Produktion umgestellt werden. »Nicht auf E-Mobilität, sondern auf gesellschaftlich nützliche Produkte«, heißt es auf ihrer Internetseite. Es gebe Tausende andere Dinge, welche die Gesellschaft brauche.

Auch die Belegschaft hat sich in einer Petition für eine Umstellung der Produktion auf klimaneutrale Produkte ausgesprochen. »Es gibt eine große Palette an Produkten, die hier im Werk hergestellt werden könnten und die für eine klimafreundliche Zukunft nützlich wären«, heißt es in dem Schreiben, das jW vorliegt. In den vergangenen Jahren habe man immer wieder Vorschläge für eine Umstellung der Produktion vorgelegt, doch diese seien stets von der Geschäftsführung abgeblockt worden.

Auch auf Geld hatten die Arbeiter verzichtet, um das Werk zu retten. »Wir haben seit zwölf Jahren auf Teile unseres Lohns und unseres Weihnachtsgeldes verzichtet für das Versprechen, auch in Zukunft hier arbeiten zu können«, heißt es in der Stellungnahme weiter. Doch nun wolle der Konzern sein Versprechen brechen. Im Juli hatte sich Unmut in der Belegschaft darüber breitgemacht, dass die Beschäftigten von der Fabrikleitung nicht persönlich über die Pläne informiert wurden, sondern nur per E-Mail.

Für kommende Woche planen die Klimaaktivisten eine Demonstration, bestätigte eine Sprecherin am Donnerstag auf jW-Anfrage. Gemeinsam mit der Belegschaft wolle man den Protest gegen die geplante Schließung auf die Straße tragen. Die Gewerkschaft IG Metall ist bei dieser Aktion aber offenbar nicht mit eingebunden. Man organisiere sich als Graswurzelbewegung, hieß es als Begründung gegenüber dieser Zeitung.

Die IG Metall hatte aber auch Widerstand gegen die mögliche Schließung angekündigt. Man werde die Pläne nicht kampflos hinnehmen, hatte der zuständige Gewerkschaftssekretär Sascha Wojtkowski gegenüber merkur.de angekündigt. Gemeinsam mit dem Betriebsrat und externen Beratern arbeite man »mit Hochdruck an einem Alternativplan, um den Standort zu retten«. Wenn er fertig sei, wolle man ihn der Geschäftsführung vorstellen und über die Vorschläge diskutieren.

Mitte August hatte dann der Betriebsratsvorsitzende Guiseppe Ciccone gegenüber der Abendzeitung angekündigt: »Wenn es hart auf hart kommt, werden wir uns an die Maschinen ketten.« Vermutlich wird das nicht helfen, den Betrieb zu retten; denn Bosch hat schon vor Jahren begonnen, das Werk zu verkleinern. Immerhin arbeiteten vor knapp 20 Jahren noch rund 1.600 Menschen an dem Standort, so Ciccone.

Von Politikern aus CSU und SPD scheinen die Arbeiter schon abgeschrieben zu sein. Sollte das Werk geschlossen werden, dann soll die Stadt München das Fabrikgelände kaufen. So lautet zumindest ein von beiden Parteien initiierter Antrag im Bezirksausschuss Berg am Laim. Die Süddeutsche Zeitung hatte Ende Juli darüber berichtet. Ziel solle sein, auf der Fläche eine Grundschule und ein Seniorenheim zu errichten.

#Bild: Kundgebung gegen die Schließung des Bosch-Werks am Donnerstag in München

Quelle: jungewelt.de… vom 30. August 2021

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