Belgische Arbeiter rufen zum Boykott von Waffenlieferungen an Israel auf
Alex Lantier. Am 31. Oktober rief ein Bündnis belgischer Flughafengewerkschaften ihre Mitglieder im Bodenpersonal auf, keine Waffenlieferungen nach Israel mehr abzufertigen. Fast einen Monat nach Ausbruch des Kriegs zwischen Israel und Gaza ist dies das erste und bisher einzige Mal, dass Gewerkschaften in den imperialistischen Nato-Ländern auf den Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften vom 16. Oktober reagieren und die Aufrüstung Israels boykottieren.
Die Erklärung der belgischen Gewerkschaften trägt den Titel: „Ablehnung des Transports von für den Krieg in Palästina bestimmtem Militärmaterial“. Darin wird festgestellt, dass „Arbeiter auf verschiedenen belgischen Flughäfen sehen können, wie Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden. Mit dem Be- und Entladen dieser Waffen werden Organisationen versorgt, die unschuldige Menschen töten.“ Auf dieser Grundlage ruft das Gewerkschaftsbündnis seine Mitglieder auf, sich zu weigern, für Israel bestimmte Waffen ein- oder auszuladen:
Wir, die verschiedenen im Bodentransport tätigen Gewerkschaften, fordern unsere Mitglieder auf, keine Flüge mehr zu bedienen, die militärisches Material in Richtung Palästina/Israel transportieren, wie dies zu Beginn des Konflikts mit Russland und der Ukraine auf der Grundlage klarer Vereinbarungen und Regeln geschehen ist.
Wir rufen daher zu einem sofortigen Waffenstillstand auf und fordern die belgische Regierung auf, konsequent zu sein und den Transit von Waffen über belgische Flughäfen nicht länger zu tolerieren. Als Gewerkschaften erklären wir unsere Solidarität mit denjenigen, die sich für den Frieden einsetzen.
Die Erklärung wurde in Flämisch und Französisch, den beiden Amtssprachen Belgiens, veröffentlicht. Die flämische Fassung wurde von Gewerkschaften unterzeichnet, die dem Christlichen Gewerkschaftsbund (ACV), der Belgischen Transportgewerkschaft (BTB, UBT auf Französisch), dem Verband der Angestellten, Techniker und Manager (BBTK) und Transcom angehören. Auf Französisch wurde er von lokalen Gewerkschaften unterzeichnet, die mit der Nationalen Angestelltengewerkschaft (CNE), der Gewerkschaft der Angestellten, Techniker und Manager (SETCa) und Transcom verbunden sind.
Peter Martens, Vorsitzender der maoistischen belgischen Arbeiterpartei (PTB), hat diese Erklärung in einer Nachricht auf X/Twitter gepostet. Sie wurde fast 6 Millionen Mal aufgerufen. Dies zeigt, welches enorme Interesse für einen Kampf der Arbeiterklasse gegen Krieg besteht, und was für ein Unterstützungspotential er auf der ganzen Welt hervorrufen kann.
Die Initiative der belgischen Gewerkschaften des Flughafenpersonals entlarvt die Untätigkeit der nationalen Gewerkschaftsbürokratien in den wichtigsten imperialistischen Nato-Staaten. Amerika, Deutschland, Großbritannien und Frankreich schicken Waffen im Wert von Hunderten von Millionen oder Milliarden Dollar an Israel, das sie gegen den Gazastreifen einsetzt. Doch die AFL-CIO, der DGB, der britische TUC und die französische CGT rühren keinen Finger.
Unter Arbeitern und Jugendlichen auf der ganzen Welt wächst die Wut über den völkermörderischen Krieg Israels im Gazastreifen. In Amerika, Europa und im Nahen Osten finden Massenproteste mit Hunderttausenden von Menschen in den großen Städten statt. In Belgien waren es die Arbeiter, die an den Flughäfen darauf drängten, gegen die Unterstützung Israels durch europäische Konzerne die Arbeit niederzulegen.
Am 16. Oktober stimmte das 221-köpfige belgische Flugpersonal von Ryanair einstimmig gegen die Wiederaufnahme von Flügen von Charleroi (Belgien) nach Tel Aviv (Israel). Der CNE-Delegierte Ivan Bomfin erklärte: „Wenn es darum gegangen wäre, humanitäre Flüge zu organisieren, hätten wir uns freiwillig gemeldet, keine Frage (…) Aber jetzt spielt Ryanair mit unserem Leben, nur um Geld zu verdienen. Sie wollen ‚Touristen‘ oder Gott weiß welche Art von Passagieren in ein Kriegsgebiet fliegen und verlangen dafür das Zehnfache des üblichen Preises. Das ist verrückt.“
Die israelische Regierung reagiert auf den internationalen Widerstand gegen ihre völkermörderische Politik mit einer Eskalation ihrer Gewaltakte gegen die Palästinenser im Gazastreifen. Sie hat wiederholt Krankenhäuser und Flüchtlingslager bombardiert.
Appelle an die israelische und die Nato-Regierungen, den Massenmord an Unschuldigen zu beenden, sind nutzlos. Der Weg, den Völkermord zu stoppen, geht (wie die Initiative in Belgien zeigt) über die Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse, um ein Kriegsende durch die Macht des Streiks zu erzwingen.
Am 16. Oktober richtete der Palästinensische Allgemeine Gewerkschaftsbund (PGFTU) in Gaza einen internationalen Appell an die Gewerkschaften auf der ganzen Welt, sich für die Beendigung des Krieges gegen Gaza einzusetzen. Der PGFTU appellierte an die Gewerkschaften der betroffenen Branchen aller Länder der Welt,
- sich zu weigern, für Israel bestimmte Waffen zu bauen,
- sich zu weigern, Waffen nach Israel zu transportieren,
- in ihren Gewerkschaften entsprechende Anträge zu stellen,
- Maßnahmen gegen Unternehmen zu ergreifen, die an Israels Durchführung der brutalen und illegalen Belagerung beteiligt sind, insbesondere wenn sie Verträge mit eurer Gewerkschaft haben, und
- Druck auf die Regierungen auszuüben, um den gesamten Militärhandel mit Israel und im Falle der USA auch die Finanzierung des Landes zu stoppen.
Die Reaktion auf den Aufruf des PGFTU macht deutlich, dass die Arbeiter in aller Welt nicht warten können, bis die Gewerkschaftsbürokratie Arbeitskämpfe gegen den Krieg organisiert. Die wichtigsten nationalen Gewerkschaftsbünde in Amerika, Deutschland, Großbritannien und Frankreich haben keinerlei Aktionen gegen den Völkermord unternommen. Nur in Belgien haben mehrere Gewerkschaften in einem strategisch wichtigen Industriezweig eine konkrete Aktion vorgeschlagen.
Ihr Aufruf allein ist zudem nur der Anfang eines ernsthaften Kampfs der europäischen und internationalen Arbeiterklasse gegen den Krieg in Gaza.
Es muss eine breitere Unterstützung unter den Arbeitern in Belgien und auf internationaler Ebene mobilisiert werden, um die belgischen Arbeiter zu verteidigen, die dem Aufruf folgen und sich weigern, Waffenlieferungen nach Israel zu bearbeiten. Sie müssen unweigerlich mit Vergeltungsmaßnahmen seitens der Unternehmen und auch der belgischen Regierung rechnen. Der rechtsgerichtete Premierminister Alexander de Croo hat betont, dass seine Regierung „Israels Recht, sich gegen diese Barbarei zu verteidigen“, unterstütze. Er versucht derzeit, ein antidemokratisches „Anti-Hooligan“-Gesetz zu verabschieden, um die Möglichkeiten der Arbeiter zur Teilnahme an öffentlichen Protesten einzuschränken.
Es ist von entscheidender Bedeutung, nicht nur Aktionen des zivilen Ungehorsams durchzuführen, sondern auch Streikaktionen vorzubereiten. Dies wird es der Arbeiterklasse ermöglichen, ihre Streikmacht gegen den Gaza-Krieg und den Völkermord wirksam zur Geltung zu bringen. Dies wird unweigerlich einen politischen Kampf gegen die kapitalistischen Regierungen der Nato-Mächte, einschließlich der de Croo-Regierung in Belgien, nach sich ziehen. Sie unterstützen den israelischen Kriegseinsatz voll und ganz und entschuldigen die Kriegsverbrechen des israelischen Regimes.
Der Kampf gegen die Aggression Israels, die von der Nato unterstützt wird, muss international organisiert werden. Um ihn zu führen, können die Kämpfe der Arbeiter nicht in der nationalen Zwangsjacke der Gewerkschaften verbleiben. Sie müssen Aktionskomitees bilden, um den Widerstand gegen Krieg, kapitalistische Reaktion und Polizeistaat zu koordinieren und weltweit gemeinsam gegen Imperialismus und Kapitalismus und für Sozialismus kämpfen zu können.
#Titelbild: Demonstration in Brüssel von Zehntausenden von Menschen, die gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen protestieren [AP Photo/SylvainPlazy]
Quelle: wsws.org… vom 3. November 2023
Tags: Arbeiterbewegung, Belgien, Gewerkschaften, Palästina, Widerstand, Zionismus
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