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Wohin geht Amerika? Eine marxistische Interpretation

Submitted by on 28. November 2025 – 12:55

David North. In den 1920er und 1930er Jahren wählte Leo Trotzki eine Frage als Titel für mehrere seiner wichtigsten Essays über die damaligen politischen Ereignisse. Die berühmtesten Texte waren „Wohin treibt England?“, der 1925, ein Jahr vor dem Ausbruch des historischen Generalstreiks, geschrieben wurde, „Kapitalismus oder Sozialismus?“, ebenfalls von 1925, der sich

mit wichtigen Fragen der sowjetischen Wirtschaftspolitik befasst, und „Wohin geht Frankreich?“, der 1934 erschien, als heftige Klassenkonflikte in Frankreich begannen.

Der Vortrag des heutigen Abends stellt die Frage: „Wohin geht Amerika?“ Ich denke, dass die meisten Menschen, wenn sie gefragt würden, ziemlich schnell antworten würden: „Zur Hölle!“ Und die Antwort wäre gerechtfertigt, auch wenn sie nur metaphorisch gemeint war.

Es gibt im Englischen noch eine ähnliche Redewendung, die auf die Situation in den USA zutrifft: „Going to hell in a hand basket“ (Im Handkorb zur Hölle fahren). Sie beschreibt eine Krisensituation, die schnell und unkontrolliert auf eine Katastrophe zusteuert.

Bei der Vorbereitung dieses Vortrags war ich mit der Herausforderung konfrontiert, mit der Geschwindigkeit der politischen Krise Schritt zu halten.

Am Donnerstag attackierte Donald Trump in mehreren Posts Senatoren und Kongressabgeordnete der Demokratischen Partei. Er denunzierte sie als Verräter und forderte, dass sie mit dem Tode bestraft werden. Damit reagierte er auf ein Video, in dem die demokratischen Abgeordneten die Soldaten aufforderten, „illegale Befehle“ zu verweigern, die sie zwingen würden, ihren Eid auf die Verfassung zu verletzen.

Viele der Demokraten, die das Video gepostet haben, verfügen über langjährige Verbindungen zu den US-Geheimdiensten. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass ihre Warnung auf Informationen aus hochrangigen Kreisen beruht, aus denen hervorgeht, dass Trump plant, das Militär einzusetzen, um die Verfassung zu stürzen und eine Diktatur zu errichten.

Das Video richtet sich direkt an das Militär:

Wir wissen, dass Sie momentan unter enormem Stress und Druck stehen. Die Amerikaner vertrauen ihrem Militär, aber dieses Vertrauen ist gefährdet. …

Diese Regierung bringt unsere Militärs und Geheimdienstmitarbeiter gegen amerikanische Bürger in Stellung. Im Moment kommen die Bedrohungen für unsere Verfassung nicht nur aus dem Ausland, sondern auch aus dem eigenen Land. Unsere Gesetze sind eindeutig. Sie können illegale Befehle ablehnen. Sie müssen illegale Befehle ablehnen. Niemand muss Befehle ausführen, die gegen das Gesetz oder unsere Verfassung verstoßen.

Dies ist die Art von Sprache, die von belagerten Politikern inmitten eines Militärputschs verwendet wird. Das Video der Abgeordneten und die Antwort von Trump bestätigen, dass wir es hier mit einem historisch beispiellosen Zusammenbruch der amerikanischen Demokratie zu tun haben. Die groteske Figur Donald Trump ist davon nur ein oberflächlicher Ausdruck. Um die Krise – ihre Ursachen und Folgen – zu verstehen, muss man unter die Oberfläche blicken und ihre tieferen wirtschaftlichen und sozialen Wurzeln untersuchen.

Nur wenn man diese tiefere Analyse vornimmt und Trump in das gesellschaftliche Milieu einordnet, aus dem er hervorgegangen ist, – mit den Klasseninteressen, die er vertritt, der Krise des kapitalistischen Systems, den gewaltigen Widersprüchen der amerikanischen Gesellschaft und den globalen Herausforderungen, vor denen der US-Imperialismus steht – kann man erklären, warum die herrschende Elite die Regierung der Vereinigten Staaten in die Hände eines soziopathischen Kriminellen gelegt hat.

Es gibt eine zu Recht berühmte Passage in Marx’ Buch Die Klassenkämpfe in Frankreich von 1850, in der er die bürgerliche Elite beschreibt, die das Land während der Herrschaft von Louis Philippe regierte. Marx schreibt:

[N]amentlich an den Spitzen der bürgerlichen Gesellschaft [brach] die schrankenlose, mit den bürgerlichen Gesetzen selbst jeden Augenblick kollidierende Geltendmachung der ungesunden und liederlichen Gelüste aus, worin der aus dem Spiele entspringende Reichtum naturgemäß seine Befriedigung sucht, wo der Genuß crapuleux [verkommen] wird, wo Geld, Schmutz und Blut zusammenfließen. Die Finanzaristokratie, in ihrer Erwerbsweise wie in ihren Genüssen, ist nichts als die Wiedergeburt des Lumpenproletariats auf den Höhen der bürgerlichen Gesellschaft.

Wäre Marx noch am Leben, würde er vielleicht Folgendes über das gegenwärtige Regime in den Vereinigten Staaten schreiben:

Die Oligarchie der Wall Street und ihre Verbündeten aus der Wirtschaft verdrehen die Gesetze, besetzen die Regierung mit eigenen Leuten und formen die öffentliche Meinung durch korrupte Medien, die die gesellschaftliche Realität verzerren und verschleiern. Kriminelle Betrügereien, schlecht getarnte Bestechung und eine wilde Obsession, sich persönlich zu bereichern, greifen auf alle Schichten der Elite über – vom Weißen Haus, dem Kongress, der Justiz und den Vorstandsetagen der Unternehmen bis hin zu den angesehenen Hochburgen der Wissenschaft. Die Akkumulation von Milliarden basiert nicht auf der Produktion, sondern der Spekulation, der Manipulation von Schulden, der Ausplünderung der gesellschaftlichen Ressourcen und der Verarmung der Masse der Bevölkerung.

Die unersättliche Gier der Oligarchie, ihre Lust nach eigener Befriedigung kollidieren nicht nur mit dem bürgerlichen Recht, sondern auch mit den grundlegendsten moralischen Prinzipien. Im Weißen Haus, dem Mar-a-Lago-Bordell oder den millionenschweren Anwesen herrschen ungehemmt perverse und räuberische Gelüste: Milliardäre und hochrangige Politiker nehmen die Dienste von Kinderhändlern wie Epstein in Anspruch und finden Gefallen an der rohen Ausbeutung der Hilflosen. In diesen Kreisen sind Geld, Verderbtheit und Gewalt untrennbar miteinander verbunden.

Trumps „Kunst des Deals“ ist der Modus Operandi der Kapitalistenklasse, der jede Form von Unternehmens- und Regierungskriminalität umfasst: die Anhäufung von Profiten aus dem Verkauf von Flugzeugen und Raketen, die beim Völkermord in Gaza eingesetzt werden, die Ermordung von Fischern in internationalen Gewässern vor der Küste Venezuelas, die illegale Stationierung von Streitkräften in US-Städten und die gegen alle Gesetze verstoßende Festnahme und Abschiebung von Einwanderern in den USA durch Agenten der Einwanderungspolizei ICE.

Die Finanz- und Konzernoligarchie ist mit ihren Geschäften und Orgien nichts anderes als eine Super-Mafia an der Spitze der kapitalistischen Gesellschaft, die ihre Verbrechen und Perversion zur Schau stellt, während die einfache Bevölkerung den Preis mit Elend und Blut bezahlt.

Nach der zweiten Wahl Trumps im November 2024, also vor genau einem Jahr, warnte die World Socialist Web Site, dass er mit seinen wiederholten Drohungen, wie ein Diktator zu regieren, nicht nur seinem persönlichen Helden Adolf Hitler nacheifern wollte. Vielmehr kündigten diese Drohungen eine Neustrukturierung der amerikanischen Politik auf Grundlage ihrer realen Klassenverhältnisse an. Die massive Konzentration des Reichtums in den Händen eines verschwindend kleinen Teils der amerikanischen Gesellschaft ist mit den traditionellen Formen der bürgerlich-demokratischen Herrschaft nicht vereinbar.

Die politische Ordnung der USA wird an die bestehenden Klassenverhältnisse angepasst. Das grundlegendste Merkmal der amerikanischen Gesellschaft ist das erschütternde Ausmaß sozialer Ungleichheit. Jede ernsthafte Diskussion über die amerikanischen Zustände, die dieses Thema ausklammert, ist intellektuell ebenso wertlos und politisch betrügerisch wie eine Diskussion über die Politik des alten Rom, die die Sklaverei nicht erwähnt. Der Begriff „Oligarchie“ wird nicht als rhetorische Ausschmückung verwendet. Er ist eine treffende Beschreibung der Konzentration von massivem Reichtum und Macht in den Vereinigten Staaten.

Am 3. November veröffentlichte die Hilfsorganisation Oxfam einen Bericht mit dem Titel „Unequal: The Rise of a New American Oligarchy and the Agenda We Need“ (Ungleich: Der Aufstieg einer neuen amerikanischen Oligarchie und die Agenda, die wir brauchen).

Zu den wichtigsten Ergebnissen gehören:

  • Die reichsten 0,1 Prozent der US-Bevölkerung besitzen 12,6 Prozent aller Vermögenswerte und 24 Prozent des gesamten Aktienmarkts.
  • Zwischen 1989 und 2022 erzielte ein Haushalt im 99. Perzentil – also ganz oben in der Einkommensverteilung – 101-mal so viel Vermögen wie ein durchschnittlicher Haushalt und 987-mal so viel wie ein Haushalt im 20. Perzentil, also dem unteren Fünftel.
  • Mehr als 40 Prozent der US-Bevölkerung – darunter fast die Hälfte aller Kinder (48,9 Prozent) – gelten als arm oder einkommensschwach.

Im Oxfam-Bericht heißt es:

Allein im vergangenen Jahr wurden die 10 reichsten Milliardäre um 698 Milliarden Dollar reicher. Seit 2020 ist ihr inflationsbereinigtes Vermögen um 526 Prozent gestiegen. Das reichste 0,0001 Prozent [einer von einer Million] kontrolliert einen größeren Anteil des Reichtums als im Gilded Age, einer Ära der US-Geschichte, die durch extreme Ungleichheit gekennzeichnet war. … Das reichste 1 Prozent besitzt die Hälfte des Aktienmarktes [49,9 Prozent], während die untere Hälfte der US-Bevölkerung nur 1 Prozent des Aktienmarktes besitzt.

Der Bericht entlarvt die Behauptung, dass die große Masse der amerikanischen Arbeiterklasse ihren Anteil am Vermögen des Landes habe. Oxfam schreibt:

Entgegen der Vorstellung, dass die USA eine außergewöhnlich wohlhabende Gesellschaft sind, zeigen internationale Vergleiche eine andere Realität. Betrachtet man die 10 größten OECD-Volkswirtschaften, so haben die USA die höchste relative Armutsquote, die zweithöchste Kinderarmuts- und Kindersterblichkeitsquote und die zweitniedrigste Lebenserwartung.

Diese schlechten Ergebnisse mögen überraschen, stehen aber im Einklang mit der Ausnahmestellung des Landes in der Sozialpolitik. Innerhalb derselben Gruppe von Vergleichsländern liegen die USA bei der Höhe der Arbeitslosenunterstützung auf dem letzten Platz, bei den öffentlichen Ausgaben für Familien mit Kindern auf dem vorletzten Platz, bei den staatlichen Sozialausgaben insgesamt auf dem siebten von zehn Plätzen – und auf Platz eins, wenn es um die Zahl der Arbeitsstunden geht, die nötig sind, um der Armut zu entkommen. Unter den 10 größten OECD-Volkswirtschaften liegt das US-Steuer- und Transfersystem auf dem vorletzten Platz bei der Verringerung der Ungleichheit.

Die extreme Konzentration von Reichtum ist untrennbar mit der politischen Herrschaft einer Oligarchie verbunden. Trumps Kabinett und sein Spitzenpersonal haben zusammen ein Vermögen von über 60 Milliarden Dollar. Der Reichtum dieser Regierung stellt alle Vorgänger in den Schatten. 16 von Trumps 24 reichsten Top-Funktionären gehören zu den 813 Milliardären – und damit zu den obersten 0,0001 Prozent in einer Nation mit 341 Millionen Einwohnern. Das ist keine symbolische Vertretung, sondern die direkte Herrschaft der Oligarchie.

Es ist ein Merkmal jeder herrschenden Klasse, dass sie immer aggressiver wird, je näher sie ihrem Untergang kommt. Je irrationaler ihr System wird, desto gewaltsamer bemüht sie sich um seine Rechtfertigung. Eine Parallele dazu findet sich in den Jahrzehnten vor der Französischen Revolution. In dem Maße, in dem der Adel versuchte, verlorene Privilegien wiederzuerlangen und bedrohte Vorrechte zu verteidigen, wurde er immer extremer und unnachgiebiger in seinen Methoden. Der Vorstoß der Aristokratie in den Jahren 1760 bis 1789 war keine defensive Reaktion, sondern ein aggressiver Versuch, das historische Wegbrechen der feudalen Privilegien rückgängig zu machen. Und als der Adel seinen endgültigen Untergang spürte, äußerte sich seine Verzweiflung in einer immer gewaltsameren Willkürherrschaft. Dieser Prozess erreichte mit dem Ausbruch der Revolution im Juli 1789 seinen Höhepunkt.

In den Jahrzehnten vor der Zweiten Amerikanischen Revolution von 1861 bis 1865 versuchten die Sklavenhalter des Südens, jede Form von Widerstand gegen die Sklaverei zu kriminalisieren und auszumerzen. Der Fugitive Slave Act von 1850 ermächtigte Bundesagenten, entlaufene Sklaven, die in den Norden geflohen waren, festzunehmen und an ihre Besitzer zurückzugeben, ähnlich wie die ICE-Agenten heute gegen Einwanderer vorgehen. 1857 erklärte der Oberste Gerichtshof, der von den Sklavenhaltern kontrolliert wurde, dass Sklaven lediglich Eigentum seien und nicht durch die Gesetze geschützt würden, die für Bürger und Menschen galten.

Schließlich weigerten sich die Tyrannen des Südens, die Wahl von Abraham Lincoln zum Präsidenten zu akzeptieren, und begannen im April 1861 einen Aufstand gegen die Vereinigten Staaten. Die Konföderierten Staaten von Amerika verkündeten die Sklaverei als Grundlage der Zivilisation. Erst in einem blutigen Bürgerkrieg, der über 700.000 Menschenleben kostete, konnte der Aufstand niedergeschlagen und die Sklaverei abgeschafft werden.

Ein ähnlicher Prozess der politischen Reaktion und des historischen Rückschritts vollzieht sich heute in den USA. Die Oligarchie demonstriert immer unverhohlener ihre Macht und verhält sich zunehmend feindlich gegenüber den demokratischen Legitimationsformen, die der kapitalistischen Herrschaft zumindest einen Anschein von Zustimmung in der Bevölkerung verliehen haben. Trump verherrlicht das Erbe der Sklaverei und hat angeordnet, dass die Statuen der Militärführer der Konföderation, die von öffentlichen Plätzen und Militärstützpunkten entfernt worden waren, wieder aufgestellt werden. Der alte Schlachtruf der Rassisten, die für die Konföderation sind – „Der Süden soll wieder auferstehen“ –, ist zur Politik der US-Regierung geworden.

Man denke nur an das Spektakel, das sich Anfang September im Weißen Haus abspielte: Praktisch die gesamte Führungsriege der Tech-Oligarchie, darunter Bill Gates von Microsoft, Tim Cook von Apple, Sam Altman von Open AI, Sergei Brin von Google, Mark Zuckerberg von Meta und andere Milliardäre und Konzernchefs, marschierte durch die Präsidentenresidenz. Ihre Anwesenheit symbolisierte die vollständige Unterordnung der formalen Regierungsgewalt unter die Finanz- und Konzernmacht. Das war kein privates Treffen, sondern eine öffentliche Krönung. Der Präsident der Vereinigten Staaten ist der vulgärste Vertreter einer parasitären Oligarchie. Und dann folgte kurz darauf ein noch bemerkenswerteres Spektakel: Trump sowie zahlreiche Milliardäre und Konzernchefs speisten auf Schloss Windsor mit dem englischen König.

Um die Größenordnung des Reichtums zu verdeutlichen, das sie verkörpern: Das gemeinsame Privatvermögen von zwei Dutzend der reichsten Personen am Tisch betrug 274 Milliarden Dollar. Das durchschnittliche Vermögen pro Person – 11,4 Milliarden Dollar – entspricht dem 67.000-Fachen des Vermögens eines durchschnittlichen britischen Bürgers. Zusammen repräsentierten sie Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 17,7 Billionen Dollar, also mehr als den Gesamtwert aller börsennotierten Unternehmen im Vereinigten Königreich.

Die königliche Familie ist nach den Maßstäben ihrer Gäste arm und besitzt kaum ein Drittel des Privatvermögens dieser zwei Dutzend Personen. Was sie jedoch mitbringt, ist eine lange Geschichte ererbter Privilegien, eine jahrhundertelange Tradition von Herrschaft und Luxus, die für die neue Finanz- und Unternehmensaristokratie äußerst attraktiv ist.

Währenddessen errichtet Trump auf amerikanischem Boden ein Monument oligarchischer Macht, das jedes historische Vorbild übertrifft. Die Präsidentenresidenz des Weißen Hauses – das zentrale Gebäude, in dem der Präsident seinen Amts- und Wohnsitz hat und das als wichtigster repräsentativer Ort dient – umfasst über 5.000 Quadratmeter. Trumps neuer Ballsaal, finanziert von Milliardärsspendern und großen Konzernen, wird mehr als 8.300 Quadratmeter umfassen – also fast doppelt so viel wie das Weiße Haus selbst. Das Weiße Haus wird in einen Palast verwandelt. Hier entsteht ein Versailles am Potomac River, eine schamlose Demonstration oligarchischer Überlegenheit.

Auch die alte Residenz wird renoviert. Trump hat stolz Fotos eines neu eingerichteten Badezimmers veröffentlicht, das einst von Lincoln benutzt wurde. Es verfügt nun über einen goldenen Toilettensitz, auf dem Trump seinen Hintern platzieren kann, während er neue Verbrechen ausbrütet und plant.

In ihrer Gesamtheit stellen die Maßnahmen der Trump-Regierung den Versuch dar, archaische Herrschaftsformen – hierarchisch, autoritär und offen antidemokratisch – einer modernen Massengesellschaft aufzuzwingen, die durch enorme Produktionskapazitäten, fortgeschrittene Technologie, globale Kommunikation in Echtzeit und das organisatorische Potenzial von Milliarden in die Weltwirtschaft integrierten Arbeitern geprägt ist. Dieser Anachronismus – das Verschmelzen alter Formen despotischer Herrschaft mit den Technologien und der produktiven Kraft der Weltwirtschaft – führt zu außerordentlich scharfen Widersprüchen.

Die sich entfaltende Konterrevolution in der Politik geht zwangsläufig mit einer Konterrevolution im Denken einher.

Die „Dunkle Aufklärung“ (Dark Enlightenment) mit ihrer expliziten Beschwörung einer Konzern-Monarchie versucht, diesen Rückfall in die Despotie philosophisch zu rechtfertigen, gekleidet in die Sprache der modernen technologischen Rationalität. Peter Thiel, der Gründer von PayPal und Förderer von Vizepräsident JD Vance und zahllosen anderen faschistischen Politikern, schrieb 2009: „Vor allem glaube ich nicht länger, dass Freiheit und Demokratie miteinander vereinbar sind.“ Ein anderer führender „Philosoph“ der Dunklen Aufklärung, Curtis Yarvin, hat vorgeschlagen, die Regierung wie ein Unternehmen zu strukturieren, mit einem CEO-Monarchen, der absolute Autorität ausübt.

Sind wir lediglich Zeugen der abscheulichen und irrationalen Handlungen manischer Individuen, die von grenzenloser Gier und Machthunger getrieben werden? Oder gibt es eine tiefere, objektive Grundlage für diese Phänomene, die in den inneren Gesetzen der kapitalistischen Akkumulation wurzelt?

Eine korrekte Antwort auf diese Frage ist von entscheidender Bedeutung, denn eine Kapitalismuskritik, die sich auf moralische Empörung stützt, wie berechtigt diese auch sein mag, kann nicht die Grundlage für einen revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus bilden. Es gab unzählige Massendemonstrationen gegen den Völkermord in Gaza, aber was diesen Protesten völlig fehlte, war eine realistische politische Perspektive und ein Programm, das auf einem wissenschaftlichen Verständnis des Zusammenhangs zwischen dem Völkermord und dem bestehenden kapitalistisch-imperialistischen System beruht. In Ermangelung einer solchen Analyse wurden die Proteste zu einem Appell an die imperialistischen Regierungen und Konzerne, die Sponsoren und Verteidiger Israels, ihre Unterstützung für den Völkermord zurückzuziehen.

Ein Artikel im Wall Street Journal vom 12. November zeigt, wie vergeblich solche Appelle sind. Unter dem Titel „Der Gaza-Krieg war ein großes Geschäft für US-Firmen“ schreibt das WSJ:

Der Konflikt ermöglichte eine beispiellose Waffenpipeline von den USA nach Israel, die weiterhin läuft und großen US-Unternehmen – darunter Boeing, Northrop Grumman und Caterpillar – beträchtliche Geschäfte beschert.

Die Verkäufe von US-Waffen an Israel sind seit Oktober 2023 sprunghaft angestiegen. Laut einer Analyse des Wall Street Journal auf Grundlage von Veröffentlichungen des US-Außenministeriums hat Washington in diesem Zeitraum Waffen, Munition und weiteres Militärgerät im Wert von über 32 Milliarden Dollar für Israel genehmigt.

Moralische Empörung bietet keine wirksame Orientierung für politisches Handeln. Vielmehr führt das Scheitern moralischer Appelle an die herrschende Klasse meist zu Enttäuschung, Pessimismus und Demoralisierung. Darüber hinaus – und das ist nicht weniger fatal für eine wirklich revolutionäre Perspektive – führt es zu einer enormen Überschätzung der Macht der herrschenden Eliten. Die Widersprüche innerhalb des kapitalistischen Systems, die die Bedingungen für eine revolutionäre Explosion schaffen, werden nicht erkannt. Und der größte Fehler von allen: Die zentrale Rolle der Arbeiterklasse im Kampf gegen den Kapitalismus wird ignoriert oder sogar abgelehnt.

Die Verbrechen und Grausamkeiten der herrschenden Klasse sind nicht einfach Ausdruck eines schlechten Charakters. Sie spiegeln die verzweifelten Versuche eines Systems wider, seine inneren Widersprüche zu überwinden. Die Gewalt der Oligarchie, die Unverfrorenheit ihres Machtstrebens, der Abstieg in den Autoritarismus – all das ist Ausdruck der endgültigen Krise der kapitalistischen Produktionsweise selbst.

In den letzten Jahren hat sich das Wort „Finanzialisierung“ etabliert, um den grundlegenden Wandel in der Struktur der US-amerikanischen und weltweiten kapitalistischen Wirtschaft zu beschreiben. Gemeint ist die immer stärkere Abkopplung der Gewinn- und Vermögensschöpfung vom Produktionsprozess. Unternehmen erzielen einen großen Teil ihrer Profite aus Finanztransaktionen wie Wertpapierhandel, Kreditvergabe und alle Arten von spekulativen Investitionen. Zu den Hauptmerkmalen der Finanzialisierung gehören das Wachstum von Banken und institutionellen Anlegern im Verhältnis zur Realwirtschaft, die Verbreitung komplexer Finanzinstrumente (Derivate, verbriefte Kredite usw.) und die enorme Ausweitung von Krediten und Schulden.

Untrennbar mit dem Prozess der Finanzialisierung verbunden ist die massive Zunahme von fiktivem Kapital, d.h. von Ansprüchen auf künftigen Reichtum, die in keinem Verhältnis zur gegenwärtigen Realwirtschaft stehen oder von dieser unabhängig sind. Eine Aktie ist ein Anspruch auf künftige Gewinne, die noch nicht – und möglicherweise nie – in der Produktion erwirtschaftet werden. Zwischen 2000 und 2020 entstanden für jeden Dollar an neuen Nettoinvestitionen in der Realwirtschaft etwa vier Dollar an finanziellen Verbindlichkeiten. Auf diese Weise entwickelt sich durch die Finanzialisierung und die Zunahme des fiktiven Kapitals mit der Zeit eine Wirtschaft, die immer mehr einem Ponzi-System ähnelt, bei dem sich die Anleger auf ständig steigende Vermögenswerte verlassen. Wenig Aufmerksamkeit wird der Frage gewidmet, ob die Börsenbewertung der Vermögenswerte eines Unternehmens überhaupt noch etwas mit den realen Einnahmen aus der Produktion und dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen zu tun hat.

So wurde systematisch eine Welt des Scheinwohlstands geschaffen. Das gesamte Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten wird auf 30 Billionen bis 30,5 Billionen Dollar geschätzt. Aber die gesamte Marktkapitalisierung der in den USA börsennotierten Unternehmen erreichte im Oktober dieses Jahres etwa 69 Billionen bis 71 Billionen Dollar. Der Gesamtwert aller börsennotierten US-Aktien ist daher mehr als doppelt so hoch – 220 Prozent – wie die jährliche US-Wirtschaftsleistung.

Dies ist eine historische Umkehrung der Beziehung zwischen dem Aktienmarkt und der US-Wirtschaft. Im Jahr 1971 entsprach die gesamte Marktkapitalisierung etwa 80 Prozent des BIP, also etwa ein Viertel des heutigen Wertes. Das bedeutet, dass der Wert der Finanzanlagen in den letzten 50 Jahren viel schneller gestiegen ist als die zugrunde liegende Produktion von Waren und Dienstleistungen. Finanzvermögen und spekulatives Kapital haben sich von der Realwirtschaft abgekoppelt.

Dieses unhaltbare Verhältnis zum nominalen Marktwert ist nicht nur ökonomisch nicht tragfähig oder – um die berühmte Formulierung von Alan Greenspan zu verwenden – ein Zeichen von „irrationaler Übertreibung“. Es ist ein Ausdruck des historischen Niedergangs des US-Kapitalismus.

Betrachtet man das Jahr 1971 in seinem historischen Zusammenhang, so markiert es einen grundlegenden Wendepunkt in der wirtschaftlichen Entwicklung des amerikanischen Kapitalismus.

Im August 1971 beendete Präsident Richard Nixon die Konvertierbarkeit des Dollars in Gold zum Kurs von 35 Dollar pro Feinunze. Diese Goldbindung war auf der Wirtschaftskonferenz von Bretton Woods im Jahr 1944 festgelegt worden und bildete seitdem die Grundlage für die Stabilisierung und das Wachstum der kapitalistischen Weltwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Dollar-Gold-Konvertibilität beruhte auf der überragenden Produktivkraft und der dominierenden Stellung des amerikanischen Kapitalismus. Die enormen Handelsbilanz- und Zahlungsbilanzüberschüsse der USA bildeten die Grundlage für das Versprechen, gegenüber anderen Ländern gehaltene Dollars jederzeit in Gold einzutauschen.

Doch im Laufe der 1950er und 1960er Jahre, als Europa und Japan ihre vom Krieg zerstörten Volkswirtschaften wieder aufbauten, nahm die Vormachtstellung der Vereinigten Staaten nach und nach ab. Da die Handelsüberschüsse stetig schrumpften, wurde das Versprechen der Dollar-Gold-Konvertibilität immer weniger haltbar. Aus Angst vor einem Ansturm auf den Dollar und der Erschöpfung der Goldreserven kündigte Nixon die 1944 in Bretton Woods getroffenen Vereinbarungen auf.

Diese Entscheidung löste weltweit wirtschaftliche Schockwellen aus. Der Ölpreis, gemessen in Dollar, vervierfachte sich. Der Dollar erfuhr eine massive Abwertung, ein Prozess, der seit einem halben Jahrhundert anhält.

Der Anstieg des Goldpreises von 35 Dollar pro Feinunze im Jahr 1971 auf über 4.000 Dollar stellt ein objektives Maß für den langfristigen Verfall des realen Werts des US-Dollars dar. Der Anstieg um mehr als das Hundertfache ist also nicht Ausdruck dafür, dass Gold an sich „wertvoller“ wird, sondern dass der Dollar an Kaufkraft und Glaubwürdigkeit verliert.

Nimmt man Gold als Indikator für das allgemeine Preisniveau über Jahrzehnte hinweg, so bedeutet ein hundertfacher Anstieg eine vergleichbare Erosion – etwa 99 Prozent – des realen Werts des Dollars. Kaum eine andere Kennzahl macht so deutlich, wie stark sich die Inflation, die Ausweitung der Geldmenge und die Finanzierung staatlicher Schulden durch die Notenbank seit dem Ende des Bretton-Woods-Systems ausgewirkt haben.

Das Ende der Goldbindung an den Dollar zeigte die Krise der globalen Rolle der US-Wirtschaft. Zugleich hatte diese Entscheidung jedoch zur Folge, dass sämtliche ökonomisch sinnvollen Grenzen für die Anhäufung von Schulden und Defiziten wegfielen. Die Vereinigten Staaten konnten ihre Schulden und Defizite nun einfach durch das Drucken neuer Dollar begleichen.

Seit 1971 haben die USA ihre Defizite durch eine Ausweitung der Kreditvergabe und in den letzten Jahrzehnten durch eine noch nie dagewesene „quantitative Lockerung“ finanziert. Der explosionsartige Anstieg der Staatsverschuldung (von 400 Milliarden Dollar im Jahr 1971 auf heute 38 Billionen Dollar) unterstreicht, dass die Stabilität des Dollars längst nicht mehr auf Golddeckung beruht, sondern allein auf der globalen Nachfrage nach Dollaranlagen – und diese gerät inzwischen sichtbar ins Wanken.

Der Goldpreis wirkt wie ein internationales Referendum über die Glaubwürdigkeit der US-Geldpolitik. Ein Anstieg von 35 auf 4.000 Dollar bedeutet, dass sich viele langfristig gegen eine Dollarentwertung absichern. Der Rückgang des Dollar-Anteils an den weltweiten Währungsreserven, die zunehmenden Goldkäufe der Zentralbanken und die Zunahme von Handelsabkommen außerhalb des Dollars entsprechen diesem Trend.

Eine derart drastische Neubewertung bedeutet nicht nur Inflation, sondern einen historischen Zerfall der Wertbasis des Dollars. Sie bringt dieselben grundlegenden Widersprüche zum Ausdruck – dauerhafte Handelsdefizite, Deindustrialisierung, Schuldenabhängigkeit und Finanzialisierung –, die heute den allgemeinen Niedergang der US-Hegemonie vorantreiben.

Der Verfall des Dollars ist nicht nur ein monetäres Phänomen. Der wirtschaftliche und geopolitische Machtverlust der USA ist in den letzten fünfzig Jahren zu einem langfristigen, systemischen Prozess geworden. Am sichtbarsten wird das an dem massiven Einbruch der außenwirtschaftlichen Finanzlage. Seit Anfang der 1990er Jahre verzeichnen die Vereinigten Staaten ununterbrochene und immer größere Handelsdefizite. Das jährliche Warendefizit, das 1990 bei etwa 100 Milliarden Dollar lag, übersteigt inzwischen 1 Billion Dollar. Dieses chronische Ungleichgewicht spiegelt die Aushöhlung der industriellen Basis des Landes und seine Abhängigkeit von globalen Kapitalzuflüssen wider, die den Konsum und Vermögensblasen stützen. Die Netto-Auslandsvermögensposition der USA, die noch Anfang der 1980er Jahre positiv war, ist auf mehr als 18 Billionen Dollar gesunken – die größte Schuldnerposition in der Weltgeschichte.

Die USA ertrinken in Schulden. Vor fünfzig Jahren, 1975 – kurz nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und zu Beginn der Finanzialisierung – belief sich die Staatsverschuldung auf 533 Milliarden Dollar. Bis 1985 hatte sie sich auf 1,8 Billionen Dollar verdreifacht. Im Jahr 2005 betrug sie 7,9 Billionen Dollar. Nach der Rettung der Wall Street durch die Federal Reserve im Zuge der Finanzkrise von 2008 explodierte die Staatsverschuldung. 2015 lag sie bereits bei 18,1 Billionen Dollar. 2020, nach einer weiteren Rettung der Wall Street, erreichte der Schuldenstand 27 Billionen Dollar. Im Jahr 2025 wird sich die Staatsverschuldung auf 38 Billionen Dollar belaufen.

Innerhalb eines halben Jahrhunderts ist die Staatsverschuldung um rund 6.000 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum wuchs das BIP nur um 1.321 Prozent. Das bedeutet, dass die Staatsverschuldung fünfmal so stark gewachsen ist wie der gesamte Marktwert aller in den USA produzierten Güter und Dienstleistungen.

Um einen kürzeren Zeitraum zu betrachten: Zwischen 2000 bis 2025 wuchs das BIP um etwa 187 Prozent, während die Staatsverschuldung um 566 Prozent zunahm.

Betrachten wir nun den Anstieg der Privatverschuldung: 1975 lag sie bei 500 Milliarden Dollar. Im dritten Quartal 2025 beläuft sich das Gesamtvolumen aller Formen der privaten Verschuldung, darunter Hypotheken, Kreditkartenschulden, Autokredite, Studentendarlehen und Eigenheimkredite, auf 18,59 Billionen Dollar! Das entspricht einem 36-fachen Anstieg.

Im gleichen Zeitraum stagnierte das Jahreseinkommen der unteren 90 Prozent der Amerikaner. Die Schulden der überwältigenden Mehrheit der Amerikaner belaufen sich auf etwa ein Drittel des gesamten Haushaltsvermögens. Für die untere Hälfte der Bevölkerung sind die Schulden im Verhältnis zu ihrem Vermögen deutlich höher. Zwischen 2020 und 2024 meldeten insgesamt 2,45 Millionen Amerikaner Insolvenz an. Bis September dieses Jahres waren es bereits 374.000 Menschen. Bis zum Jahresende wird die Gesamtzahl der Insolvenzen im Jahr 2025 die Zahl von 2024 überschreiten.

Jüngsten Zahlen zufolge leben etwa 75 Prozent der Amerikaner von „Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck“. Das bedeutet, dass sie nur wenig oder gar kein Geld für etwaige Notfälle haben. Millionen Amerikaner leben am Rande des Existenzminimums.

„Es war die beste aller Zeiten, es war die schlimmste aller Zeiten“ – Charles Dickens’ berühmte Beschreibung der Periode am Vorabend der Französischen Revolution trifft auch auf das heutige Amerika zu, und eigentlich auf die ganze Welt. Während die meisten Amerikaner in verschiedenen Formen wirtschaftlicher Not leben, verfügt ein winziger Teil über einen so hohen Reichtum, für den es in der Neuzeit, vielleicht sogar in der Weltgeschichte, keinen Präzedenzfall gibt. Über das Gesamtvermögen der superreichen Milliardäre ist bereits so viel berichtet worden, dass es nicht wiederholt werden muss. Es genügt zu sagen, dass man nach der Bekanntgabe von Elon Musks Gehaltspaket in Höhe von 1 Billion Dollar nicht überrascht ist, wenn man liest, dass das persönliche Vermögen von Larry Ellison, dem Chef des US-Softwarekonzerns Oracle, an nur einem Tag um 100 Milliarden Dollar gestiegen ist!

Es sollte jedoch betont werden, dass das astronomische Ausmaß des Vermögens der Oligarchen untrennbar mit der Finanzialisierung der US- und der Weltwirtschaft verbunden ist. Ihr persönlicher Reichtum ist auf einem Berg von fiktivem Kapital aufgebaut. Sie verkörpern das Finanzparasitentum. Sie beziehen ihr Vermögen nicht aus der Produktion realer Werte, sondern aus der Aufblähung von Ansprüchen auf Wert. Reich geworden sind sie vor allem durch steigende Vermögenspreise, durch den Einsatz von Fremdkapital, Aktienrückkäufe, Fusionen und Firmenübernahmen, die Bündelung und den Weiterverkauf von Schulden sowie durch Geschäfte mit Derivaten und Arbitrage. Die Legalisierung und der reibungslose Ablauf all dieser Operationen wird durch die Zusammenarbeit mit Präsidenten, Kongressabgeordneten, Richtern und Regierungsbeamten sichergestellt, die von den Oligarchen gekauft und bestochen werden.

Ihr Reichtum hat einen bösartigen und gesellschaftlich kriminellen Charakter, da die Prozesse und die Politik, die ihn aufrechterhalten, nicht nur die Verarmung von Milliarden von Menschen, sondern auch endlose Kriege um die Kontrolle von Märkten und wichtigen Ressourcen sowie ökologische Katastrophen erfordern.

Die von mir angeführten Statistiken – die Liste ließe sich noch viel länger fortsetzen – liefern eine unwiderlegbare faktische Darstellung des sozial regressiven, reaktionären und kriminellen Charakters des modernen Kapitalismus. Doch es bleibt die Frage: Belegen diese Fakten den historischen Zusammenbruch des kapitalistischen Systems? Oder anders gefragt: Ist die wachsende Massenopposition gegen den Kapitalismus nur eine empörte Reaktion auf die soziale Ungleichheit, oder ist sie – in einem tieferen historischen Sinn – auf politischer Ebene der objektive Ausdruck einer revolutionären Lösung der wirtschaftlichen Widersprüche innerhalb des kapitalistischen Systems?

Die Antwort auf diese Frage setzt voraus, dass man die Implikationen von Marx’ Werttheorie und seiner Entdeckung und Erklärung des Falls der Profitrate im Zusammenhang mit der heutigen Finanzialisierung der US- und Weltwirtschaft überprüft und durcharbeitet. Der Wert ist, wie Marx im ersten Band des Kapital erklärt, keine Sache. Vielmehr handelt es sich um ein gesellschaftliches Verhältnis, das sich im Produktionsprozess ausdrückt. Im kapitalistischen System wird der Wert durch die von den Arbeitern eingesetzte Arbeitskraft geschaffen. Der Profit entsteht dadurch, dass die Kapitalistenklasse Arbeitskraft kauft, die im Produktionsprozess einen größeren Wert schafft, als der Lohn, den die Arbeiter für den Verkauf ihrer Arbeitskraft erhalten.

In seiner Analyse des Arbeitsprozesses unterscheidet Marx zwei Bestandteile des Kapitals: das variable Kapital, also jenen Teil des Kapitals, den der Kapitalist für Löhne zur Bezahlung der Arbeitskraft aufwendet, und das konstante Kapital, das alle nicht-menschlichen Produktionsmittel umfasst – darunter Rohstoffe, Maschinen, Werkzeuge und Gebäude, die zur Herstellung einer Ware notwendig sind. Während das konstante Kapital seinen bereits vorhandenen Wert auf das Produkt überträgt, schafft das variable Kapital – also die von den Arbeitern eingesetzte Arbeitskraft – neuen Mehrwert (den Wert, den die Arbeiter im Produktionsprozess schaffen, der über den gezahlten Lohn hinausgeht). Aus diesem Mehrwert stammt letztlich der Profit. Marx definiert die Profitrate als das Verhältnis des durch variables Kapital erzeugten Mehrwerts zum gesamten im Arbeitsprozess eingesetzten Kapital – variablem wie konstantem Kapital.

Mit dem Wachstum der Produktivkräfte steigt das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital. Die Folge ist ein Rückgang der Profitrate. Dieser gesetzmäßig verlaufende Prozess ist die Quelle der Instabilität und der Krisenhaftigkeit, die dem kapitalistischen System innewohnen. Der notwendige Versuch der Kapitalistenklasse, diesen Fall der Profitrate aufzuhalten, ist zugleich die treibende Kraft technologischer Innovationen, die darauf abzielen, die Effizienz der Arbeitskraft bei der Erzeugung von Mehrwert zu steigern.

Zu den gegenläufigen Faktoren gehören außerdem die Ausweitung des Handels, die Erschließung neuer Quellen „billiger Arbeitskraft“ und – wie wir gesehen haben – die zunehmende Abhängigkeit von Kredit und Verschuldung, um Profite künstlich in die Höhe zu treiben, selbst wenn das zugrunde liegende Verhältnis zwischen konstantem und variablem Kapital immer ungünstiger wird.

Im letzten Jahr befand sich die Wall Street in einem Spekulationsrausch mit riesigen Investitionen in Künstliche Intelligenz und damit verbundene Technologien zur Automatisierung. Der Traum eines jeden Vorstandschefs schien sich zu erfüllen: Es wurde ein Weg gefunden, die Arbeitskosten drastisch zu senken. Und tatsächlich setzen Unternehmen – in den USA wie auch weltweit – auf massiven Stellenabbau.

In allen Branchen, von der Logistik über die Autoproduktion, die Luft- und Raumfahrt, die Telekommunikation bis hin zum Bankenwesen, führen Konzerne umfangreiche KI-Systeme ein, um Büro- und Schreibarbeit, Kundenservice, Codierung, Finanzmodellierung und Tausende andere Tätigkeiten zu ersetzen, die früher Arbeitsplätze boten.

In Großbritannien haben große Unternehmen erhebliche KI-bedingte Entlassungen angekündigt. Das Telekommunikationsunternehmen BT plant, bis 2030 bis zu 55.000 Stellen abzubauen, wobei etwa 10.000 Stellen durch KI und Automatisierung im Kundenservice und im Netzwerkmanagement ersetzt werden sollen. Die Versicherungsgesellschaft Aviva streicht nach der Übernahme von Direct Line 2.300 Stellen im Versicherungsbereich. Der Energiekonzern BP baut 6.200 Stellen bis Ende 2025 ab – 15 Prozent der Büroarbeitsplätze. CEO Murray Auchincloss begründete dies mit Effizienzsteigerung durch KI, die Teil der konzernweiten Kostensenkungsprogramme sei.

Der gleiche Prozess ist in ganz Westeuropa im Gange. Siemens will 5.600 Stellen im Automatisierungsgeschäft kürzen; Lufthansa 4.000 Stellen in der Verwaltung; ZF Friedrichshafen steht vor einem Abbau von 7.600 bis 14.000 Arbeitsplätzen aufgrund von Automatisierung; Telefónica streicht 6.000 bis 7.000 Stellen im Zuge der Umstrukturierung durch KI.

In den USA will Amazon 14.000 Stellen kürzen, UPS hat 48.000 Arbeitsplätze durch automatisierte Hubs abgebaut und Salesforce ersetzt 4.000 Mitarbeiter im Kundendienst durch KI-Agenten.

Unabhängig von der kurzfristigen Steigerung der Rendite, die einzelne Unternehmen erzielen, führt die weitgehende Verdrängung menschlicher Arbeit, der Quelle des Mehrwerts, zu einem beschleunigten Anstieg des Verhältnisses von konstantem zu variablem Kapital und damit zu einem systembedingten Rückgang der Profitrate.

Dieser Prozess verschärft den von Marx identifizierten Grundwiderspruch des Kapitalismus in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Der Mehrwert kann nicht in dem Tempo wachsen, das nötig wäre, um das ständig anwachsende konstante Kapital zu tragen. Das gesamte System wird zunehmend destabilisiert. Die Entwertung von Kapital – durch Insolvenzen, Liquidationen, Abschreibungen und die Zerstörung von fixem Kapital – ist eine verzweifelte Reaktion auf die Profitabilitätskrise.

Selbst inmitten des Spekulationsrummels, den die KI ausgelöst hat, werden Bedenken über die verheerenden sozialen Folgen der Einführung dieser neuen Technologie laut. In einem Artikel in der jüngsten Ausgabe von Foreign Affairs (November/Dezember 2025) mit dem Titel „The Stagnant Order“ (Die stagnierende Ordnung), schreibt Professor Michael Beckley:

In einigen Prognosen wird behauptet, dass die künstliche Intelligenz die weltweite Produktion um 30 Prozent pro Jahr steigern wird, aber die meisten Wirtschaftswissenschaftler gehen davon aus, dass sie nur einen Prozentpunkt zum jährlichen Wachstum beitragen wird. KI eignet sich hervorragend für digitale Aufgaben, doch den größten Mangel an Arbeitskräften gibt es im physischen und sozialen Bereich. Krankenhäuser brauchen Pflegepersonal dringender als schnellere Scans; Restaurants brauchen Köche mehr als Bestell-Tablets; Anwälte müssen Richter überzeugen, nicht nur Schriftsätze analysieren. Roboter sind in der realen Welt immer noch unbeholfen, und da maschinelles Lernen auf statistischen Wahrscheinlichkeiten beruht, sind Fehler unvermeidlich – Menschen müssen daher oft weiterhin eingebunden bleiben. Diese Grenzen spiegelten sich in einer McKinsey-Umfrage wider, in der etwa 80 Prozent der Unternehmen angaben, dass KI keine wesentlichen Auswirkungen auf ihre Gewinne hatte.

Selbst wenn die KI weiter voranschreitet, kann es Jahrzehnte dauern, bis größere Produktivitätsgewinne erzielt werden, weil sich die Volkswirtschaften auf die neuen Werkzeuge einstellen müssen. Für die heutigen Volkswirtschaften bietet das wenig Entlastung. Das globale Wachstum ist von vier Prozent in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts auf etwa drei Prozent heute gefallen – und in fortgeschrittenen Volkswirtschaften auf kaum ein Prozent. Das Produktivitätswachstum, das in den 1950er und 1960er Jahren bei drei bis vier Prozent jährlich lag, ist nahezu auf null gesunken. Gleichzeitig ist die weltweite Verschuldung von 200 Prozent des globalen BIP vor 15 Jahren auf heute 250 Prozent gestiegen; in einigen entwickelten Volkswirtschaften liegt sie inzwischen bei über 300 Prozent.

Die Schlussfolgerungen von Professor Beckley sind düster. „Die Vereinigten Staaten werden zu einer abtrünnigen Supermacht … der Ausdruck ‚Anführer der freien Welt‘ klingt selbst in amerikanischen Ohren hohl.“

Was sich abzeichnet, ist kein multipolares Konzert von Großmächten, die sich die Welt teilen, sondern eine Wiederkehr einiger der schlimmsten Entwicklungen des 20. Jahrhunderts: krisengeplagte Staaten, die aufrüsten; fragile Staaten, die kollabieren; Demokratien, die von innen heraus verfaulen; und der angebliche Garant der Weltordnung, der sich in provinzielle Eigeninteressen zurückzieht.

Die KI kommt nicht als Retter des Kapitalismus. Vielmehr werden dadurch die bereits bestehenden Widersprüche in außerordentlichem Maße verstärkt. Die gewaltige Masse an konstantem Kapital, die für die KI-Infrastruktur benötigt wird, steht einem stark reduzierten Angebot an lebendiger Arbeit gegenüber, um Mehrwert zu erzeugen. Dies ist kein Widerspruch, der im Kapitalismus überwunden werden kann.

Angesichts dieser Zwangslage versucht die herrschende Klasse, der Krise mit immer mehr Gewalt entgegenzuwirken: Angriffe auf die Arbeitsbedingungen, Abbau von Sozialprogrammen, Massendeportationen, Kriege, Völkermord. Die Oligarchie, die durch ihre eigenen inneren Widersprüche in die Enge getrieben wird, schlägt mit zunehmender Verzweiflung um sich. Die Militarisierung der amerikanischen Städte, die Unterstützung des Faschismus, die Förderung des Kriegs gegen Russland und China – das sind keine rationalen politischen Entscheidungen, sondern die Zuckungen eines sterbenden Systems.

Wenn man das Handeln dieses Präsidenten, seiner Regierung und Kreise von milliardenschweren Sponsoren und Verbündeten aus der Wirtschaft beobachtet, hat man den Eindruck, einen Scorsese-Film vor sich zu haben. Am vergangenen Montag war Trump Gastgeber eines Staatsdinners für den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Bei dem Ehrendinner für den saudischen Herrscher war eine erweiterte Runde der Superreichen anwesend, die bereits im September an der Veranstaltung im Weißen Haus teilnahmen.

Gerade einmal sieben Jahre sind vergangen, seit bin Salman den Mord an dem amerikanischen Staatsbürger und Journalisten Jamal Khashoggi anordnete, der für die Washington Post arbeitete. Khashoggis Artikel über den brutalen und repressiven Charakter des Regimes hatten den Kronprinzen verärgert – und er fand ein grausames Ende.

Am 2. Oktober 2018 betrat Khashoggi das saudische Konsulat in Istanbul, um Dokumente zu erhalten, die er für seine bevorstehende Hochzeit benötigte. Bin Salman hatte ein 15-köpfiges saudisches Mordkommando nach Istanbul geschickt, um Khashoggi zu töten, sobald er sich im Konsulat befand. Nachdem sich die Türen hinter ihm geschlossen hatten, packten die Attentäter Khashoggi, erwürgten ihn und zerstückelten anschließend seine Leiche. Die türkischen Ermittler gehen davon aus, dass Khashoggis Körperteile mit Flusssäure aufgelöst und entsorgt wurden. Von Khashoggi fehlt bis heute jede Spur.

Auf die Frage nach der Rolle des Kronprinzen bei der Ermordung Khashoggis antwortete Trump in der Manier eines Mafiabosses: „Kann passieren.“

KANN PASSIEREN!

Die Wahl eines ordinären Gangsters zum Präsidenten, dem politischen Pendant zum Mafiaboss Tony Soprano, zeugt von der Fäulnis der amerikanischen herrschenden Klasse.

In diesem Vortrag habe ich mich auf die objektiven Bedingungen und Prozesse konzentriert, die zu einer Krise geführt haben, die nur durch eine sozialistische Revolution in eine fortschrittliche Richtung gelöst werden kann. Die sich rapide verschlechternden Lebensbedingungen für die große Mehrheit der Amerikaner führen bereits zu einem wachsenden Gefühl, dass eine Alternative zum Kapitalismus notwendig ist. Dieses Gefühl hat seinen ersten, politisch noch naiven Ausdruck in der Wahl von Zohran Mamdani zum Bürgermeister von New York, der Finanzmetropole des Weltkapitalismus, gefunden.

Natürlich hat Mamdani keine Zeit verloren, seine „sozialistische“ Persona zu verleugnen.

Seit seiner Wahl befindet sich Mamdani in einem erbärmlichen „Full-Corbyn“-Modus, indem er den Medien und der Wall Street versichert, dass nichts, was er während des Wahlkampfs gesagt habe, ernst zu nehmen sei. Er geht so weit, dass er um eine Audienz bei Trump bittet und sich dabei selbst demütigt. Gestern stand Mamdani bei einer Pressekonferenz im Oval Office hinter Trump wie ein braver Pfadfinder und nickte zustimmend mit dem Kopf, während Trump mit ihm spielte.

Daran ist nichts überraschend. Mamdani folgt nur dem ausgetretenen Pfad des bereits erwähnten Corbyn, Iglesias von Podemos, Tsipras von Syriza, Mélanchon von La France Insoumise, Sanders und Ocasio-Cortez von der DSA und unzähligen anderen. Das Einzige, das Mamdani von all seinen Vorgängern in der Politik des Verrats unterscheidet, ist die Geschwindigkeit und groteske Schamlosigkeit, mit der er seinem „Linkssein“ abgeschworen hat. Er konnte nicht einmal bis zu seiner Amtseinführung als Bürgermeister warten.

Am 4. November erklärte Mamdani, dass er die Wahl gewonnen habe:

Denn wenn jemand einer von Donald Trump verratenen Nation zeigen kann, wie man ihn besiegen kann, dann ist es die Stadt, die ihn hervorgebracht hat. Und wenn man einen Despoten in Angst und Schrecken versetzen kann, dann dadurch, dass man genau die Bedingungen beseitigt, die es ihm ermöglicht haben, Macht zu erlangen.

Mamdani hat nur wenige Tage gebraucht, um von seiner bombastischen Demagogie in der Wahlnacht zu seiner Pilgerreise ins Weiße Haus überzugehen. Mamdani ist schnell und mühelos zu einer der „Bedingungen“ geworden, die es Trump ermöglichen, an der Macht zu bleiben und seine Verschwörung zur Errichtung einer Diktatur umzusetzen.

Mamdani erniedrigt sich selbst nicht nur aus Feigheit. Sein Verhalten ist Ausdruck einer vulgären, pragmatischen Politik, wie sie für die kleinbürgerlichen Pseudolinken typisch ist. Ihnen fehlt jedes Verständnis, ja selbst jedes Interesse daran, die Widersprüche des Kapitalismus zu begreifen, die ihn in Krisen, Faschismus und Krieg und die Arbeiterklasse zur Revolution treiben.

Mamdanis Verrat zeigt erneut, dass das zentrale Problem unserer Zeit die Krise der revolutionären Führung ist.

Das Vorhandensein einer extremen Krise ist keine Garantie für den Umsturz des Kapitalismus. Der Sozialismus ist nicht einfach das Ergebnis der Ausarbeitung objektiver Gesetze. Der Fall der Profitrate führt nicht automatisch zum Ende des kapitalistischen Systems. Je tiefer die Krise, desto gewalttätiger und rücksichtsloser werden die Anstrengungen der herrschenden Klasse sein, ihr System zu retten – selbst um den Preis der Zerstörung der Zivilisation.

Im Endeffekt hängt der Sturz des Kapitalismus vom bewussten Kampf der Arbeiterklasse für den Sozialismus ab. Objektive wirtschaftliche Prozesse schaffen sowohl die Notwendigkeit als auch die Bedingungen für den Sturz des Kapitalismus. Doch die sozialistische Revolution ist das Ergebnis des bewussten Eingreifens der Arbeiterklasse in den historischen Prozess.

Die Geschichte des 20. Jahrhunderts war von revolutionären Kämpfen geprägt. Die große politische Lehre aus diesen Kämpfen war, dass eine siegreiche Revolution nur möglich ist, wenn sie von einer marxistischen Partei geführt wird, die sich auf die Arbeiterklasse stützt und von demokratischen Organen der Arbeitermacht unterstützt wird. Das war die Grundlage für den Sieg der Oktoberrevolution von 1917. Das Fehlen einer marxistischen Führung aufgrund des Verrats des Stalinismus und der Sozialdemokratie war die Hauptursache für die Niederlagen, die die Arbeiterklasse nach der bolschewistischen Revolution erlitt. Der Höhepunkt dieses Verrats war die Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991.

Es folgten 30 Jahre politischer Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Doch die ungelösten und unlösbaren Widersprüche des Kapitalismus setzen eine neue Welle revolutionärer Kämpfe in Bewegung. In diesem Prozess werden die Ereignisse in den Vereinigten Staaten eine zentrale und entscheidende Rolle spielen. Nach den beiden verheerenden imperialistischen Weltkriegen des 20. Jahrhunderts war es der amerikanische Kapitalismus, der den europäischen und weltweiten Kapitalismus stabilisierte und rettete. Er wird nicht in der Lage sein, diese Rolle in den revolutionären Kämpfen zu spielen, die sich jetzt entfalten.

Der einstige Stabilisator des Weltkapitalismus ist nun zur größten Quelle globaler Instabilität geworden. Hinzu kommt, dass die politisch konservativste Arbeiterklasse, die angeblich immun gegen die Anziehungskraft des Sozialismus ist, nun politisch radikalisiert wird.

Wohin geht Amerika? Die Antwort auf die Frage lautet: Zum Sozialismus.

Jetzt sind die Voraussetzungen für einen außerordentlichen Fortschritt im politischen Bewusstsein der Arbeiterklasse gegeben. Paradoxerweise wird sich derselbe technologische Fortschritt, der eine immense Bedrohung für ihre Lebensbedingungen darstellt, auch als eine mächtige Waffe für die Entwicklung des revolutionären Bewusstseins erweisen.

Das enorme pädagogische Potenzial der KI in Verbindung mit den revolutionären Perspektiven des wissenschaftlichen Sozialismus eröffnet beispiellose Möglichkeiten. Das Bewusstsein der Arbeiterklasse, das Verständnis der objektiven Bedingungen der kapitalistischen Krise, die Klärung des Weges zur Macht der Arbeiterklasse – all das kann in einem Ausmaß verbreitet werden, das sich frühere Generationen kaum hätten vorstellen können.

Diderots Enzyklopädie im 18. Jahrhundert wurde zu einem Instrument der Aufklärung, das zur Französischen Revolution beitrug, indem es Wissen für die Massen zugänglich machte, die zuvor in Unwissenheit gehalten worden waren. Ebenso kann auch künstliche Intelligenz – richtig entwickelt und demokratisch kontrolliert, von der revolutionären marxistisch-trotzkistischen Partei genutzt und in den Dienst der Arbeiterklasse statt des kapitalistischen Profits gestellt – zu einem Instrument des sozialistischen Bewusstseins werden.

Die World Socialist Web Site hat dieses Potenzial schon lange erkannt. Das IKVI hat verstanden, dass die technologische Revolution, die die KI darstellt, für die Zwecke der Arbeiterbewegung nutzbar gemacht werden muss. Und es ist mir eine große Freude, ankündigen zu können, dass wir in Kürze Socialism AI veröffentlichen werden, eine revolutionäre Anwendung künstlicher Intelligenz zur Entwicklung des sozialistischen Bewusstseins und der organisatorischen Fähigkeiten der internationalen Arbeiterklasse.

Dies ist kein kleines technisches Projekt. Wir setzen die fortschrittlichsten Produktivkräfte ein, um das Bewusstsein grundlegend zu verändern. Das Ziel ist es, die theoretischen Ressourcen, die historische Analyse und die programmatische Klarheit, die die Arbeiterklasse benötigt, um ihre historische Mission zu verstehen und die Macht zu ergreifen, sofort und weltweit verfügbar zu machen.

Die Welt, in der wir leben, gleicht einem schlummernden Vulkan, an dessen Hängen die Zivilisation ihre Monumente errichtet, ihre Institutionen gründet und ihr tägliches Leben organisiert. Für einige Zeit erscheint der Vulkan inaktiv. Doch unter der Oberfläche baut sich ein gewaltiger Druck auf. Das Magma steigt. Die Erschütterungen nehmen zu. Und schließlich kommt es zur Eruption von katastrophaler Wucht, die die Landschaft vollständig verwandelt.

Die Metapher des Vulkans erfasst nicht nur die zerstörerische, sondern auch die schöpferische Energie dieses Prozesses. Ein Vulkanausbruch zerstört das alte Terrain, schafft aber zugleich neues Land.

Der Ausbruch des Klassenkampfs in den Vereinigten Staaten wird die verrotteten Strukturen des Kapitalismus zerstören, aber auch die Möglichkeiten für eine neue Welt eröffnen. Aus den Tiefen gesellschaftlicher Unterdrückung wird eine Kraft entstehen, größer als jede Armee oder jedes Unternehmen: die kollektive Macht einer Klasse, die allen Reichtum produziert und doch nichts besitzt. Wenn diese Kraft bewusst handelt, geleitet vom wissenschaftlichen Sozialismus und der Analyse der objektiven Realität, wird sie die nationalen und ethnischen Grenzen hinwegfegen und die Menschheit in einem gemeinsamen Kampf für ihre Befreiung vereinen.

Quelle: wsws.org… vom 28. November 2025

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