Venezuela: Maduro versucht, mit Repression an der Macht zu bleiben
Simón Rodríguez Porras. Die Regierung Maduro stützt sich, angesichts des schwindenden Rückhaltes auch in der einfachen Bevölkerung und der wachsenden Spannungen innerhalb des Chavismus, auf die Armee, um die seit dem 4. April 2017 wachsenden Mobilisierungen der breiten Bevölkehttp://maulwuerfe.ch/wp-admin/post-new.phprung mit offener Gewalt zurückzuschlagen. Die Bilanz dieser Repression beträgt neun Tote und Hunderte von Verhafteten und Verletzten. Nichtsdestotrotz nahmen die Mobilisierungen ständig zu und am 19. April strömten Hundertausende auf die Strassen der grossen Städte, um gegen die diktatorischen Züge des Regimes von Maduro zu demonstrieren. In der Nacht des 20. April führte der Unmut im Arbeiterquartier El Valle im Süden von Caracas zu einem allgemeinen Ausbruch.
Der Chavismus verlor die breite Unterstützung im einfachen Volke, derer er sich über vieler Jahre erfreute und heute lehnen 85 % der Bevölkerung Maduro ab. Die Regierung sagt, dass sie das Opfer eines Staatsstreiches sei; in Wirklichkeit aber sind die Militärs, die zahlreiche Ministerien kontrollieren, in der Verteidigung des Regimes zusammengerückt. Die Ablehnung von Maduro durch die Mehrheit der Arbeiterklasse geht nicht auf die Aufrufe zum Staatsstreich zurück oder das neoliberale Programm der rechten Opposition, dem sogenannten MUD (Mesa de la Unidad Democrática), sondern ist Ausdruck des Unmutes von Millionen von Menschen, die eine der schwersten wirtschaftlichen und sozialen Krise in der Geschichte Venezuelas durchmachen müssen.
Während sich der Chavismus vor der Weltöffentlichkeit als sozialistisch darstellt, zieht er ein grosses inflationäres Anpassungsprogramm durch. Um einen über die vergangenen drei Jahre 70 Milliarden Dollar betragenden Schuldendienst finanzieren zu können, wurden die Importe auf einen Drittel geschrumpft; dies führte zu Engpässen bei den Nahrungsmitteln und den Medikamenten. Indem die Regierung Maduro Geld druckte, um gegen das Budgetdefizit vorzugehen, kürzte sie die Reallöhne drastisch. Die Inflation erreichte 2016 600 % und der monatliche Minimallohn verringerte sich real auf 30 Dollar. Dieses rasende Sparprogramm führte internationale Kommentatoren zur Formel (Washington Post vom 12. April 2017): «Die sozialistische Revolution als Liebling von Wall Street». Mit anderen Worten, hinter den Fahnen eines falschen Sozialismus entfaltet sich ein wilder Kapitalismus, der die sozialen Errungenschaften der ersten Jahre der chavistischen Regierung zerstört hat.
Eine zunehmend autoritäre Regierung
Nachdem die Regierung 2015 die Wahlen verloren hatte, hat sie alle Wahlen bis auf weiteres abgesagt und der Mehrheit der politischen Parteien das Wahlrecht entzogen. Seit 2014 behindert die Regierung auch die Durchführung der Wahlen in den Gewerkschaften, wie beispielsweise in der Vereinigung der Erdölarbeiter Venezuelas (Futpv), deren Sekretär José Bodas der Partei Sozialismus und Freiheit (PSL) angehört. Ende März hat der oberste Gerichtshof (TSJ) den Präsidenten berechtigt, das Antiterror-Gesetz, wie auch das Gesetz gegen die Korruption, das Strafrecht, das Militärstrafrecht, das Recht der Erdölwirtschaft zu reformieren und gemischte Unternehmen mit Erdölmultis ohne die Bewilligung des Parlamentes zu errichten. Die Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz verurteilte daraufhin das Vorgehen des TSJ als verfassungswidrig; damit wurden die Konflikte innerhalb der Regierung offenkundig. Maduro befahl dem TSJ seine Urteile abzuändern, was innerhalb weniger Stunden dann auch geschah; doch das Manöver hat in der Bevölkerung einen grossen Abscheu erregt. Der MUD, der sich eben noch auf Verhandlungen mit Maduro unter Vermittlung des Vatikans eingestellt hat, stellt sich jetzt an die Spitz des enormen sozialen Druckes. Er wirft nun Maduro vor, einen Staatsstreich vollführt zu haben und ruft zu Mobilisierungen auf, um Wahlen zu fordern.
Sind die Mobilisierungen ein Manöver des Imperialismus? Zur Rechtfertigung der Repression bezeichnet Maduro die Hundertausende von Demonstrierenden als «Söldner des Imperialismus». Dies ist ein Symptom der Verzweiflung der Regierung. Wenn es auch diplomatische Reibungen zwischen den USA und Maduro gibt, vor allem im Rahmen der OAS, wo die USA auf die Durchführung von Wahlen drängen, so waren sie bis anhin nicht dafür, Venezuela aus diesem multilateralen Gebilde auszuschliessen. Madura seinerseits hat die Verbindungen zu Trump aufrechterhalten und nannte diesen seinen «Freund» und «Genossen». Die staatliche Erdölfirma Pdvsa spendete 500´000 Dollar für die Zeremonie der Amtseinsetzung Trumps. Wir lehnen sowohl die US-amerikanische Einmischung wie auch die Servilität Maduros ab.
In seiner Aussenpolitik hat der Chavismus die Bindungen an China und Russland bevorzugt behandelt, hat Regimes wie dasjenige von Assad in Syrien und Al Sisis in Ägypten unterstützt und sogar dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan zum Resultat des Verfassungsreferendums gratuliert. Diese Bündnisse jedoch haben nichts daran geändert, dass Venezuela ein Anhängsel der USA bleibt: Chevron ist der wichtigste Multi, der in der venezolanischen Erdölindustrie eingeplanzt ist, 12 % der Landesfläche wurden an riesige Rohstoffkonzerne wie Barrick Gold in Konzession übergeben, während Procter & Gamble, Halliburton, Schlumberger und Coca Cola weiterhin Niederlassungen haben und von einem der billigsten Arbeitsmärkte der Welt profitiern.
Die linke Opposition
Mit einer nach Jahren der Repression und der chavistischen Kooptation zerfallenden und geschwächten Arbeiterbewegung konnte die Arbeiterklasse in der gegenwärtigen Krise keine unabhängige Rolle spielen. Trotzdem gibt es einen Neubeginn einer linken Opposition mit der Plattform des kämpfenden Volkes, an der sich etliche linke chavistische Sektoren wie auch nicht-chavistische linke Kräfte wie die PSL beteiligen; diese verurteilt seit Jahren die gegen die Arbeiterklasse gerichtete Politik der Regierung.
Dieses Bündnis fordert die Einstellung der Schuldendienste, und dass stattdessen diese Mittel für die Importe von dringend benötigten Nahrungsmitteln und Medikamenten verwendet werden, um die soziale Krise anzugehen. Gleichfalls tritt sie für die vollständige Verstaatlichung der Erdölindustrie ein und dafür, dass die Erdöleinkünfte für die Industrialisierung des Landes und die Agrarreform eingesetzt werden. In den nächsteen Tagen werden gewerkschaftliche Vollversammlungen durchgeführt, wo über die Einleitung von unabhängigen Aktionen gegen die Regierung diskutiert wird.
Quelle: uit-ci.org… vom 14. Mai 2017; Übersetzung durh Redaktion maulwuerfe.ch
Tags: Arbeiterbewegung, Breite Parteien, Imperialismus, Neoliberalismus, Venzuela, Widerstand
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