Auch Podemos für Waffenverkauf an Saudi-Arabien
400 lasergelenkte Bomben aus dem Bestand der spanischen Armee hatte die konservative Regierung 2015 für rund 9 Millionen Euro an Saudi-Arabien verkauft – die Lieferung verzögerte sich so lange, bis die Konservativen nicht mehr die Regierung stellten. Die neue sozialdemokratische Regierung wollte die Gelegenheit nutzen, Profil zu zeigen und den Deal rückgängig machen. Worauf aus Saudi Arabien Überlegungen bekannt wurden, im Gegenzug den Auftrag für Kriegsschiffe an die spanischen Navantia-Werften zu streichen…Was, vor allem für die Werft in Cadiz bedeutete, Aufträge für sechs Jahre zu verlieren – weswegen auch die größeren Gewerkschaften CCOO und UGT zum Protest mobilisierten, inklusive Straßenblockaden… Und auch der Bürgermeister von Cadiz, seines Zeichens von Podemos gestellt, der Genosse Gonzalez, machte sich für den schmutzigen Deal stark. Wobei er natürlich, sowieso, ohnehin, ganz ohne Frage, eigentlich – eigentlich – dagegen war, weil, man weiß ja, Saudi Arabien, tote Kinder im Jemen und so weiter, aber nicht nur in der BRD ist die Lieblings-Ausrede von Mittätern „wenn wir es nicht machen…“ Der sozialdemokratische Außenminister Borrell versuchte es dagegen mit Technikbegeisterung: Die Waffen seien so modern, da gebe es keine „Kollateralschäden“. Einmal abgesehen davon, dass dies stets so lange behauptet wird, bis das Gegenteil in einem der zahllosen Kriege der heutigen Zeit eintritt – die saudischen Bomben auf Schulbusse im Jemen sind nirgendwo und von niemandem als „Kollateralschäden“ bezeichnet oder entschuldigt worden, sondern gerechtfertigt. In der kleinen Materialsammlung zum Waffendeal mit der saudischen Kriegsmaschine, seinen Förderern und Kritikern einige aktuelle Beiträge – darunter eine Erklärung der andalusischen SAT (die an die Zeiten erinnert, als die Gewerkschaft auf der Werft den Bau von Kriegsschiffen für Pinochet verhinderte):
„Des Einen Tod, des Anderen Brot“ von Martin Dahms am 13. September 2018 in den Stuttgarter Nachrichten zeichnet die ganze Entwicklung in der ersten Septemberhälfte nach: „Ja, bestätigte Außenminister Josep Borrell in einem Radiointerview, Spanien werde Saudi-Arabien 400 lasergelenkte Bomben vom Typ GBU-12 Paveway II liefern. Seine Regierung habe „keinen Grund gefunden“, den Liefervertrag aus dem Jahr 2015 zu stoppen, es gebe „keine Unregelmäßigkeiten“. Und wenn die Bomben im Jemen-Krieg eingesetzt werden und dort Krankenhäuser oder Schulen zerstören? Da konnte der Minister die Hörer beruhigen: „Dies sind Präzisionswaffen, die keine Kollateralschäden verursachen.“ (…) Die Nachricht eines möglichen Lieferstopps versetzte die staatliche Navantia-Werft in San Fernando bei Cádiz in höchste Unruhe. Die Werft bereitet sich auf einen der größten Aufträge ihrer Geschichte vor: den Bau von fünf Korvetten für Saudi-Arabien im Gesamtwert von rund 1,8 Milliarden Euro. Das bedeutet für diese und andere spanische Werften vier Jahre lang Arbeit für 6000 Beschäftigte. Wenn Spanien nicht die versprochenen Bomben lieferte, würden die Saudis im Gegenzug vielleicht den Korvetten-Auftrag zurückziehen, fürchten die Arbeiter und blockierten aus Protest eine Landstraße. (…) Wenn es um Arbeitsplätze geht, zumal in der strukturschwachen Gegend um Cádiz, wird Spaniens Linke sensibel. Der in ganz Spanien bekannte Bürgermeister von Cádiz, José María González, genannt Kichi, von der linkspopulistischen Podemos-Partei, verteidigte den Auftrag: „Er bedeutet Arbeit. Wir sind Schiffbauer, das haben wir seit den Zeiten der Phönizier gemacht. In Saudi-Arabien werden die Menschenrechte nicht respektiert, und ich bin dagegen, aber: Was sollen wir essen?“ Und dann führte er das Lieblingsargument aller Waffenlieferanten an: „Wenn wir es nicht machen, machen es andere“. (…) Mit der Lieferung missachtet Spanien nicht nur die Aufforderung des UN-Menschenrechtsrates vom August, den Verkauf von Waffen zu unterlassen, „die im Jemen-Konflikt eingesetzt werden könnten“, sondern auch die eigene Gesetzgebung. Ende 2007 erließ das spanische Parlament ein Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffenexporte verbietet, falls „vernünftige Indizien“ dafür sprechen, dass diese Waffen zu „Handlungen eingesetzt werden, die den Frieden stören“…“
„Waffenverkäufe an Saudi-Arabien doch kein Problem – Madrid macht Rückzieher nach Druck aus Riad“ am 16. September 2018 bei RT verweist auf die saudische Reaktion auf die Überlegungen der spanischen Regierung, den ursprünglichen Deal rückgängig zu machen: „Der plötzliche Sinneswandel erfolgt nur zehn Tage, nachdem das spanische Verteidigungsministerium ankündigte, dass es einen Vertrag mit Saudi-Arabien über 400 lasergesteuerte Bomben aus dem Jahr 2015 stornieren und sogar 9,2 Millionen Euro (10,6 Millionen Dollar) für die nicht gelieferten Waffen zurückzahlen werde. Bereits am Montag sagte Verteidigungsministerin Margarita Robles, dass der umstrittene Verkauf von 400 lasergesteuerten Bomben an Saudi-Arabien nicht, wie ursprünglich vorgeschlagen, ausgesetzt werden, sondern geprüft würden. Robles erklärte, dass die jüngsten Zweifel, die im Zusammenhang mit der Operation aufgekommen sind, “auf bilateraler Ebene” mit Saudi-Arabien gelöst werden, einem Land, das sie mehrfach als verlässlich in den Handelsbeziehungen bezeichnet hat. (…)Laut einigen Medienberichten entschied sich Spanien schließlich, die Transaktion über die 400 Bomben doch fortzusetzen, da sonst ein größerer Rüstungsvertrag mit den Saudis gefährdet wäre. Der spanische Schiffbau-Rüstungsbetrieb Navantia hatte kürzlich einen Vertrag über den Verkauf von fünf Korvetten an Saudi-Arabien im Wert von 1,8 Milliarden Euro (2,1 Milliarden Dollar) unterzeichnet, so die spanische Zeitung El Pais. Die Angestellten des Unternehmens zeigten sich bereit, für den saudischen Korvettenvertrag zu kämpfen, da er mehrere Tausende Arbeitsplätze in einer Region sichert, in der die Arbeitslosigkeit höher ist, als in anderen Teilen des Landes. Riad habe seinerseits die Kündigung anderer, millionenschwerer Verträge mit Spanien angedroht, darunter Projekte wie einem Hochgeschwindigkeitszug über Mekka und der U-Bahn von Riad. Spanische Regierungsquellen gaben an, dass sich nach den jüngsten Gesprächen die Beziehungen wieder normalisiert haben und dass es “keine saudischen Vergeltungsmaßnahmen geben wird”…“
„España no se considerará responsable si las armas vendidas a Arabia Saudí se usan en Yemen“ am 17. September 2018 bei kaosenlared dokumentiert, ist ein (ursprünglich bei Sputnik) Beitrag über ein Fernsehinterview des Ministerpräsidenten Sanchez zum Thema Waffen an die Sauds, worin er einerseits gleichzeitig versichert, die Waffen würden nicht im Jemen eingesetzt, und falls doch, sei das nicht die Verantwortung der spanischen Regierung (Womit er die Frage nach möglichen Rücktritten von Ministern beantworten will, denn die Opposition auch in der eigenen Partei ist nicht eben klein)… Die Beziehungen zu Saudi Arabien und die Arbeitsplätze mit den Kriegsschiffen hätten eben Priorität, führt der nächste abgestürzte Hoffnungsträgerseinem blutigen Geschäft hinzu.
„Venta de armas a Arabia Saudí y su implicación en Navantia San Fernando“ am 20. September 2018 bei Rebelion.org dokumentiert ist eine Erklärung der Basisgewerkschaft SAT zum Waffenhandel mit den Saudis. Darin unterstreicht die Regionalgewerkschaft Andalusiens, sie habe sich Zeit genommen, die Frage ausführlich in der Mitgliedschaft ebenso zu diskutieren, wie mit all jenen Kräften, mit denen man üblicherweise zusammen arbeite – und auch mit der allgemeinen Öffentlichkeit. Die SAT unterstreicht dabei, dass sie die Sorgen der Belegschaft verstehe, die genauso gezwungen seien, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, wie alle anderen. Die Kritik müsse deswegen vor allem zwei Zielrichtungen haben: Zum einen immer wieder zu zeigen, dass die Kriege Saudi-Arabiens keineswegs alleine ein Produkt der ultrareaktionären Saud-Sippe seien, sondern diese als Speerspitze der terroristischen Organisation NATO handele. Zum anderen wird daran erinnert, dass dieselbe Belegschaft – nicht dieselben Personen – in den 70er Jahren die Kampagne gegen den Bau von Kriegsschiffen für die Diktatur in Chile entscheidend getragen habe. Auch als damaliges Ergebnis einer jahrelangen entsprechenden gewerkschaftlichen Mobilisierungskampagne – und eben dies hätten die heutigen Mehrheitsgewerkschaften auf der Werft, CCOO und UGT schon lange „ad acta“ gelegt und stattdessen ihre staatstragende Ideologie verbreitet, was nun entsprechende Früchte trage.
„Entre las bombas y los puestos de trabajo: “un pueblo que oprime a otro pueblo no puede ser libre” von Diego Lotito, ebenfalls am 17. September 2018 bei kaosenlared dokumentiert (ursprünglich bei La Izquierda Diario) ist ein ausführlicher Kommentar – aus trotzkistischer Sicht – zu den gesamten Vorgängen um die Bomben für die Sauds. Darin werden sowohl die Positionen der sozialdemokratischen Regierungspartei PSOE (in Madrid und auch in Andalusien, wozu Cadiz mit seinen Werften bekanntlich gehört), des Podemos Bürgermeisters von Cadiz, als auch die der Mehrheitsgewerkschaften CCOO und UGT ausführlich kritisiert – in der traditionellen Orientierung „Ein Volk, das ein anderes unterdrückt, kann nicht frei sein“. Heute nicht nur in Spanien offiziell ersetzt durch „Jeder ist sich selbst der Nächste“ oder vergleichbare Haifisch-Ideologien…
„Echenique urge al Gobierno a dejar de vender armas a Arabia Saudí y critica a Celaá“ am 15. September 2018 bei Press Digital ist ein Bericht über eine Pressekonferenz des Organisationssekretärs von Podemos, bei der dieser, Pablo Echenique, forderte, die Bomben nicht zu liefern – was als Reaktion auf die breite Empörung nicht nur bei Organisationen wie amnesty international oder Oxfam verstanden wird, sondern auch unter den Wählerinnen und Wählern von Podemos und auch PSOE. Zur Haltung seines Parteigenossen in Cadiz allerdings äußerte er sich dabei nicht…
Quelle: labournet.de… vom 21. September 2018
Tags: Breite Parteien, Gewerkschaften, Politische Ökonomie, Sozialdemokratie, Spanien
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