Neun Fragen zum Kapitalismus
Georg Fülberth und Michael R. Krätke. Kapitalismus als den Vorgang G – W– W’– G’ hat es bereits in der Antike, im Feudalismus und sogar im DDR-Sozialismus des »Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft« gegeben – also in nichtkapitalistischen Systemen. Dort wurde Gewinn durch den Einsatz von Mitteln gemacht, die sich auf diese Weise vermehrten. Während des Mittelalters und in der frühen Neuzeit wurde auch in Japan, Indien, China und in der islamischen Welt so gewirtschaftet. Diese Kapitalismen waren aber immer nur Subsysteme in nichtkapitalistischen Gesellschaften. Wenn Marx ausnahmsweise einmal das Wort »Kapitalismus« benutzt, meint er immer nur diese Wirtschaftstechnik (»Produktionsweise«), nicht ein Gesellschaftssystem. Erst Werner Sombart hat 1902 ganze Gesellschaften als »Kapitalismus« bezeichnet.
Der Unterschied lässt sich am allerersten Satz des Marxschen »Kapital« darstellen. Dort heißt es: »Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ›ungeheure Warensammlung‹, die einzelne Ware als seine Elementarform.«
Was sehen wir hier? Antwort: eine Gesellschaft mit einem Inhalt. Dieser ist eine »kapitalistische Produktionsweise«, die zur Gesellschaft gehört, aber nicht notwendig mit dieser identisch ist. Als schierer Inhalt dieser Gesellschaft wäre die Produktionsweise nur ein Subsystem. Im eben gebrachten Zitat aber »herrscht« sie. In diesem Fall erst haben wird es allerdings mit »Kapitalismus« als Gesellschaftssystem zu tun. Der Ausdruck selber (Kapitalismus) aber wurde von Marx in diesem Zitat vermieden.
»Kapitalismus« kann also entweder eine Produktionsweise innerhalb einer nichtkapitalistischen Gesellschaft, also ein Subsystem, sein oder selbst zum Gesellschaftssystem werden.
Ganzen Text: Neun Fragen zum Kapitalismus
Quelle: rosalux.de… vom 15. Oktober 2018
Tags: Marx, Politische Ökonomie
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