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Für eine Arbeitereinheitsfront und Selbstverteidigung der Arbeiterklasse

Eingereicht on 22. November 2018 – 9:20

Georg T. Am Sonntag, den 28. Oktober 2018 fand die zweite Runde der Präsidentenwahlen in Brasilien statt. Bolsonaro, der Favorit des Kapitals, ein Anhänger der Militärdiktatur, gewann die Präsidentenwahl mit 56% der Stimmen. Alle Parteien der Arbeiterklasse (PT-PCdoB, PDT, PSOL …) hatten in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen nur 42% der Stimmen erhalten. Die Enthaltungen betrugen   21% der registrierten Wähler. Ungültige oder leere Stimmzettel machten fast 10% der Stimmen aus. Die PSL Bolsonaros gewann weniger als 12% der Stimmen bei den Parlamentswahlen, die PT mehr als 10%, keine andere Partei konnte mehr als 10% der Stimmen erzielen.

Bolsonaro bereitet eine neue Diktatur gegen die Arbeiterklasse vor

Die Lieblingsgeste des Kandidaten Bolsonaro bestand darin, das Abfeuern eines Revolvers zu simulieren. Vizepräsident Hamilton Mourão ist ein ehemaliger General. Der neue Präsident hat sein Programm klar angekündigt: „Eine Säuberung vorzubereiten, wie sie Brasilien noch nie erlebt hat, um die große Säuberung des Landes von den marginalisierten Roten zu beschleunigen“, um der Bewegung der landlosen Bauern, die als „Terroristen“ bezeichnet werden, ein Ende zu setzen. Er möchte Richter Moro, der Rousseff entließ und Lula inhaftierte, zum  «Justizminister» ernennen. Unter dem Deckmantel des Kampfs gegen die Unsicherheit im Land will Bolsonaro seine Miliz aufstellen und die Polizei und die Armee auf die Arbeiterbewegung loslassen. Er will seinen Anhängern uneingeschränkten Zugang zu Waffen gewähren, lässt Polizisten und Soldaten freie Hand um  Kriminelle und mutmaßliche Übeltäter umzubringen. Während des Wahlkampfes fanden bereits zahlreiche Angriffe auf Aktivisten der Arbeiterbewegung, Homosexuelle, Feministinnen, Schwarze, Studenten … statt.

Wenn Bolsonaro die „Roten“ loswerden will, möchte er freie Hand im Dienste seiner Klasse, der Bourgeoisie, haben. Unterstützt vom Generalstab, unterstützt und finanziert von Konzernen und Großgrundbesitzern, ermutigt vom imperialistischen Staat des amerikanischen Kontinents, will Bolsonaro öffentliche Unternehmen privatisieren, Renten und Stipendien begrenzen, die Unternehmenssteuern senken, direkte Steuern erhöhen, die Arbeit flexibilisieren, Bildungsausgaben reduzieren, die ungehinderte Plünderung des Amazonas ermöglichen, indem den indigenen Völkern alle Rechte verweigert werden usw. In Erwartung seines Sieges kam es nach der ersten Runde zu einem spektakulären Anstieg des Aktienmarktes.

Die Unterordnung von Lula und PT unter die Bourgeoisie ebnete der Reaktion den Weg

Wie ist es dazu gekommen? Wie konnte es von der ersten Wahl Lulas zum Präsidenten im Oktober 2002 bis zur drohenden Vernichtung der Arbeiterbewegung Ende 2018 kommen?

Dies ist die Folge des Verrats von Lula und der PT, der Akzeptierung des bürgerlichen Staates (einschließlich der Justiz, der Polizei, der Armee …), der Verteidigung des brasilianischen Kapitalismus, der Weigerung, sich die Ausbeuter (Agrar-, Industrie-, Finanzkapitalisten …) vorzuknöpfen, der Regierungsbündnisse mit bürgerlichen Parteien (PSDB, PMDB …). Lula und die PT wagten nie, die Bevölkerung zu bewaffnen oder die Kapitalisten zu enteignen.

Die kapitalistische Minderheit konnte daher die gesamte wirtschaftliche Macht (das Eigentum an den Produktionsmitteln, die Fähigkeit zur Ausbeutung und zu Entlassungen) und die Mehrheit der politischen Macht (die ihr dienenden  Repressionskräfte) bewahren.

Die Regierung der „Volksfront“ hat die ersten Maßnahmen zugunsten der Ärmsten sofort zurückgenommen, als die kapitalistische Krise Brasilien traf. Im Jahr 2010 betrug das von Rohstoffexporten getriebene Wirtschaftswachstum immer noch 7,5%. Das erlaubt selbst unter Beibehaltung des Kapitalismus eine begrenzte Umverteilung der Einnahmen. Nach der Wahl von Rousseff im Jahr 2010 betrug das Wachstum 2014 jedoch nur noch 0,2%, bevor die brasilianische Wirtschaft in die Rezession geriet.

Die herrschende Klasse setzt im August 2016 die gewählte Präsidentin ab

Mit Einsetzen der Wirtschaftskrise forderte die brasilianische Bourgeoisie, dass die Massen an ihrer Stelle zahlen sollten, während sie immer weniger tolerierte, dass die PT an der Regierung ist. 2013 fehlte es nicht an öffentlichen Mitteln, um die saftigen Kosten für die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft durch Zuschüsse von 11 Milliarden Euro an die großen Baufirmen zu übernehmen, jene Konzerne, die heute Bolsonaro unterstützen. Andererseits hat die Klassenzusammenarbeitsregierung von Rousseff 2015 das Programm Bolsa Familia (zur Unterstützung armer Familien) und bei der Öffentlichen Erziehung gekürzt und die Abholzung der Wälder liberalisiert …

Im Gegensatz zu dem, was die Führer der „reformistischen“ Parteien der Welt zu glauben scheinen, wenn sie an die Macht kommen, ist die Bourgeoisie weit davon entfernt, ihre Ansprüche einzuschränken, und für die Zugeständnisse, die ihr gemacht werden dankbar zu sein – sie  bereitet sich vielmehr auf ihre Gegenoffensive vor.

Hat es die PT geschafft, den Generalstab durch eine Erhöhung des Armeebudgets um 42% zu versöhnen? Ist es ihr gelungen, die evangelikalen Kirchen ruhigzustellen, als sie sich zwischen den beiden Wahlrunden vom Oktober 2010 dazu verpflichtet hat, Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe nicht zu legalisieren? Hat es die PT geschafft, die PMDB, PP, PRB zu loyalen Verbündeten zu machen, indem sie in die Regierung aufgenommen wurden und Temer von der PMDB zum Vizepräsidenten neben Dilma Rousseff ernannt wurde? Diese Parteien haben 2016 den kalten Staatsstreich befeuert, der zur Entlassung von Rousseff führte, zu ihrer Ablösung durch Temer, zum Verfahren, das Lula die Kandidatur verbot und ihn schließlich ins Gefängnis warf! Trotzdem haben die PT und die PCdoB 2018 mit einer Partei derselben Art eine Wahlkoalition gebildet, der PROS.

Es ist in der Tat die Bourgeoisie, ihre Großunternehmen, ihre politischen Führer, die in den letzten Jahren überhöhte Rechnungen ausgestellt und sich Vergünstigungen für gigantische Geschäftsoperationen gekauft haben, insbesondere für öffentliche Arbeiten. Und es ist auch die Bourgeoisie, ihr Staat, ihre Justiz, die die Operation Lava Jato ins Leben gerufen hat, die angeblich Licht in die Korruption bringen soll, in der es sich  gewählte Politiker aller Seiten gemütlich gemacht haben, deren Schläge sich aber einzig auf die PT und ihre Führer konzentrieren.

Unter dem nationalistischen und kirchlichen Motto, das er in der Armee gelernt hat: „Brasilien vor allem andern, und Gott über alles“, kann der ehemalige mittelmäßige Soldat und parlamentarische Hinterbänkler Bolsonaro als Sieger des Kampfes gegen die Korruption posieren, zumal die meisten privaten Medien, die einigen wenigen Familien gehören, die Meinung beherrschen und ihn aufbauen. Die Volksfront, wie in Frankreich 1936 bis 1937, in Spanien 1936 bis 1938, in Chile von 1971 bis 1973, ebnete den Weg für die Reaktion, entfremdete der PT einen Teil der Massen und ermöglichte den Wahlerfolg von Bolsonaro .

Mobilisieren wir alle Ausgebeuteten und Unterdrückten gegen die Reaktion

Die Arbeiterklasse und Jugend Brasilien mussten 2016 eine Niederlage hinnehmen, die durch die Wahlen von 2018 bestätigt wurde, aber sie wurden nicht zerschlagen. Ihr Kampfeswille und ihre Mobilisierungsfähigkeit ist intakt und stark, wie 2016 und 1018 die von den Frauen angeführte #Elnao (Nein dazu!) gezeigt hat. Sie können das Schlimmste, das Ende ihrer demokratischen Freiheiten, Massenrepressionen und das Verbot ihrer Organisationen verhindern.

Dazu müssen sich Arbeiterklasse und Jugend um eine klare Achse organisieren: Unabhängigkeit der Arbeiterklasse, Einheit aller Ausgebeuteten und Unterdrückten um die Arbeiterklasse! Die PT hat jedoch nichts gelernt und will die Arbeiter weiterhin lähmen, indem sie sie ihre Hoffnungen auf diesen oder jenen Sektor der Ausbeuter setzen lässt.

Die Führung des wichtigsten Gewerkschaftsbundes CUT forderte am 28. Oktober „die Einheit der demokratischen und Volkskräfte“. Die Hauptverantwortlichen für die Niederlage von 2016, die Führer der PT, die am 31. Oktober zusammentraten, setzen in ihrer Panik die Politik der Unterordnung unter die Bourgeoisie fort und wollen das Bündnis mit der PROS auf „alle Demokraten“ ausdehnen, um eine „Front des demokratischen Widerstands“ zu bilden “. Haddad, der Präsidentschaftskandidat der PT, möchte „eine Opposition vertreten, die die Interessen der Nation über alles andere stellt“ und greift damit seltsamerweise auf den Buchstaben genau den Slogan Bolsonaros auf! Die „Interessen der Nation“ bedeuten genau die Fortsetzung der Bündnispolitik mit der Bourgeoisie, die das Proletariat immer an seine eigene Ausbeutung und seine eigene Unterdrückung kettet.

Die PT, die PCdoB, die PSOL … predigen den Pazifismus, was bedeutet, dass sie Bolsonaro, dem Militäroberkommando, den Bullen und den Handlangern der Latifundisten freie Hand lassen.

Es gibt eine Offensive aller Bourgeoisien der Welt gegen alle Errungenschaften der Arbeiterbewegung auf jeder Ebene, die in jedem Land vorhanden sein kann: öffentliche Gesundheit und Bildung, soziale Sicherheit und Renten, gesetzliche Garantien gegen Entlassungen und für Arbeitsschutz, Begrenzung der Arbeitszeit, Tarifverträge usw. In allen Ländern verabschieden Regierungen Gesetze, die die demokratischen Rechte und Freiheiten – soweit sie in jedem von ihnen existieren – stark einschränken, wobei diese auch die wichtigsten Errungenschaften der Arbeiterbewegung im Kampf gegen das Kapital sind. Der türkische Staat hat den Krieg gegen die Kurden wieder aufgenommen. Der allgemeine Trend geht in Richtung starker Staaten und die konsequente Stärkung der Unterdrückungsorgane.

Aber jetzt stehen wir vor einem qualitativen Sprung. Der Sturz Rousseffs und der Wahlsieg der als Zivilisten verkleideten Militärs kommt  im Kielwasser der Wahl von al-Sissi, Trump und Duterte, der Salvini-Di Maio-Regierung und der Modi-Regierung in Indien, der Islamisten in Pakistan, Iran und der Türkei, der Referendum für den Brexit … daher. Überall auf der Welt kippen Teile der Bourgeoisie in Religion, Fremdenfeindlichkeit, Protektionismus, die beschleunigte Zerstörung der Umwelt, den Hass auf Migranten, den Antisozialismus, damit sie um jeden Preis das Privateigentum und die Profitherrschaft bewahren können.

Gegen die aufkeimende Barbarei muss das Proletariat wieder den Kampf gegen den Kapitalismus, für die Arbeitermacht und den Sozialismus aufnehmen.

Der unverzichtbare Kampf der Arbeiterklasse, der Landarbeiter, der studierenden Jugend, der Slumbewohner, der Indigenen, der Wehrpflichtigen … setzt in erster Linie die Unabhängigkeit der Klasse voraus.

Einheit der Arbeiterorganisationen CUT, CTB-, CSP-Conlutas-, PT, PSOL, PCdoB, PSTU, PCB, PCO .., um unverzüglich eine Arbeitereinheitsfront vorzubereiten !

Schaffung und Zentralisierung von Selbstverteidigungskomitees in Unternehmen, Stadtteilen, Favelas, auf dem Land, in Schulen, in Universitäten, den Regimentern …, Vorbereitung des Generalstreiks!

Alle demokratischen Freiheiten müssen bleiben! Freiheit für Lula!

Keinerlei Angebote der Gewerkschaften an Bolsonaro! Verteidigung der sozialen Sicherheit und aller sozialen Errungenschaften! Erfüllung aller Forderungen der Arbeiter! Nieder mit Bolsonaro und der Militärregierung! Für eine Arbeiter- und Bauernregierung, die aus der Mobilisierung hervorgeht!

Aufbau einer Revolutionären Arbeiterpartei nach dem Vorbild der Bolschewistischen Partei im ganzen Land!

Quelle: klassenkampf.net… vom 22. November 2018

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