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Die Linke und die Trugbilder der venezolanischen Krise

Eingereicht on 20. April 2019 – 12:40

Marc Saint Upery. Dies die eigene Einführung von Saint Upery für untenstehendes Interview mit ihm: – Es gibt eine recht beeindruckende Menge von Unsinn, der über die venezolanische Krise geschrieben wurde. Sie können im Allgemeinen in zwei sich ergänzende Kategorien eingeteilt werden:

1/ Ein totales Delirium über „die imperialistische Intervention“ – mit einem gewissen masochistischen Genuss der halluzinierten Rückkehr zum primitiven Szenario der ewigen Henker (das „Imperium“) und der ewigen Opfer (die armen und unschuldigen Lateinamerikaner) –, das zeigt, inwieweit der lateinamerikanische Antiimperialismus, und nicht nur der lateinamerikanische, heute eine Zombie-Ideologie und ein Vektor ungeheurer Unwissenheit ist. Dies betrifft paradoxerweise sowohl das Imperium an sich, wie auch die Mechanismen seines realen Funktionierens. Aber auch die Realität der Beziehungen der geopolitischen Kräfte. Merkwürdigerweise sind viele Menschen, die sich immer für eine multipolare Welt eingesetzt haben, gerade dann nicht in der Lage sind, sie zu analysieren und wütend nostalgisch auf die angeblichen binären Gewissheiten der Vergangenheit zurückgreifen, wenn diese multipolare Welt wirklich zu entstehen beginnt.[1]

2/ Eine abgrundtiefe theoretische und empirische Unwissenheit über die Natur und die Entwicklung des chavististisch-maduristischen Regimes[2], begleitet von einem völligen Mangel an moralischer Vorstellungskraft und menschlichem Mitgefühl für das Schicksal des wirklichen und nicht nur herbeifantasierten venezolanischen Volkes. In einer privaten Korrespondenz schrieb ein angesehener argentinischer marxistischer Intellektueller kürzlich an einen Freund von mir: «Was die Linke (einschließlich der Trotzkismus) über Venezuela sagt, ist einfach beschämend. Es scheint, dass nichts aus der Geschichte gelernt wurde. Die Diskreditierung, in die der revolutionäre Sozialismus gefallen ist, ist enorm. Dies umso mehr, wenn wir das Scheitern des „realen Sozialismus“ berücksichtigen. In der Vorstellung der meisten Menschen ist der Sozialismus nicht machbar und führt zu Diktaturen. Venezuela bestätigt diese Idee in hohem Maße. Es wird sehr schwer sein, darüber hinwegzukommen.»

Natürlich hat der Genosse Recht, aber vielleicht versteht er die Logik der fetischistischen Selbsttäuschung nicht, die diese Blindheit aufrechterhält. Ich lese ein sehr lehrreiches Buch, das geheime Tagebuch von Leopold Tyrmand[3] aus dem Jahr 1954, einem polnischen Schriftsteller und Jazzkritiker, einem ironischen Beobachter der verschiedenen Strategien der Unterwerfung, Anpassung oder des Widerstands von Warschaus intellektuellem Bohemeismus unter dem Stalinismus. An einem bestimmten Punkt spricht der Autor von einem bekannten nicht-kommunistischen Schriftsteller, der sich einer Reihe von Manövern und rhetorischen Verzerrungen hingibt (von der Art: «Obwohl ich nicht Mitglied der Partei bin, setze ich mich für Frieden und Fortschritt ein»), um sowohl die Zensoren des Regimes zu zähmen als auch sich von seiner Übereinstimmung mit dem „Sinn für Geschichte“ zu besänftigen – und so weiter veröffentlichen kann. Tyrmand kommentiert: «Das mögen rein rhetorische Sätze sein, aber warum musste er sie in seinen Text aufnehmen? Wir (in Polen) sind sehr empfindlich gegenüber dem geringsten Gramm Vaseline geworden, auch wenn es diskret mit Lavendel parfümiert ist.»

Während die Zensur heute nicht vom Politbüro, sondern von den selbsternannten Hütern heiliger Überzeugungen und des hartnäckigen ideologischen Über-Ich der gleichen „fortschrittlichen“ Intellektuellen ausgeht, stehen wir vor einem ähnlichen Phänomen. Übrigens gibt es nicht mehr so viele, die Maduro bedingungslos und freiwillig verteidigen (obwohl deren Anzahl immer noch erstaunlich hoch ist);  aber es gibt immer noch viele Menschen, die gegen alle Evidenz daran festhalten wollen und den Verrat eines illusorischen goldenen Zeitalters des Chavismus beklagen, das Unvereinbare verteidigen und Ausreden für das Unverzeihliche finden. Das heißt, einen diskreten Duft von trotzkistischem Lavendel, nationaler Volksbewegung, bewegungsorientiert oder antikolonialistisch, auf die Stalino-mafioso-Vaseline des Chavismus-Madurismus übertragen. Das ist es, wofür sich die Mehrheit der weltweiten und regionalen Linken seit Jahren einsetzt und dies auch weiterhin tut. Nun, ich bin nicht in der Parfümerie.

Im Wesentlichen sind es diese beiden Themen – eine grundlegende geopolitische Unwissenheit und eine erbärmliche ideologische Blindheit –, die ich in diesem Interview ansprechen wollte, das mir von der venezolanischen Website https://revistaflorencia.com gewährt wurde und das von der Zeitschrift Nueva Sociedad wieder aufgegriffen wurde.[4] (Siehe: Guido Revete, “Espejimos de la crisis venezolana: entrevista a Marc Saint-Upéry”, Nueva Sociedad, März 2109, http://nuso.org/articulo/venezuela-crisis-maduro-guaido-chavez/). Die untenstehende Version des Interviews ist etwas erweitert und führt einige dem Autor wichtig erscheinenden Aspekte tiefer aus.[5]

***

DIE LINKE UND DIE TRUGBILDER DER VENEZOLANISCHEN KRISE

Interview mit Marc Saint-Upéry

Sie waren einer der ersten Intellektuellen, der die Geschehnisse um den Staatsstreich von 2002 in Venezuela kritisch anprangerte: Kann man das aktuelle venezolanische „katastrophale Patt“ mit dem vergleichen, was in jenen Jahren geschah?

Ich bin mir nicht sicher, ob ich „eine der ersten“ war, aber ich vermute, dass sie sich auf einen Text beziehen, der 2002 auf der inzwischen stillgelegten Website La Insignia[6] veröffentlicht wurde. Symptomatisch war es der erste Text in meinem Leben, den ich über Venezuela veröffentlicht habe, und als mir kürzlich ein französischer trotzkistischer Soziologe den angeblich einseitigen Radikalismus meiner antichávistischen Haltung vorwarf und mich beschuldigte, Pedro Carmonas Putsch[7] nie angeprangert zu haben, konnte ich ihm seine Behauptung vollumfänglich widerlegen. Während ich diesen antidemokratischen Schritt jedoch sehr energisch ablehnte, brachte ich gleichzeitig die Kritik an der Regierung Chávez auf mehreren Achsen voran. Ich wies darauf hin, dass «die bolivarische Revolution» «in Worten radikaler war als in Taten», dass diese «die Notwendigkeit der Demokratisierung, der Dezentralisierung und der Transparenz der öffentlichen Politik sowie der Förderung der Eigeninitiative und der aktiven Beteiligung der verschiedenen sozialen Sektoren fast völlig vernachlässigt habe» und dass seine Politik unter einer «unausgegorenen Mischung aus moderatem Pragmatismus litt, Versprechungen von allgemeiner Hilfe und aufrührerischer Rhetorik ohne wirkliche Unterstützung abgab», begleitet von «wachsenden Tendenzen von Opportunismus und Korruption» und «einem gewissen administrativen Chaos durch eine Mischung aus Unerfahrenheit und Bürokratismus». Ich wies ebenfalls darauf hin, dass Hugo Chávez «ausschließlich auf plebiszitäre Vertikalität und eine grobschlächtige und aggressive Gegenpropaganda des Staates gesetzt habe, was ihn selbst für einen Teil seiner eigenen fortschrittlichen Verbündeten unerträglich machte». Mir scheint, dass dies für einen vor 17 Jahren verfassten Textes recht zutreffend war. Wie wir wissen, verschärften sich alle negativen Tendenzen, die ich damals beschrieben hatte, bis sie sich dann zur Katastrophe auswuchsen, mit einem Regime, das als einzige Lösung eine autoritäre Eskalation und seit 2016 eindeutig die Diktatur sieht. Dies ist einer der Gründe, warum die beiden Situationen nicht vergleichbar sind.

Einerseits hatte trotz der bereits expliziten caudillistischen Reflexe des bolivarischen Regimes auch die Opposition diktatorische Antworten (obwohl sie diesbezüglich noch lange keinen Konsens erzielt hatte), aber es gab keinen Militär- und Polizeiapparat, der einstimmig bereit war, sie darin zu unterstützen. Andererseits war die Gesellschaft mehr oder weniger in zwei Hälften gespalten – obwohl es dem Chavismus in den folgenden Jahren gelang, seinen Wahlvorteil um rund 60% gegenüber 40% zu festigen. Heute unterstützt nur mehr eine sehr kleine Minderheit Maduro, die teilweise durch reine Nötigung (Beamte) oder durch „biopolitische“ Erpressung (Zugang zu Nahrung und Ressourcen, «Heimatausweis»[8],  usw.) aufrechterhalten wird. Sie stützt sich auf einen Militär- und Polizeiapparat, der in riesige Netzwerke von legalen und illegalen Unternehmen in Absprache mit dem Regime verwickelt ist, sowie auf repressiven Mitteln, die sowohl aus juristischer Sicht als auch aus Sicht der Logistik des bewaffneten Terrors hoch entwickelt wurden. Und natürlich liegen die venezolanische Gesellschaft und ihre materiellen und institutionellen Infrastrukturen heute in Trümmern, mit allen uns bekannten Folgen, einschließlich des Aderlasses der Migration.

Wie sollten die fortschrittlichen Kräfte die offenkundige US-Intervention entgegentreten – nicht nur intellektuell, sondern auch politisch – ohne in das „falsche Dilemma“ der uneingeschränkten Unterstützung der Regierung von Nicolás Maduro zu geraten?

Obwohl das Vorpreschen unseliger Charaktere aus den schlimmsten Zeiten der Administrationen von Ronald Reagan oder von George-Bush oder von Fahnenträgern der reaktionärsten Fraktion der kubanisch-amerikanischen Lobby, wie Senator Marco Rubio, Angst einflössen kann, muss bei alldem  ein kühler Kopf bewahrt werden. Einerseits taucht die „neokonservative“ interventionistische Fraktion der 2000er Jahre unter der Leitung von John Bolton wieder auf, die kein großes Interesse an Venezuela hat; ihr Bestreben zielt eher darauf ab, Teheran zu bombardieren. Sie kann jedoch einer solchen dargebotenen Chance nicht widerstehen, wenn sie im Rahmen eines kontinentalen Niederganges der Regierungen des sogenannten „progressiven“ Zyklus einem so fantastischen Effekt wie der venezolanischen (und nicaraguanischen) Katastrophe ausgesetzt ist. Bei dieser Katastrophe muss man aber unterstreichen, dass das Imperium kaum etwas damit zu tun hat; vielmehr wird die Katastrophe durch die Stalino-Mafia-Diktatur von Maduro völlig selbst verursacht.

Es gibt eine Allianz dieser „neokonservativen“ Fraktion mit Falken, die sich auf hemisphärische Politik spezialisiert haben, wie Elliot Abrams oder Rubio selbst. Auf der anderen Seite gibt es im Weißen Haus einen Kontext eines außergewöhnlichen Machtvakuums, wie es so seit der Weltmachtübernahme durch der USA noch nie der Fall gewesen ist. Tatsächlich hat Trump nicht viel mit diesem Thema zu tun, obwohl er wahrscheinlich vorübergehend von Rubio davon überzeugt wurde, dass die kubanische Wählerschaft in Florida der Schlüssel zu seiner möglichen Wiederwahl sei, und von Bolton dahingehend, dass die oben genannte Entwicklung Washington die Gelegenheit böte, zumindest einen Teil seiner hemisphärischen Hegemonie wieder herzustellen. In Wirklichkeit besteht jedoch kaum eine Möglichkeit, die „starken“ Tendenzen wie den wirtschaftlichen und kommerziellen Einfluss Chinas umzukehren.

Die grobe Pantomime von Boltons Agenda, die „versehentlich“ den Kameras mit der Notiz „fünftausend Soldaten in Kolumbien“ ausgesetzt war, zeigt den bluffartigen Charakter von all dem gut. Was als Tragödie in der Phase 2001-2003 der Machtergreifung durch Cheney-Rumsfeld und ihren Leuten geschah (siehe Adam McKay’s bemerkenswerter Film Vice, über Dick Cheney’s Werdegang) und die Vorbereitung des Krieges in Afghanistan und Irak, wird heute teilweise als Farce wiederholt. Allerdings fehlt den „Neokonservativen“ heute nicht nur der „patriotische“ Konsens des Kongresses oder der öffentlichen Meinung (vielmehr besteht eine grosse Feindseligkeit gegenüber einer kriegerischen Agenda), sondern sie haben nicht einmal die Unterstützung des Pentagons oder des Sicherheitsapparates.

In diesem Moment verhandelt Washington mit den Taliban über einen beschämenden Frieden, der einem Sturz von Saigon in Zeitlupe gleichkommt: 17 Jahre Krieg, der längste in der Geschichte der USA, und dies für nichts. Und trotz Boltons Zurückhaltung hat Trump nicht aufgegeben, die US-Truppen mit beschleunigter Geschwindigkeit aus Syrien abzuziehen, und in seiner jüngsten Rede zur Lage der Nation hat er erneut Washingtons dummen Kriege angeprangert.

Aus Sicht des militärischen Establishments der USA ist das Maduro-Regime zwar eine Katastrophe und eine Gefahr – nicht militärisch, sondern im Hinblick auf den Drogenhandel und die „menschliche Sicherheit“ seiner regionalen Verbündeten aufgrund der Migrationsexplosion – und aus seiner Sicht muss so viel politischer und wirtschaftlicher Druck wie möglich ausgeübt werden, um es zu Fall zu bringen; allerdings zeigt es keine Begeisterung für eine bewaffnete Intervention. Und sicher will es nicht unter Trump als „Oberbefehlshaber“ kämpfen. Nicht nur, weil Venezuela nicht Grenada oder Panama ist, sondern weil das US-Oberkommando die enormen Risiken einer tödlichen Verstrickung in einen zivil-militärischen Konflikt perfekt einschätzt. In einem solchen Konflikt würden sich nicht zwei gut abgegrenzte Felder – angebliche Chavistas versus angebliche Anti-Chavistas – einander gegenüberstehen. Vielmehr würde er einem Krieg von Milizen libanesischer oder jugoslawischer Prägung ähneln, mit mindestens einem halben Dutzend Fraktionen und sehr komplexen und perversen Fronten und aktiven Zusammenhängen zwischen autonomen politisch-militärischen Akteuren, kriminellen Gruppen und mit Balkanlogiken der Verwüstung von Territorium und seinen Ressourcen (Phänomene, deren Vorläuferzeichen bereits seit einigen Jahren beobachtet werden).

Dies erklärt, warum Bolton und seine Mitarbeiter trotz ihres traditionellen „Unilateralismus“ eine „multilaterale“ Taktik angenommen haben, die nicht nur die Lima-Gruppe[9] – bestehend aus konservative Ländern der Region –, sondern auch diejenigen, die keinen sehr gefährlichen regionalen Krieg wollen, wie die Europäische Union und jetzt sogar Uruguay, unter einer de facto-Vereinbarung zwischen Mauricio Macri und Tabaré Vázquez einbezieht. Und die ganze Operation mit Juan Guaidó wurde mit der aktiven politischen Vermittlung von Ottawa und Bogotá vorbereitet, die ihre ganz unterschiedlichen Gründe – grundsätzlicher Art für die Kanadier, Realismus und Erfahrung für die Kolumbianer – haben, um keinen Krieg zu wollen.

Wenn ich jetzt von „Farce“ spreche, schließt das nicht aus, dass die Dinge außer Kontrolle geraten und eine neue tragische Wendung nehmen. Aber diejenigen, die sich grundsätzlich jeder Einmischung von außen widersetzen und uns warnen, dass das komplexe Zusammenspiel zwischen all diesen Akteuren und ihren Agenden gefährlich ist, dass es sich um ein „Spiel mit dem Feuer“ handelt, vergessen zwei Dinge: Es gibt bereits Einmischungen von allen Seiten, nicht nur von Kubanern (ein wesentlicher Faktor für die totalitäre Zwangs-Kontrolle der Loyalität der Streitkräfte), von den Russen und den Chinesen, sondern auch grobe und manipulative Einmischungen von venezolanischen Geheimdiensten in die Angelegenheiten der Diaspora in den Nachbarländern oder im kolumbianischen Konflikt, unter anderem durch die National Liberation Army (ELN). In Venezuela gibt es nicht nur viele Menschen, die mit dem Feuer „spielen“, sondern auch das Maduro-Regime selbst hat schon seit langem Feuer gelegt.

Was kann man im Falle der venezolanischen Opposition über eine Elite aussagen, die selbst in jeder politischen Aktion ihre Machtlosigkeit zeigte und sich direkt in die Obhut Washingtons begeben musste?

Vorerst müsste man gut verstehen, worüber wir sprechen, wenn wir in Venezuela von „Elite“ oder „Rechten“ sprechen. Es stört mich ein wenig, dass selbst einige Vertreter der Nichtchavisten unkritisch die Meinungsmatrix des Bolivarischen Nationalen Nachrichtendienstes (Sebin) oder des offiziellen Propagandaapparates übernehmen, wenn es um die Definition geht, wer in der Opposition „radikal“ oder „moderat“ ist, wer angeblich „rechtsextrem“ ist, und so weiter. Diese Labels sind mir nie sehr aufschlussreich erschienen, und außerdem glaube ich nicht, dass es heute in Venezuela viel „extreme Rechte“ gibt, zumindest nicht im Sinne eines Jair Bolsonaro zum Beispiel. Was ich sehe, ist, dass es historische Anti-Chávez-Sektoren gibt, die aus der IV. Republik stammen, sowie aufstrebende konservative und/oder liberale Sektoren, die nur den Chavismus kannten, einige sogar mit einigen jungen und plebejischen Wurzeln, wie Guaidó selbst und andere Führer von Voluntad Popular (VP). Und wenn man von „radikal“ oder „moderat“ spricht, so wird nie definiert, ob man von Taktik oder Ideologie spricht. All dies aber auch im Kontext einer Gesellschaft, in der die Begriffe rechts und links durch die Analyse konkreter Verhaltensweisen im Rahmen der Verwaltung der Erdöleinnahmen, die zwischen vermeintlichen Chavistas und vermeintlichen Antichavistas sehr ähnlich sein können, differenziert werden müssen. Ich kenne die venezolanische Opposition nicht sehr gut, die mir immer viel eher wie ein sehr mittelmäßiges politisches Personal erschien, aber ich habe auch keine guten und überzeugenden linken Analysen des laufenden Themas gesehen.

Wenn ich dem vertraue, was mir bestimmte Quellen sagen, dann scheint es eher, dass die Umtriebe von Guaidó und VP ein Plan B ist, der zuvor in Erwartung des Scheiterns neuer Runden geheimer Verhandlungen – Ende 2018 und/oder in den ersten Wochen 2019 – von der Regierung, die nur Zeit gewinnen will, wieder sabotiert wurde. Deshalb besteht neben Maduro der höchste Repräsentant des Regimes, Diosdado Cabello[10] so sehr darauf, dass er Guaidó kurz vor dem 23. Januar gesehen habe. Es mag wahr sein, aber es ist auch ziemlich ironisch: Das Regime ist sich seiner eigenen moralischen Verwerflichkeit in den Augen der Bevölkerung so bewusst, dass es seiner Meinung nach genügt,  von einem Oppositionspolitiker zu sagen, dieser habe mit Vertretern der herrschenden Partei getroffen, um ihn zu diskreditieren.

Anstatt „Zuflucht in der Vormundschaft Washingtons zu suchen“, scheint es mir, dass es eine Art gekreuzten Bluff gab, eine Art theatralische und riskante Wette zwischen dem VP und den amerikanischen „Neokons“, die sich gegenseitig im Dienste ihrer eigenen unmittelbaren Ziele zu instrumentalisieren versuchten, mit der komplexen Vermittlung mehrerer Akteure, die den „bad guy“ (Almagro, die Lima-Gruppe) oder den „good guy“ (Uruguay, die Europäische Union) spielen. Sowohl die vermeintliche „Drohung mit einer militärischen Intervention“ der USA als auch die „Präsidentschaft“ von Guaidó sind produktive Fiktionen, die eine völlig machtblockierte Situation offenlegten, aber aufgrund der extremen Volatilität des Szenarios in eine destruktive Spirale eintreten können. Streng genommen sollte die Frage also nicht sein, ob es einen Plan B gibt, sondern ob es einen Plan C gibt.

Ich stimme jedoch den Analysen voll und ganz zu, die darauf hindeuten, dass die „Malandra“ (verbrecherische) -Rationalität der chavististischen Führung nicht die einer konventionellen politischen oder militärischen Führung oder gar einer Pinochet-Diktatur ist. Apropos „Verhandlung“ und „friedliche Lösung“, dies „sieht gut aus für das Foto“, wie Jeudiel Martinez betont, aber damit es eine solche Verhandlung gibt, muss es zuerst eine Art Pause geben. Zum anderen gibt es auch in den Bereichen der breiten Bevölkerung ein wachsendes Gefühl von Langeweile und Verzweiflung: «Uns interessiert der Vorwurf der „Einmischung“ nicht, sollen doch die Gringos kommen und diese Brut von Verbrechern beseitigen». Das ist die schreckliche Realität, zu der uns die monströse Brut des Bolivarianismus und die Komplizenschaft der Mehrheit der kontinentalen und weltweiten Linken geführt hat.

Ist die unberechenbare Regierung von Trump bereit, mit den geopolitischen Folgen einer möglichen Militärintervention in Venezuela umzugehen?

Ganz offensichtlich nicht. Was zählt, ist, dass dies auch die Mehrheitsmeinung des Pentagons und des US-Geheimdienstes ist, wie ich bereits sagte. Aber es gibt ein Paradoxon: Im Falle von Trumps Absetzung hätten wir mit seinem Nachfolger Mike Pence eine viel organischere Ausrichtung zwischen der Präsidentschaft und den neokonservativen Falken, die auf einer Synergie von ideologischem Fundamentalismus und geopolitischer Hybris beruht. So seltsam es auch klingen möge, die Linke sollte nicht Trump’s Absetzung wollen. Aber selbst eine Pence-Regierung müsste mit einer sehr starken Opposition des Kongresses und der öffentlichen Meinung sowie mit großer Zurückhaltung gegenüber einer interventionistischen Agenda des Sicherheitsapparates selbst konfrontiert werden. Es wäre jedoch eine viel gefährlichere Konfiguration für den Frieden in der Region und in der Welt im Allgemeinen.

Was können wir nun in einem hypothetisch effektiven Machtwechsel von einer von diesen Fraktionen geführten Regierung erwarten?

Nun, aber über welche Fraktionen reden wir hier? Auf der einen Seite erwähnt sie eine Regierung der nationalen Aussöhnung, die eine breite Basis an Unterstützung haben sollte, einschließlich der chavistischen Sektoren, die mit Maduro gebrochen haben. Andererseits, wenn die VP ihre Wette gewinnt, könnte man verstehen, dass sie versucht ist, ihre Hegemonie innerhalb der Opposition durchzusetzen, vor allem gegenüber denen, die sich gegenüber der „verfassungsmäßigen“ Kampfstrategie der Präsidentschaft der Nationalversammlung zurückhielten.

Was den programmatischen Inhalt betrifft, so muss man verstehen, dass wir uns in einer Konfiguration befinden, die dem Wiederaufbau nach einem Krieg entspricht. Selbst ein marxistisch-leninistischer Ökonom wie Manuel Sutherland hält eine wirtschaftliche Öffnung, d.h. eine Liberalisierung, für notwendig, um ein Minimum an lebensfähigem Produktionsgewebe und eine akzeptable Produktivitätsschwelle wiederherzustellen. Kein einfaches Schreien gegen die „Privatisierung“ also, denn die mafiöse und neopatrimoniale Privatisierung des Produktionsapparates (und seiner sukzessiven Zerstörung) und der Bodenschätze hat bereits auf die brutalste Weise unter der gigantischen chavististisch-maduristischen Veruntreuung stattgefunden. Gleichzeitig weiß selbst die widerspenstigste Rechte, dass es unmöglich sein wird, einer so radikal verarmten Bevölkerung einseitig höhere Tarife für öffentliche Dienstleistungen und Grundbedürfnisse aufzuerlegen. Die Menschen haben einfach nicht genug Mittel dafür. Und wie der erwähnte Jeudiel Martínez sagt, über die Privatisierung der Gesundheit zu sprechen, wäre Wahnsinn in einem Land, für das humanitäre Hilfe beantragt werden muss. Es wird wahrscheinlich viele Konflikte um den Staatshaushalt, die Löhne und die öffentlichen Dienstleistungen geben. Was von gesunden Gewerkschaftskernen übrig bleibt – obwohl ich mir denke, dass sie von diesen 20 Jahren und vor allem vom letzten Jahrzehnt hart getroffen wurden –, wird bei diesem Übergang eine wichtige Rolle bei der Formulierung und Aushandlung tragfähiger und gerechter Lösungen spielen.

Für den Fall, dass dieser Übergang nicht stattfindet, was können wir von der Regierung von Nicolás Maduro erwarten, wie lange kann dieser Konflikt dauern?

Ich habe keine Kristallkugel, aber ich stimme Alberto Barrera Tyszka[11] zu, dass die Regierung ein besonderes Talent hat, „die Krise in eine Routine zu verwandeln“, und das ist sehr beunruhigend: Bis zu welcher Schwelle der Zerstörung des Landes und der Mindestlebensbedingungen der Bevölkerung kann ein so perverses und zynisches System aushalten? Darüber hinaus machen die vielen Machtzentren im Regime, alle mit mafiaähnlichen Merkmalen, interne Bewegungen im Regime völlig unlesbar und unberechenbar; es scheint, dass es keine echte Führungseinheit gibt, sondern die Macht der gegenseitigen Behinderung bestimmter Gruppen und Clans.

Mittlerweile ist unbestreitbar, dass die Regierung von Nicolás Maduro die Unterstützung ihrer Volksbasis verloren hat, die offensichtlich mit dem Verschwinden ihrer materiellen Lebensbedingungen unzufrieden ist, aber diese Unzufriedenheit bedeutet keine wirksame Unterstützung für das politische Projekt der Opposition: Was geschieht mit den großen verarmten Mehrheiten in diesem Szenario?

Das einzige „politische Projekt der Opposition“ ist im Moment der Abgang von Maduro und saubere Wahlen, darauf können sich die großen Mehrheiten einigen. Wahrscheinlich gibt es immer noch populäre Sektoren, die neben der Unterstützung von Maduro, Angst vor den realen oder imaginären Folgen einer „Rückkehr der Rechten“ haben, aber ich glaube, dass sie jetzt in der Minderzahl sind. Vielmehr stellt sich das Problem dessen, was in der Sozialepistemologie als Allgemeinwissen definiert wird: Es kann sein, dass die meisten Menschen in den populären Sektoren einzeln – oder innerhalb der Grenzen ihres Familienkreises – dem Regime Maduro feindlich gesinnt und sogar vom Chavismus im Allgemeinen enttäuscht sind, aber ohne Gewissheit, dass diese Meinung in ihrer Bezugsgemeinschaft vorherrscht. Mit ihrer Mischung aus Propaganda, biopolitischer Erpressung und reinem Terror weiß die Regierung sehr wohl, wie man die demobilisierende Wirkung des Nichtwissens, ob die Meinung des einen die Meinung aller ist, instrumentalisieren kann. Andererseits gibt es zwischen den anstrengenden Anforderungen des täglichen Kampfes um das materielle Überleben, dem Fehlen ausreichend qualifizierter lokaler Akteure in den traditionellen Mobilisierungstechnologien der linken und sozialen Bewegungen – sei es, weil sie vom Chavismus kooptiert und korrumpiert wurden oder weil sie symbolisch oder physisch neutralisiert wurden – und der Unsicherheit über den Grad der Gewalt, den das Regime entfesseln könnte, nicht viel Handlungsspielraum für die populären Sektoren. Beachten Sie, dass wahrscheinlich nur internationaler Druck mehr Todesfälle verhindert[12], so dass sich die abstrakte Positionierung, „Gegen jede äussere Einmischung“ zu sein, grundsätzlich als etwas Heuchlerisches erweist.

Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die mögliche Zukunft einer venezolanischen Linken und der kontinentalen Linken in Bezug auf sie? 

Erstens, und obwohl dies schmerzhaft ist, müssen wir der Realität ins Auge sehen: im heutigen Venezuela sind „Sozialismus“, „Revolution“, „Antiimperialismus“ obszöne Worte und werden dies wahrscheinlich für mindestens die nächsten 25 oder 30 Jahre bleiben. Und wenn einige brave „Marxisten“ oder „Antiimperialisten“ uns erklären, dass „nun ja, aber das ist kein authentischer Sozialismus, es ist Bonapartismus“ oder „es ist nur Populismus“ oder „es ist wegen des Imperiums schief gelaufen, bla bla bla bla bla bla bla“, so überkommt einem ehrlich gesagt die Lust, sie zu ohrfeigen. Abgesehen von der analytischen Armut und dem kolonialen Paternalismus dieser „Erklärungen“ drücken sie das typische falsche Bewusstsein der schönen Seelen der albernen Linken aus, die nie aus ihrer Blase selbstzufriedener und abstrakter ideologischer Arroganz herauskommen werden. Die Wahrheit ist, dass nicht nur die Begrifflichkeiten des Sozialismus und der Revolution in Venezuela eine tote Sprache ist, sondern auch eine Sprache des Todes, die Sprache, in deren Namen die Macht liegt, Plünderungen, Gefängnisse, Folterungen und Morde, das elende rhetorische Ornament der Biopolitik des Hungers und die Nekropolitik der Unterdrückung. Wer dies und die verheerenden Auswirkungen davon nicht versteht, versteht nichts. Daraus ergibt sich die absolute Notwendigkeit, eine situationsgerechte Analyse- und Denunziationssprache zu entwickeln, eine Sprache, die durch nüchternen Materialismus und eine eindeutige radikal-demokratische Inspiration gekennzeichnet ist, sich aber völlig von der Rhetorik der automatischen Steuerung von „revolutionären marxistischen“, „antiimperialistischen“ und verwandten Analysen löst, die natürlich in mehr als 80% der Fälle keine wahren Analysen sind, sondern eine Form des Signalisierens von Tugend und moralischer Korrektheit.

Das apokalyptische Gleichgewicht der bolivarischen Erfahrung ist eine echte psychopolitische Atombombe, nicht nur für die venezolanische Linke, sondern auch für die kontinentale Linke, obwohl sich ihre Auswirkungen außerhalb Venezuelas je nach den verschiedenen nationalen Gegebenheiten unterscheiden. Und obwohl die meisten der lokalen – aber auch oft europäischen oder amerikanischen – selbsternannten „Avantgarden“ eine völlig surrealistische Blindheit gegenüber den tatsächlichen Wurzeln und der Entwicklung der Katastrophe des Chavistismus-Madurismus zeigen. Man weiß nicht, ob man angesichts bestimmter pedantischer Kommuniqués und Äußerungen, die darauf abzielen, von außen einen „linken“ Standpunkt zu Venezuela einzunehmen, lachen oder weinen soll, während in Wirklichkeit seine Vulgarität, seine Taubheit und sein Mangel an moralischer Vorstellungskraft und menschlichem Mitgefühl einem weiteren Nagel in den Sarg der regionalen Linken gleichkommen.

Ohne sich der Perversität dieser Verzerrungen bewusst zu werden, wird es in Venezuela keine Möglichkeit geben, ein glaubwürdiges linkes militantes Gewebe wiederaufzubauen. Ein Wiederaufbau, der ohne Vorurteile und mit der Konvergenz gesunder Gewerkschaftssektoren, autonomer Sozialkollektive, ehrlicher intellektueller Kerne und fortschrittlicher Fachleute und Technokraten angegangen werden muss, mit der Fähigkeit, eine Position absoluter analytischer Klarheit – völlig frei von demagogischem Sentimentalismus – angesichts der gescheiterten bolivarischen Erfahrung, selbst angesichts ihres Aspekts der religiösen Entfremdung, mit einer gewissen praktischen Großzügigkeit und einem Angebot der Einheit gegenüber den aufrichtigen und demokratischen Akteuren der historischen Basis des Chavismuszu kombinieren. Eine Ausgewogenheit, die natürlich äußerst schwierig zu erreichen ist.

Quelle: periodicoellibertario.blogspot.com… vom 18. April 2018; Übersetzung durch Redaktion maulwuerfe.ch. Wir bedanken uns bei der Redaktion von alencontre.org… für den Hinweis auf dieses Interview und die Fussnoten, die wir weitgehend übernommen haben.


[1] Siehe hierzu die zutreffende Analyse von Bernard Dréano, « Le “campisme” : une vision binaire et idéologique des questions internationales », Mediapart, 16-08-2018, https://blogs.mediapart.fr/jean-marc-b/blog/160818/le-campisme-une-vision-binaire-et-ideologique-des-questions-internationales.

[2] Siehe Marc Saint-Upéry, « Lire le Venezuela : entre “négationnistes” et “euphémisateurs” », Mediapart, 7. Januar 2019. Siehe ebenfalls : Fabrice Andréani, « Entre crash de l’État magique et boom de l’État bandit: le Venezuela dans le labyrinthe autoritaire», Problèmes d’Amérique latine 2018/2, n° 109, p. 119-134 (Auf den Internet unter folgender url : https://www.barril.info/fr/actualites/fabrice-andreani-le-venezuela-dans-le-labyrinthe-autoritaire?lang=fr) ; Marc Saint-Upéry und Pablo Stefanoni, « Le cauchemar de Bolívar : crise et fragmentation des gouvernements de l’Alba », Hérodote, n° 171, Januar 2019.

[3] Leopold Tyrmand, Journal de 1954, Éditions Noir sur Blanc, Paris, 2019.

[4] Guido Revete, « Espejimos de la crisis venezolana : entrevista a Marc Saint-Upéry », Nueva Sociedad, März 2019, http://nuso.org/articulo/venezuela-crisis-maduro-guaido-chavez/.

[5] Diese längere Version wurde dann auf Spanisch auf der anarchistischen Web-Seite El Libertario veröffentlicht: Marc Saint-Upéry, « La izquierda y los espejismos de la crisis venezolana » , http://periodicoellibertario.blogspot.com/2019/03/la-izquierda-y-los-espejismos-de-la.html.

[6] Marc Saint-Upéry, « La mascarada de Caracas », La Insignia, 14. April 2002, https://www.lainsignia.org/2002/abril/ibe_059.htm.

[7] Pedro Francisco Carmona Estanga, Führer des Unternehmerverbandes Fedecámaras, rief sich selbst bei dem konservativen Putsch  vom 11. April 2002 zum Präsidenten der Republik aus. Dannzumal wurde Hugo Chávez für 47 Stunden aus dem Amt gedrängt.

[8] Elektronische Karten, die sowohl zur Registrierung und Kontrolle der Nutzer von sozialer Unterstützung und der Nahrungshilfe dienen als auch zur Erfassung der Wähler und Wählerinnen beim Eingang zu den Wahlbüros.

[9] Die Lima-Gruppe wurde 2007 gegründet und umfasst heute die Staaten Argentinien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Mexico, Panama, Peru, Guyana und St. Lucia. Mexico hält sich mittlerweile jedoch auf Distanz zur Lima-Gruppe, da es ihre Position zur venezolanischen Krise nicht teilt.

[10] Ein hoher Offizier, der für seine Bestechlichkeit und äusserst repressiven Neigungen bekannt ist. Cabello wird oft als das eigentliche Machtzentrum hinter dem « Thron » betrachtet.

[11] Mitautor der besten Biografie über Hugo Chávez : Alberto Barrera Tyszka und Cristina Marcano, Hugo Chávez sin uniforme : una historia personal, Debate, Caracas, 2005.

[12] Die in den Quartieren der einfachen Bevölkerung werden monatlich Dutzende durch die Repression umgebracht. Die Repressionskräfte umfassen vor allem Einheiten der speziellen Eingreiftruppe (FAES) der nationalen bolivarischen Polizei  – in Wirklichkeit Todesschwadronen der Regierung – führen systematisch aussergerichtliche Hinrichtungen gegen angebliche Delinquenten und rebellische Jugendliche aus. Zum staatlichen Terror in Venezuela siehe: Rebecca Hanson und Verónica Zubillaga, « Les opérations de police militarisées dans l’ère post-Chávez:  du punitivisme carcéral aux exécutions systématiques », Mediapart, 21 janvier 2019, https://blogs.mediapart.fr/saintupery/blog/210119/violence-societale-et-necropolitique-au-venezuela.

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