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Schweiz: Für die Verteidigung aller Arbeitsplätze bei Swissport!

Eingereicht on 11. September 2020 – 8:56

BFS Zürich. Heute Freitag protestieren die Beschäftigten an den Flughäfen Zürich und Genf gegen die geplanten Abbaumassnahmen in der Flugindustrie. Trotz den staatlichen Unterstützungskrediten entlassen Gate Gourmet, SR Technics und zurzeit vor allem Swissport munter Angestellte und wälzen so die Kosten der wirtschaftlichen Turbulenzen auf die Lohnabhängigen ab.

Wir solidarisieren uns mit allen Beschäftigten und fordern einen sofortigen Entlassungsstopp. Aus einer ökologischen Perspektive reicht es aber nicht aus, nur die Arbeitsplätze zu verteidigen. Damit diese längerfristig Bestand haben können, muss die umweltschädliche Flugindustrie rück- und umgebaut werden. Der Kampf der Beschäftigten am Flughafen und der Klimaaktivist*innen ist daher derselbe.

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Für die Verteidigung aller Arbeitsplätze bei Swissport!

Die Corona-Pandemie führt die Welt in eine wirtschaftliche Krise, wie wir sie seit den 1930er Jahren nicht mehr erlebt haben. Die Kosten der Krise werden in gewohnter Manier auf die Lohnabhängigen abgewälzt. Nachdem die Unternehmen in den letzten Jahren massive Profite eingestrichen haben, zögern sie nun keinen Moment, um mit Entlassungen, Lohneinbussen, höheren Arbeitsrhythmen und schlechteren Arbeitsbedingungen die Arbeiter*innen für die Krise bezahlen zu lassen. Swissport zeigt es uns zurzeit gerade vor: Seit Beginn der Pandemie hat Swissport von weltweit 60’000 Arbeitsplätzen bereits unglaubliche 17’000 abgebaut. Auch an den Schweizer Standorten waren es bisher schon knapp 400. Diese Negativspirale muss sofort unterbrochen werden!

Neue Eigentümer, gleiche Angriffe auf die Beschäftigten

Pandemie, Lockdown-Massnahmen und die Folgen der wirtschaftlichen Turbulenzen treffen die Flugindustrie besonders hart. Die weltweiten Passagierzahlen bleiben weiterhin weit unter dem Vorjahresniveau, was reihenweise zu Pleiten bei den Airlines führt. Auch bei Swissport ist bisher nur das Cargo-Geschäft mit 80% wieder halbwegs ausgelastet. Bei der Passagierabfertigung sind es nur 35%.

Ende August wurde nun bekannt, dass der hochverschuldete chinesische Konzern HNA Group Swissport abstösst. Ein Konsortium aus sieben US-amerikanischen und britischen Investmentgesellschaften übernimmt die Aktienmehrheit von Swissport.[1] Die Wirtschaftspresse gibt sich zufrieden und spricht von einer langfristigen Sicherung des Unternehmens. Die Arbeitsplätze sind damit aber alles andere als gesichert. Denn mit der Übernahme werden auch weitere «Restrukturierungen» verbunden sein: Nachdem Swissport wegen Lockdown und Pandemie dieses Jahr über 70% seines Umsatzes eingebüsst hat, müssen die Zahlen unbedingt gesteigert werden, um die neuen Investoren und ihre Renditeansprüche zu befriedigen. Da an eine massenhafte Zunahme der Passagier- und damit Umsatzzahlen zurzeit nicht zu denken ist, wollen die Investoren bei den Kosten – sprich den Beschäftigten – die Schraube anziehen. So erklären sich die Entlassungen, die Angriffe auf den Gesamtarbeitsvertrag (GAV), die geplante Streichung der Nacht- und Wochenendzulagen und die aktuelle Drohung von Swissport, die Löhne in der Schweiz strukturell um 20% zu senken.

Arbeitsplätze und das Klima retten!

Auch wenn wir alle Arbeitsplätze in der Flugindustrie gegen die Entlassungsphantasien der Bosse verteidigen, bleibt das Problem, dass die umweltschädliche Flugindustrie zu den entscheidenden Treiberinnen des Klimawandels gehört. Aus ökologischer Sicht kann sich die Welt einen derart ausgebauten Flugverkehr schlicht nicht leisten. Und auf einem Planeten zu leben, auf dem man noch atmen kann, ist schliesslich im Interesse aller Lohnabhängigen – auch der Angestellten in umweltschädlichen Branchen. Aber was bedeutet nun die Forderung nach einem ökologischen Umbau der Wirtschaft für die Arbeitsplätze in der Flugindustrie?

Tatsächlich besteht zwischen der Verteidigung von Arbeitsplätzen in umweltschädlichen Branchen und der Rettung des Klimas kein Widerspruch. Genauso wie Autokonzerne wegen Corona plötzlich Beatmungsgeräte und Schutzmasken herstellen können, weil sie sich besser verkaufen lassen als Benziner und E-Autos, ist es auch möglich, die Flugindustrie und die mit ihr verbundenen Wirtschaftszweige in ökologisch sinnvoller Weise umzubauen. Die hochtechnologisierte Branche mit all ihren Beschäftigten kann ihr Know-How genauso gut für den ökologischen Umbau des Waren- und Personentransportes, den Ausbau der Klima- und Umweltforschung, den Aufbau einer umweltverträglichen Reisebranche und vieles mehr einsetzen.

Notwendig dafür ist eine gesellschaftliche Diskussion über einen kontrollierten Umbau der Branche sowie über die Umschulung von Mitarbeiter*innen – unter der Bedingung, dass keine Person den Arbeitsplatz verliert. Notwendig dafür ist aber auch, dass nicht sieben Investoren über das Schicksal eines Unternehmens und seiner Angestellten entscheiden, sondern dass die Kontrolle über das Unternehmen und seinen Umbau bei den Beschäftigten selbst liegt.

Für die Verteidigung aller Arbeitsplätze bei Swissport!

Nein zu den Angriffen auf die Löhne und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten!

Für einen ökologischen Umbau der Flugindustrie!

Flyer für die Kundgebung am 11. September 2020 an den Flughäfen Genf und Zürich.

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[1] Den neuen Investoren kommt sicher gelegen, dass die Ratingagentur Moody’s vor kurzem das Kreditranking von Swissport auf «Ramschniveau» gesenkt haben, was den Verkaufspreis zu ihren Gunsten senkt.

Quelle: sozialismus.ch… vom 11. September 2020

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