„Europa rebelliert gegen kapitalistische Epidemie-Diktatur“
Der „finale“ Satz aus der Aussage einer jungen Pariserin über das „confinement 2“: „Ich verstehe das nicht – ich darf Abends mit meinem Freund kein Bier trinken gehen, mit dem ich morgens in der überfüllten U-Bahn zu einem Arbeitsplatz fahre, der nicht ausreichend gesichert ist“. Ende der Debatte – außer der Anmerkung, dass dieser Satz auch aus Rom, Madrid oder Berlin kommen könnte. Womit weiter machen? Mit 69.000 abgebauten Krankenhausbetten in Frankreich? Mit dem neuen Arbeitszwang für erkrankte PflegerInnen in den kaputt „gesparten“ Krankenhäusern Belgiens? Mit dem Beschluss der Regierung Luxemburgs, prinzipiell nur 82% aller nötigen Neueinstellungen in öffentlichen Krankenhäusern zu erlauben? Besser, mit dem Widerstand gegen das Zwangsregime des Kapitals zu beginnen – den die Epidemie-Gewinner, ihre Regierungen und so genannten JournalistInnen gerne auf jene reduzieren möchten, die Corona für ungefährlich halten, keine Masken wollen, Bill Gates für allmächtig halten oder ihr Karma für unglaublich gesund. Die natürlich, von den Rechten geeint, auch aufmarschieren – denen aber dieser Protest längst nicht mehr überlassen wird – zumindest in einer wachsenden Zahl von Orten und Ländern. Siehe zur aktuellen Situation im Epidemie-Europa unsere ausführliche aktuelle und kommentierte Materialsammlung „Europa rebelliert gegen kapitalistische Epidemie-Diktatur“ vom 02. November 2020:
„Zweite Welle überschwemmt Europa“ am 28. Oktober 2020 in der taz online ist eine Sammlung von Beiträgen zur Situation in verschiedenen europäischen Ländern und den Reaktionen auf die überall beschlossenen einschränkenden Maßnahmen (und überall mit Ausnahme der Zwangsarbeit und der Konsumtempel). Darin heißt es beispielsweise aus Irland: „… Im März war die Begründung für den Lockdown einleuchtend. Man wollte die Kapazitäten für Tests, Kontaktverfolgung und Krankenhausversorgung erhöhen. Die Bevölkerung akzeptierte die Restriktionen. Die Maßnahmen wirkten teilweise, die Infektionszahlen sanken im Sommer, aber dann hat man die Sache schleifen lassen und die Tests und Kontaktverfolgung heruntergefahren. Einreisende an Flughäfen werden nicht getestet. Und jetzt ist man wieder am selben Punkt wie im Frühjahr. Aber diesmal ist der Unmut lauter, das Vertrauen in die Politiker ist angeschlagen. „Warum“, so fragt der Dubliner Gewerkschaftsfunktionär Conor Meehan, „darf man sich nur fünf Kilometer vom Wohnhaus entfernen, warum nicht sieben oder acht? Warum dürfen multinationale Ketten wie Tesco offen bleiben, obwohl sie neben Lebensmitteln auch Kleidung und Elektronik verkaufen, während Bekleidungsgeschäfte und Elektroläden geschlossen bleiben?“ Meehan gehört keineswegs zu Coronaleugnern, aber das Versagen der Politiker spiele denen in die Hände, glaubt er. „Die rechtsextreme National Party versucht, die Lage auszunutzen. Aber die Proteste gegen die Restriktionen halten sich noch in Grenzen.“ Irland ist eines der wenigen Länder in Europa, in denen es kein Recht auf Krankengeld gibt, sagt Meehan. Das gilt auch für die Menschen, die im Gesundheitsdienst arbeiten, denn Zehntausende sind von Agenturen angestellt. „Wer sich krank fühlt“, sagt Meehan, „schleppt sich dennoch zur Arbeit und vermeidet Coronatests.“ Auch für die Bauern gibt es kein Krankengeld, Murphy muss trotz seines Kontakts mit einem infizierten Kind arbeiten: „Wer soll sich sonst um die Tiere kümmern?“ Bei Stromausfall funktioniert die Videoanlage nicht, mit denen er seine Kühe bewacht. „Es hilft nichts“, sagt er, setzt sich seine Mütze auf und geht hinaus in den Gewitterregen…“
„Explosive Corona-Entwicklung in Europa: Regierungen schützen Profite, nicht Leben“ von Johannes Stern und Alex Lantier am 30. Oktober 2020 bei wsws fasst die Gemeinsamkeiten der Regierungen so zusammen: „… Vor dem Hintergrund der wachsenden Wut in der Bevölkerung und der zunehmenden Rufe wichtiger medizinischer Institutionen, dass die Menschen Schutz in ihren Wohnungen suchen, um eine Katastrophe abzuwenden, kündigten die europäischen Regierungen plötzlich an, dass sie Lockdowns entweder in Erwägung ziehen oder wieder einführen. Nachdem sowohl Irland als auch Wales in der letzten Woche Lockdowns angekündigt hatten, kündigte Macron gestern Abend eine vierwöchige Sperre in Frankreich an, die möglicherweise verlängert wird. Bei diesen offiziellen Ankündigungen handelt es sich jedoch nicht um Anordnungen, zuhause zu bleiben, die es Jugendlichen und allen Beschäftigten in nicht essentiellen Wirtschaftszweigen ermöglichen, in ihren Wohnungen zu bleiben und Infektionen zu vermeiden. Bei der Verhängung neuer Sperren verfolgen die europäischen Regierungen dasselbe Ziel, das auch hinter der vorzeitigen Aufhebung der früheren Lockdowns stand: Jugendliche in der Schule und Arbeiter am Arbeitsplatz zu halten, um die Profite der Finanzaristokratie zu sichern. Die Arbeiter müssen gewarnt werden: Die von den europäischen Regierungen vorgeschlagenen Maßnahmen werden die Pandemie nicht aufhalten und einen katastrophalen Verlust an Menschenleben nicht abwenden. Die Durchsetzung einer echten „Stay-at-Home“-Politik zum Schutz der Bevölkerung vor der globalen Pandemie erfordert eine unabhängige, internationale Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die europäischen Regierungen. Sowohl Deutschland als auch Frankreich haben gestern Teilschließungen beschlossen und Kultureinrichtungen und Restaurants einen Monat lang geschlossen. In dem „Beschlusspapier“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel heißt es, dass „Schulen und Kindergärten verlässlich geöffnet bleiben“ sollen und „Industrie, Handwerk und Mittelstand sicheres Arbeiten möglichst umfassend ermöglich[t]“ werden soll. Macron sagte: „Die Schulen werden geöffnet bleiben, die Arbeit wird fortgesetzt, die Altersheime werden für Besuche geöffnet sein.“ Und so wird sich das Virus weiter ausbreiten. Auch in Ländern in ganz Europa, in denen strengere Lockdown-Maßnahmen verabschiedet wurden, bleiben nicht lebenswichtige Industriezweige und die Schulen offen. Die irische Regierung kündigte einen „sechswöchigen Coronavirus-Lockdown“ an, durch den die Bewegungsfreiheit der Bürger auf einen Umkreis von fünf Kilometern um ihre Häuser beschränkt wird. Anders als im März bleiben jedoch Schulen, Baustellen und die Industrie, darunter auch Fleischverarbeitungsbetriebe, die Hotspots neuer Ausbrüche sind, weiter geöffnet. Die Maßnahmen der Regierungen zielten nicht darauf ab, die Bevölkerung zu schützen, sondern den Reichtum der Superreichen zu retten. Großbritannien verabschiedete ein Rettungspaket im Wert von 645 Milliarden Pfund, die Eurozone eine Bankenrettung in Höhe von 1,25 Billionen Euro und die Europäische Union ein Rettungspaket für die Wirtschaft im Wert von 750 Milliarden Euro. Abgesehen von einem winzigen Bruchteil, der für die Arbeitslosenversicherung und für Kredite an kleine Unternehmen ausgegeben wurde, flossen diese Summen in die Rettung der Bankkonten und Aktienportfolios der Superreichen und in die Umstrukturierung großer europäischer Unternehmen, um mit Amerika und China konkurrieren zu können. In einer Kolumne in der französischen Tageszeitung Le Monde hieß es, dass der wachsende globale Kampf zwischen den kapitalistischen Großmächten um Märkte einer dauerhaften „Stay-at-home“-Politik im Weg steht und stattdessen Massensterben notwendig mache. „Neue Strategien für die Rückholung von Werken, vielfältigere Lieferketten und die Kontrolle über Schlüsseltechnologien, die in Europa und den USA bereits erforscht wurden, haben jetzt absolute Priorität“, schrieb Le Monde und fügte hinzu: „Deshalb trifft die Trump-Regierung die schreckliche Entscheidung, der Wirtschaft den Vorrang zu geben und einen Teil der Bevölkerung zu opfern, damit die Chinesen kein offenes Spielfeld vorfinden.“ Auch die europäische Bourgeoisie verfolgte diese Politik…“
„Rüstung in Zeiten der Pandemie“ von Jürgen Wagner am 01. November 2020 bei telepolis hebt – als eines der vielen möglichen Beispiele für die Schwerpunkte europäischer Regierungspolitik – hier aus Schweden und Italien – hervor: „… Ein besonders schillerndes aktuelles Beispiel ist Schweden, von dem man eigentlich meinen sollte, das Land habe derzeit andere Probleme als einen zu niedrigen Rüstungshaushalt. Befeuert durch eine an Paranoia grenzende Angst vor Russland hat sich das Land bereits seit einigen Jahren einem konsequenten Aufrüstungskurs verschrieben (“Total Defence”). Schon zwischen 2009 (38,751 Mrd. Kronen) und 2019 (55,969 Mrd. Kronen) stieg der schwedische Haushalt rasant um etwa 45 Prozent an – einen ähnlichen Sprung soll das Budget nun noch einmal in einer deutlich kürzeren Zeitspanne machen. Am 14. März 2020 wurde das Gesetz Totalförsvaret 2021-2025 (Totale Verteidigung 2021-2025) vorgelegt. Es sieht eine Vergrößerung der Armee von aktuell 60.000 auf 90.000 SoldatInnen und einen happigen weiteren Anstieg des Militärhaushaltes vor. Das Budget soll bis 2025 um weitere 40 Prozent (27,5 Mrd. Kronen, 2,65 Mrd. Euro), was der sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Hultqvist stolz mit den Worten kommentierte, es handele sich um die “größte prozentuale Erhöhung der Militärausgaben seit den 1950er Jahren”. Ein weiterer Kandidat, dem nahegelegt werden sollte, sein Geld für sinnvollere Maßnahmen wie ein besseres Gesundheitssystem auszugeben, ist Italien. Doch auch dort werden schon seit einiger Zeit recht große Rüstungsbrötchen gebacken. Mit Großbritannien und Schweden entwickelt das Land derzeit ein hochmodernes Kampfflugzeug (“Tempest”), das dem deutsch-französischen Großprojekt (“Future Combat Air System”) Konkurrenz machen soll (siehe Beschleunigte Rüstungsgroßprojekte). Mit Leonardo (früher: Finmeccanica) hat der zweitgrößte EU-Rüstungskonzern seinen Sitz in Italien (Umsatz 2019: 111 Mrd. Dollar) und auch dahinter verfügt das Land über einige Schwergewichte. So macht zum Beispiel “Navaris”, ein seit November 2019 existierendes Joint Venture, das zu gleichen Teilen der französischen Naval Group und der italienischen Fincantieri gehört, erfolgreich ThyssenKrupp Marine Systems die Geschäfte streitig. So verwundert es auch nicht sonderlich, dass selbst während der in der ersten Welle in Italien besonders heftig wütenden Corona-Krise der Rüstungsindustrie weiter der rote Teppich ausgerollt wurde. Per Regierungsdekret wurde festgelegt, dass zur Eindämmung der Pandemie nur lebensnotwendige Güter produziert werden dürften – und dazu wurde auch die Rüstungsindustrie gezählt...“
„Polens Gesundheitswesen vor dem Kollaps“ von Monika Sieradzka am 30. Oktober 2020 bei der Deutschen Welle zum Ergebnis der rechten Gesundheitspolitik in Polen: „… Eines der größten Probleme ist zur Zeit der Personalmangel, der auch schon vor der Pandemie akut war. Von den 4.000 Ärzten, die jedes Jahr in Polen ausgebildet werden, gehen jeweils mehrere hundert ins Ausland, weil sie nicht im chronisch unterfinanzierten polnischen Gesundheitssystem arbeiten wollen. Die Folgen des Ärztemangels bekommen Rettungssanitäter und Patienten in ganz Polen schmerzhaft zu spüren. Polnische Medien listen derzeit zahlreiche Beispiele von Menschen auf, die auch in bedrohlichem Gesundheitszustand keine Hilfe bekommen, weil COVID-Patienten absoluten Vorrang haben. Aus Gesprächen, die Rettungssanitäter dem Fernsehsender TVN24 zugespielt hatten, geht beispielsweise hervor, dass ein Notfallpatient stundenlang zwischen vier Krankenhäusern hin- und hergeschickt wurde. Das Rettungsteam fragte die Notaufnahme eines der größten Warschauer Krankenhäuser am Ende verzweifelt, ob man den Patienten etwa “vor die Tür hinlegen” solle und rief sogar die Polizei zur Hilfe. Doch auch die konnte die Ärzte nicht zur Aufnahme des Patienten zwingen. Die Intensivstation war mit COVID-19-Kranken belegt...“
„Wie der Privatbesitz die Bekämpfung von Corona hemmt“ von Ali Ruckert am 30. Otober 2020 in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek zur aktuellen Situation in Luxemburg: „… Dazu zählt auch, dass den Krankenhäusern nur 82 Prozent des benötigten Personals bewilligt wird, was bereits in Vor-Corona-Zeiten dazu führte, dass ein Teil des Krankenhauspersonals überlastet war. Inzwischen gehen immer mehr Fachpflegekräfte auf dem Zahnfleisch und fallen regelrecht aus. Daran trägt auch die derzeitige Regierung Schuld, die lieber in militärisches Spielzeug denn in die Ausbildung von Gesundheitspersonal investiert. Dass das Virus nicht konsequent und flächendeckend über längere Zeit bekämpft werden kann, ist auch dadurch begründet, dass die Produktion und alle gesellschaftlichen Strukturen, die damit zusammenhängen, unter allen Umständen aufrechterhalten werden müssen, damit ohne Unterbrechung Mehrwert für die Aktionäre geschaffen werden kann. Das zeigt, wie der Privatbesitz an den großen Produktionsmitteln im Widerspruch zu den gesellschaftlichen Interessen und den Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung steht. Andernfalls wäre es möglich, den in der Vergangenheit geschaffenen Mehrwert – statt dass er in die Taschen einer kleinen Minderheit fließt und in den Investitionsfonds gebunkert wird – zu nutzen, um sämtliche Löhne während eines längeren, aber Erfolg versprechenden »Lockdowns« zu bezahlen, ohne dass die Menschen Lohn- und Kaufkraftverluste hinnehmen müssten...“
„LA SANTÉ COMME INDUSTRIE GÉNÉRATRICE DE NOUVELLE VALEUR“ im Oktober 2020 von und bei Mouvement Communiste ist eine aktuelle Analyse der Gesundheitsindustrie (als Wertschöpfungsmotor) und ihrer Förderung durch die Regierungen. In Teilanalysen, wie etwa „Krankenhaus und Staat“ werden diverse unterschiedliche Länderpolitiken auf ihren gemeinsamen Kern überprüft. Wenn etwa private „Untersuchungsergebnisse“ überall in Vorschlägen münden, wie die Bettenkapazität der öffentlichen Krankenhäuser weiter abgebaut werden können. Solche „Forschungsberichte“ gibt es in zahlreichen Ländern auch etwa in Bezug auf die notwendigen Kapazitäten von Pflegepersonal – samt jeweils entsprechender weiterer Einsparungsmöglichkeiten, wie sie seit Jahrzehnten bekannt und kontinuierlich weiter betrieben werden.
„„In 15 Jahren wurden die Betten in Kränkenhäuser um 69.000 reduziert und zehntausende Arbeitsplätze in der Gesundheit abgebaut. Die politische Klasse ist für das Chaos verantwortlich“ – am 28. Oktober 2020 im Twitter-Kanal von Blxck Mosquito steht hier als Beispiel aus Frankreich für – sehr – zahlreiche Meldungen über die Bilanz und heutige Auswirkungen neoliberaler „Gesundheits“politik der letzten Jahrzehnte, die Regierungen und ihre Lautsprecher versuchen, zu übersehen…
„Le gouvernement continue de supprimer des lits d’hospitalisation : la carte des hôpitaux concernés“ am 29. Oktober 2020 beim Basta Mag ist eine ganz aktuelle kommentierte Landkarte Frankreichs – mit all jenen Krankenhäusern eingezeichnet, wo gerade jetzt, zur selben Zeit des angeblichen confinement wegen Gesundheit Betten und Personal gestrichen werden sollen…
„CRISE SANITAIRE. CONTRE LE TOUT REPRESSIF : SORTONS LA SANTE DE LA MARCHANDISATION, DES MOYENS MAINTENANT !“ am 24.Oktober 2020 bei SUD Santé Sociaux ist Erklärung, Stellungnahme und Aufruf zu Aktionen der alternativen Gesundheitsgewerkschaft – die von einer knappen Zusammenfassung der Kritik an der Politik der „Ware Gesundheit“ ausgeht und deren sofortige Beendigung fordert, wofür alle Formen der Aktionen nötig seien.
„Sperrstunde in Frankreich“ von Bernard Schmid am 29. Oktober 2020 in der jungle world (Ausgabe 44/2020) ist ein knappe Alltagsskizze, in der es unter anderem heißt: „… Wesentlich mehr Aufsehen erregen Proteste gegen der Einschränkungen in der Gastronomie. Erstmals erließ die Zentralregierung Ende September eine regionale Sperrstunde für alle Gaststätten im Raum Marseille. Die Bürgermeisterin Michèle Rubirola von der Partei EÉLV, den französischen Grünen, beschwerte sich, die Zentralregierung habe weder sie noch die Interessenverbände der Gastronomen konsultiert. Der konservativen Regionalpräsident Renaud Muselier reichte gegen die Maßnahmen eine Verwaltungsklage ein. Seit knapp zwei Wochen gilt auch im Großraum Paris eine Ausgangssperre von 21 bis sechs Uhr. Diese hat die Regierung am Samstag noch auf weitere Teile des Landes ausweitete, seither betrifft sie rund zwei Drittel der Bevölkerung Frankreichs. Eine Reportage im privaten Fernsehsender BFM TV zog am Wochenende sogar historische Parallelen zu den Ausgangssperren während der deutschen Besatzung von 1941 bis 1944, während des Algerien-Kriegs 1961 und während der Unruhen in den Pariser Banlieues 2005. Die am Dienstag und Mittwoch tagenden beiden Krisenstäbe der Regierung diskutierten die Optionen eines lockdown wie im Frühjahr, regionaler lockdowns oder einer Verschärfung der bestehenden Ausgangssperre, die dann schon ab 19 Uhr, am Wochenende und für ganz Frankreich gelten solle. Eine Entscheidung war bis Redaktionschluss nicht gefallen. Umstritten ist in der Öffentlichkeit auch, dass es tagsüber erlaubt ist, zu arbeiten und die überlasteten öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen – die Regierung spricht von »Rücksichtnahme auf die Wirtschaft« –, abends auszugehen hingegen nicht. Die linken Parteien La France insoumise und NPA griffen diese Kritik an den Maßnahmen auf. In Paris fanden außerdem kleinere Kundgebungen statt, an denen sich Personen aus dem Umfeld der »Gelbwesten« und anarchistischer Gruppen beteiligten…“
„Face au Covid et à ce pouvoir“ am 29. Oktober 2020 beim Gewerkschaftsbund SUD Solidaires ist Erklärung und Aktionsaufruf der alternativen Föderation, worin grundsätzlich betont wird: „Ihr werdet weder unseren Zorn noch unsere Freiheiten unter Ausgangssperre stellen!“
„Pluie de gaz lacrymogène: le gouvernement réprime les manifestations contre le confinement autoritaire“ von Marcel Ali am 31. Oktober 2020 bei Révolution Permanente berichtet – unter anderem – aus Paris, Nantes und Toulouse von den Versuchen der Polizei am vergangenen Wochenende spontane Proteste niederzuschlagen – in diesen Fällen vergeblich.
„Une contamination sur cinq se produit sur le lieu de travail“ am 29. Oktober 2020 bei der PTB stellt eine Studie aus Belgien vor, in der unterstrichen wird, dass 20% aller Ansteckungen am Arbeitsplatz geschehen – was auch hier ohne jede Konsequenz von Seiten der Regierung bleibt.
„Belgien schließt fast alle Läden“ am 30. Oktober 2020 bei der Deutschen Welle meldet zur Lage in Belgien: „… Die nächtlichen Ausgangssperren in Belgien bleiben bestehen. Kneipen, Restaurants und Cafés, Kultur- und Sportstätten sind ohnehin bereits geschlossen. Die Kontaktbeschränkungen werden nun weiter verschärft, wie De Croo sagte. Künftig dürfen Belgier demnach nur einen Besucher pro Woche zu Hause empfangen; bei Alleinstehenden sind es zwei. Bislang waren es – mit Maske – vier. Die Schulferien werden bis zum 15. November verlängert. Zum Teil soll es dann mit Fernunterricht weitergehen. (…) Die bisherigen Maßnahmen haben nicht zu einer Entlastung geführt. Vielmehr verschärfte sich in den vergangenen Wochen die Lage in den Krankenhäusern dramatisch. Die Grenzen der Kapazität wurden mitunter schon erreicht. Zahlreiche Patienten mussten in andere Krankenhäuser transferiert werden. Vier Patienten seien nach Deutschland gebracht worden, sagte Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke…“
„In Belgien warten die Patienten teils auf den Krankenhausfluren darauf, dass die anderen Kranken sterben“ am 28. Oktober 2020 im Twitter-Kanal von Pastinho ist keine kühne oder erfundene Behauptung – sondern Kommentar zu einer Meldung über eine öffentliche Mitteilung eines belgischen Krankenhauses…
„Santé: «Ils nous ont donné le petit doigt parce qu’ils savaient qu’on allait prendre le bras»“ am 29. Oktober 2020 bei Solidaire ist ein Gespräch mit dem selbstorganisierten (gewerkschaftsübergreifenden und nichtorganisierten) belgischen Kollektiv „Santé en Lutte“ über einige kleinere Erfolge, die sie bereits errungen haben – „nur durch Kampf, und der wird weiter gehen“.
„Italien in der Pandemie“ von Maurizio Coppola am 29. Oktober 2020 bei der Plumpe (Berlin) zur allgemeinen Entwicklung in Italien unter anderem: „… Besonders betroffen von diesen Verarmungsprozessen sind Arbeiter*innen im informellen Sektor. Im Tourismus und der Gastronomie beispielsweise konnte auch das Kündigungsverbot den Job von zehntausenden von Menschen nicht retten, da viele ohne Vertrag arbeiten. Zudem gab das Virus den geographischen Regionen praktisch den Todesstoß, die schon vor dem Corona-Ausbruch ökonomisch noch den Vorkrisenzahlen 2008-2012 hinterher hinkten: Im Süden Italiens, wo die offizielle Arbeitslosenquote schon knapp 20% beträgt, rechnet man bis Jahresende mit dem Verlust von weiteren 650.000 Arbeitsplätzen. Diese soziale Situation bereitet den Politiker*innen Sorgen. Die italienische Innenministerin Luciana Lamorgese erklärte noch vor einigen Wochen in der nationalen Presse, die Politik müsse sich auf einen «heissen Herbst» gefasst machen, falls Unternehmen und Regierung nicht gewillt seien, die Notlage zahlreicher Arbeiter*innen ernst zu nehmen. Der Kochtopf brodelt und es bleibt offen, welchen Weg die Verteilungskämpfe in Italien einschlagen werden“.
„La colère sociale explose à Naples et dans toute l’Italie contre l’hypothèse d’un nouveau confinement“ am 29. Oktober 2020 bei Numéro Zéro ist eine Sammlung lokaler Beiträge aus Italien, worin die Regierungspropaganda aus Rom „Alles Faschisten“ (die gegen sie demonstrieren) mit der wesentlich komplexeren Wirklichkeit nicht nur aus Neapel, sondern auch aus Mailand und Turin kontrastiert wird – wo es zwar Aktionen der Nazis gab, aber eben, wie anhand von Beispielen deutlich gemacht wird, bei weitem nicht nur von denen.
„El toque de queda es una medida absurda, inefectiva y autoritaria“ von der CGT am 25. Oktober 2020 bei kaosenlared dokumentiert ist eine Stellungnahme der alternativen Föderation in Spanien, die frontal gegen die neue Ausgangssperre als reaktionäre Maßnahme Position bezieht und zu Aktionen dagegen aufruft.
„Ni se aforan trenes y estaciones. Ni se ventila, las ventanillas cerradas, aire acondicionado expande virus, no ponen vinilo de cobre en barras y pulsadores, no reforman sistemas de puertas antiguos“ am 30. Oktober 2020 im Twitter-Kanal der Solidaridad Obrera Betriebsgruppe Metro Madrid ist ein Video über die Situation den Zügen – die die Menschen laut Regierung benutzen sollen, wenn sie malochen gehen. Kommentare überflüssig – sowohl zu dieser Situation, als auch zu dieser Regierung…
„Barcelona auf den Beinen gegen eine Welle von Zwangs-Entmietungen mitten in der COVID19-Pandemie. Alleine in Barca gab es seit Mitte September mehr als 800!“ am 01. November 2020 im Twitter-Kanal der FAU
ist eine Meldung über die Massenproteste am Wochenende in Barcelona, die von Mietervereinigungen organisiert werden
„Auch heute wieder kleine Aktionen während der Ausgangssperre“ am 30. Oktober 2020 im Twitter-Kanal des Alten Punk gegen Langeweile ist ein Bestandteil der nahezu täglichen Berichte über Protestaktionen selbstorganisierter Gruppen gegen die Rechtsregierung in Slowenien und deren reaktionäre Epidemie-Politik.
„Governo protege lucros capitalistas e usa a repressão para fingir que combate a pandemia!“ am 16. Oktober 2020 bei Em Luta kritisierte die Maßnahmen der angeblich linken Regierung in Portugal – die keinen Unterschied zu denen anderer Regierungen aufweisen – als Maßnahmen, die lediglich der Sicherung der Profite und nicht der Gesundheit dienen.
„Sindicato de enfermeiros mantém greve de cinco dias apesar da pandemia“ am 30. Oktober 2020 bei Sico Notícias meldet, dass die alternative Pflegegewerkschaft Sindicato Democrático dos Enfermeiros de Portugal (Sindepor) in Portugal ihren 5-Tage-Streik im November trotz den entsprechenden Erlassen der Regierung durchführen werde, weil es ein Kampf zur Stärkung des Gesundheitswesens sei, der gerade jetzt nötig sei.
Quelle: labournet.de… vom 3. November 2020
Tags: Arbeiterbewegung, Covid-19, Gesundheitswesen, Neoliberalismus, Neue Rechte, Service Public, Widerstand
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