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NEIN ZUR UNTERNEHMENSSTEUERREFORM III (USR III)

Eingereicht on 19. August 2016 – 19:04

Antikapitalistische Linke. Die Aktionäre haben allen Grund zur Freude: Am 17. Juni 2016 hat die vereinigte Bundesversammlung die USR III angenommen. «Mit der Unternehmenssteuerreform III (USR III) soll die Attraktivität des Steuerstandortes Schweiz gestärkt und die internationale Akzeptanz wiederhergestellt werden», schreibt der Bund.

Der Anlass dafür ist die von der EU und der OECD geforderte Abschaffung des speziellen Steuerstatus. Dieser erlaubt einigen international tätigen Unternehmen, die ihren Firmensitz in der Schweiz haben, auf ihren Gewinnen sehr tiefe Steuern zu bezahlen. Die rechten Parteien haben diesen Vorwand benutzt, um den «Unternehmen und ihren Aktionären noch grössere Privilegien zuzugestehen» (SGB).

Förderung des Steuerdumpings

Die USR III erlaubt, dass die Kantonsregierungen die Besteuerung juristischer Personen drastisch senken. Für diesen Zweck erhöht der Bund den Anteil der direkten eidgenössischen Steuern, den er an die Kantone rückvergütet, von 17% auf 21,2%. Die Bundeskasse finanziert so das Steuerdumping jährlich mit 1,1 Milliarden Franken.

Die Konzerne reiben sich die Hände: «Viele ausländische Gesellschaften haben sich darauf eingerichtet, ungefähr 24 % Besteuerung ihres Gewinnes zu versteuern. Denn ihre Aktivitäten (…) gestehen ihnen keinen steuerlichen Spezialstatus zu. Eine gute Neuigkeit: Diese Gesellschaften werden je nach Kanton lediglich 12% bis 16% bezahlen» (Philippe D. Monier, Vertreter internationaler Firmen).

Neue Vergünstigungen für die Konzerne

Zusätzlich zu den reduzierten Steuersätzen schlägt die USR III ein «Bündel von Steuerinstrumenten» zugunsten der grossen Firmen vor: Die sogenannte Lizenzbox erlaubt ihnen, bis zu 90% der Einnahmen aus geistigem Eigentum von den Steuern abzuziehen; Die Kosten für Forschung und Entwicklung können bis zu einer Höhe von 150% abgezogen werden; Die Kantone können den Firmen, die zu einem grossen Teil aus Eigenmitteln finanziert sind, vom besteuerten Gewinn einen Betrag abziehen, der dem fiktiven oder «kalkulatorischen» Zins entspricht, den sie bei einer Börsenplatzierung dieses Kapitals erzielt haben könnten – eine wahre «Zauberkiste» für die Firmen; Schliesslich wird die «Steuerbefreiung» von bis zu 100% während zehn Jahren weiterhin möglich sein.

Weitere Massnahmen, die aus dem USR III Paket entfernt wurden, um dessen Akzeptanz zu erhöhen, sind schon in Vorbereitung.

Die USR III wischt jeden Rest von sozialem Ausgleich hinweg. Die grossen Firmen werden zu 3% besteuert, während die Personen zwischen 15% und 30% ihres Einkommens versteuern, wie Christian Levrat (SP-Präsident) feststellte.

Milliardenausfall bei den Einnahmen

Diese Steuergeschenke werden grosse Verluste an Steuereinnahmen beim Bund, den Kantonen und Gemeinden verursachen. Sébastien Guex, Professor an der Uni Lausanne und Spezialist in Steuerfragen, schätzt diesen Verlust an Steuern auf 5 bis 8 Milliarden Franken im Jahr.

Neue Angriffe auf den öffentlichen Dienst (Bildung, öffentlicher Verkehr, Spitäler usw.) und auf die Sozialwerke werden dadurch politisch begünstigt. Auch die Löhne und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im öffentlichen Sektor werden unter Druck kommen. Indem die NZZ dieser Gegenreform vorauseilt, ruft sie die Kantone auf, «ihre Sparanstrengungen fortzusetzen» (18.6.2016).

Steuerparadies für die Reichen

In der Schweiz profitieren die Superreichen und Firmenbesitzer seit jeher schon von bedeutenden Steuervergünstigungen: Niedrige Steuersätze auf Vermögen, hohe Einkommen, Gewinn und Kapital; Steuerlich Vorteilhafte Abschreibungsregeln; Keine (nationale) Erbschaftssteuer; Steuerdumping zwischen den Kantonen. Der internationale Vergleich der Gesamtsteuerbelastung zeigt, dass die Schweiz ein sehr wettbewerbsfähiges Steuersystem besitzt.

Seit dem Beginn der «neoliberalen» Offensive für die Steuerbefreiung des Kapitals nach 1990 hat der Staat den Reichen neue Steuergeschenke gemacht: Senkung der Stempelsteuer, Abschaffung der Kapitalsteuer, massive Senkung der Dividendenbesteuerung, Steuergrenzen für sehr hohe Einkommen, Abschaffung der Erbschaftssteuer in mehreren Kantonen usw. Gleichzeitig wurde mit Unterstützung der SP die unsoziale Mehrwertsteuer (MWSt) eingeführt (1995): Sie wälzt einen Teil der Steuerlast von den Wohlhabenden auf die Mehrheit der Bevölkerung, die nur über niedrige Einkommen verfügt.

Reichtumsverteilung von unten nach oben

Im Kapitalismus erfolgt die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums zwischen Kapital und Arbeit primär über die Aneignung des von den Lohnabhängigen geschaffenen Mehrwerts durch die Kapitalisten, sekundär über den Steuerstaat. Die verbreitete Vorstellung, dass der Schweizer Staat (Bund, Kantone und Gemeinden) eine gegenüber der kapitalistischen Wirtschaft starke, sozial ausgleichende Funktion wahrnehmen würde («Gleichmacherei»), ist ein Mythos. Die soziale Ungleichheit in der Schweiz war bereits im 20. Jahrhundert angesichts der relativen Schwäche der Arbeiterbewegung sehr ausgeprägt. Sie hat sich seither verstärkt.

Die Unternehmer konnten die Wirtschaftskrisen seit den 1990er Jahre benutzen, um hohe Arbeitszeiten aufrecht zu erhalten, die Arbeit zu intensivieren, Leute zu entlassen und prekäre Arbeitsbedingungen einzuführen. Die Reallöhne stagnierten. Von den Produktivitätsgewinnen profitierte das Kapital. Der Staat unterstütze es systematisch mit Steuergeschenken und mit Sparmassnahmen bei öffentlichen Ausgaben.

Ein Schlaraffenland für die Vermögenden

Das Resultat ist eine enorme Steigung der privaten Profite. Die Dividenden der SMI (Swiss Market Index)-Firmen stiegen von 10,2 (1997) auf 36,5 Milliarden Franken (2012). Das Vermögen der 300 reichsten Personen in der Schweiz stieg von 82 auf 589 Milliarden Franken zwischen 1989 und 2015. Die Direktinvestitionen der Schweiz im Ausland nahmen rasant zu: Ihr Kapitalbestand betrug im Jahr 2012 1070,5 Milliarden Franken, gegenüber 190,6 Milliarden im Jahr 1996. Die Schweiz ist wahrlich das Paradies des Kapitals.

USR III verhindern und für Steuergerechtigkeit einstehen

Die Antikapitalistische Linke (AKL) engagiert sich im Referendum gegen die USR III aber auch gegen Kürzungen beim öffentlichen Dienst und den Sozialausgaben. Ja, es braucht eine Steuerreform in der Schweiz – zu Lasten der Kapitalisten und zu Gunsten der einfachen Bevölkerung: Starke Progression bei der Einkommens- und Vermögenssteuer, Einführung einer Kapitalgewinnsteuer und Abschaffung der Mehrwertsteuer. www.bresche-online.ch

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