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Frankreich, Mai 68: Alles war möglich

Eingereicht on 15. Mai 2018 – 16:22

Jürgen Roth. Alte Schwarzweißfilme zeigen Steine schleudernde Pariser StudentInnen inmitten von Tränengaswolken. Medien schwelgen von einem Studentenaufstand, der wie aus dem Nichts kam und für antiautoritäre Politik stand. Kommentare konstatieren deprimiert, dass die BarrikadenkämpferInnen vom bürgerlichen Establishment aufgesogen wurden, heute sind sie ChefjournalistInnen, Fernsehpromis oder sogar MinisterInnen.

Das Wesentliche berühren solche Reminiszenzen nicht: die StudentInnenrevolte war der Initialzünder heftiger Aktionen der Lohnabhängigen, die zu einem Generalstreik von über 10 Millionen ArbeiterInnen führten. Präsident De Gaulles floh nach Deutschland. Alles war möglich.

Bewegung aus dem Nichts?

Seit 1960 hatte sich die Studentenzahl verdreifacht, eine Folge der technologischen Erfordernisse des langen Nachkriegsbooms. Vorlesungssäle, Studentenheime, Kantinen waren hoffnungslos überfüllt. Hinzu kamen kleinliche Vorschriften, insbesondere bezüglich der Sexualität (Geschlechtertrennung in den Heimen). Ministerpräsident Pompidou entwarf eine Bildungsreform, um „faule” Studierende loszuwerden – durch Entwertung der Abschlüsse, wenn sie nicht in der Regelstudienzeit erfolgten.

Die Explosion der Studierendenzahl ging einher mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 450.000 Anfang 1968. Der lange Wirtschaftsboom der 1950er und 60er ging zu Ende. Die Zukunftsperspektiven der Jugend war düster, die Gegenwart trist. Wahlrecht gab es erst ab 21. Die Regierung kontrollierte langweilige und konformistische Medien. Die Jugend fühlte sich just zu einem Zeitpunkt davon abgestoßen, als Britannien und die USA einen Ausbruch „freier Jugendkultur” erlebten, während Frankreich durch den autoritären und asketischen Stil des Halbbonaparten De Gaulle und seiner V. Republik geprägt war – ähnlich der miefigen Atmosphäre der Ära Adenauer.

Der wichtigste Faktor für die Jugendpolitisierung war der Vietnamkrieg. In Paris fanden wöchentlich Solidaritätsdemonstrationen statt.

So wie die Studentenbewegung offensichtliche Wurzeln hatte, war auch der Generalstreik im Mai/Juni kein spontanes Ereignis. Seit Frühjahr 1967 gab es Streiks, Betriebsbesetzungen und Konflikte mit der Polizei durch eine Arbeiterklasse, deren Lebensstandard im Vergleich zu anderen EWG-Ländern niedrig war: niedrigste Löhne, höchste Steuern und längste Arbeitswoche (bis zu 52 Stunden). Mit dem Ende des Booms erließ die Regierung Dekrete, die das Sozialversicherungswesen angriffen und die Arbeitslosigkeit zunehmen ließ.

Die Antwort der Gewerkschaften waren leicht kontrollierbare Kampagnen. Am 13. Dezember 1967 nahmen Millionen ArbeiterInnen an einem Aktionstag gegen Einschnitte in Sozialversicherungs- und Gesundheitswesen teil. Die Gewerkschaftsführungen kanalisierten deren Kampfwillen, indem sie eine weitere Demonstration erst für den Mai anberaumten.

Ein letztes Anzeichen für die kommenden Ereignisse war der sinkende Einfluss der Kommunistischen Partei (KPF), besonders in der Jugend. Unter SchülerInnen war er praktisch Null. Einer Generation, welche die Freuden der „sexuellen Revolution” auskosten wollte, boten die StalinistInnen zwei nach Geschlechtern getrennte (!) Jugendorganisationen an.

Ausbruch studentischen Unmuts

Die französische Bourgeoisie ignorierte die Gefahr. Pompidou meinte: „Heute ist es schwer zu rebellieren, weil es nichts gibt, gegen das man rebellieren könnte.” Auch die radikale Linke unterschätzte, wie explosiv die Situation war. Ernest Mandel, Führer des Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale (VS), konstatierte bezüglich Frankreich und Britannien: „Es gibt keine vorrevolutionäre Situation in diesen Ländern.”

In Nanterre, dem Zentrum der StudentInnenunruhen, führten die JCR (Jeunesse communiste révolutionnaire = revolutionär-kommunistische Jugend) und andere „linksextreme” Tendenzen Kampagnen gegen die Universitätsreform, gegen den Vietnamkrieg und für freie politische Betätigung an den Unis. Offiziell war die JCR zwar nicht die Jugendorganisation des „Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale“ (VS), aber sie wurde von einer Geheimfraktion des VS in der Kommunistischen Partei geführt.

Im Dezember 1967 streikten 10.000 StudentInnen. Es gab Kämpfe mit der Polizei. In Reaktion auf Verhaftungen gründete sich die „Bewegung des 22. März”. Sie richtete sich gegen die repressiven Verhältnisse an den Unis und organisierte Diskussionszirkel. Ein für den 3. Mai angesetzter antiimperialistischer Aktionstag wurde von FaschistInnen bedroht. Daraufhin wurde die Alma Mater bis Ende Juni geschlossen – dem Zeitpunkt der Abschlussprüfungen. Das motivierte die Bewegung zu einer Protestveranstaltung an der Pariser Sorbonne.

Die Spannung war auf dem Siedepunkt: überall Aufstandspolizei (CRS), faschistische Überfälle, StudentInnen, die den Zugang der Uni kontrollierten. Die Uni-Behörde drohte mit Räumung. Ohne eine Reaktion abzuwarten, knüppelten die Bullen los. Es begann eine Straßenschlacht, bei der die StudentInnen Pflastersteine warfen. Trotzdem besetzte die CRS unter Einsatz von Tränengas die Uni. Am 6. Mai gab es Solidaritätsaktionen der DozentInnen und der Studentengewerkschaft UNEF. Vor Betrieben wurden Flugblätter verteilt. Am 6. Mai marschierten 30.000 StudentInnen und Arbeiterjugendliche durch Paris. Es folgten tägliche Demos mit bis zu 60.000 Beteiligten.

Am 8. Mai versuchte die KP, die vorher die Demonstrierenden als „kleinbürgerliche Unruhestifter” denunziert hatte, sich an die Spitze zu setzen. Die Studierenden lehnten das jedoch ab.

Provoziert durch die Weigerung des Erziehungsministeriums, die Sorbonne und Nanterre wieder zu öffnen, versuchten am 10. Mai 30.000 StudentInnen, das Quartier Latin zu erobern. Eine heftige Straßenschlacht begann, immer mehr Jugendliche strömten ins Viertel, die Polizei geriet in die Defensive. Nach dieser „Nacht der Barrikaden”, in der die StudentInnen Pflastersteine, Bäume und brennende Autos als Waffen einsetzten, kippte angesichts der Brutalität des Staates die bürgerliche öffentliche Meinung zugunsten der Protestierenden.

Alles vorbei?

Pompidou kehrte hastig von einem Staatsbesuch zurück. Als „verantwortungsvollem” bürgerlichen Politiker reichte ihm ein Blick, um zwecks Deeskalation die Öffnung der Universitäten und die Rücknahme der „Bildungsreform” zu verkünden. Am 13. Mai fand daraufhin eine Siegesdemonstration mit bis zu einer Million TeilnehmerInnen statt.

Regierung und reformistische Gewerkschaftsführung wähnten die Gefahr vorüber. Aber sie hatten die Rechnung ohne die ArbeiterInnen gemacht!

Am 14. Mai besetzten FlugzeugbauerInnen in Nantes „ihre” Fabrik, sperrten die Chefs ein und riefen die anderen Lohnabhängigen der Stadt zur Solidarität auf, ermuntert vom Erfolg der Studierenden. Entscheidend war der Streikbeginn bei Renault-Billancourt am 16. Mai. Dieses Werk verkörperte wie kein anderes das industrielle Herz der französischen ArbeiterInnenklasse. Sie galt als die Bastion der PCF und ihrer Gewerkschaft CGT. Die Bewegung dort wurde gegen die örtliche Gewerkschaftsführung von JungarbeiterInnen entfacht.

Innerhalb weniger Tage, ohne Aufruf durch die Gewerkschaftsführungen standen 2/3 (!) der 15 Millionen französischen ArbeiterInnen im Generalstreik, teilweise über einen Monat lang! Ihre Forderungen reichten von Lohnerhöhungen über die Entfernung autoritärer ManagerInnen bis zur Beendigung der Angriffe auf die Sozialversicherung. Nicht bestreikte Firmen wie Peugeot waren paralysiert. Zechen, Werften, Transportwesen waren geschlossen im Ausstand. In der Medienindustrie kämpften die Streikenden für ArbeiterInnenkontrolle. Selbst TaxifahrerInnen, KünstlerInnen, FußballerInnen machten spontan mit. Die Bewegung wurde zum größten und längsten Generalstreik in der Geschichte Europas! Sie warf objektiv die Frage auf: Wer, welche Klasse regiert Frankreich?

Mit dem Wachstum des Generalstreiks wurden die bis dahin untätigen reformistischen Arbeiterführungen aktiv – gegen den Streik und für die bedrängte herrschende Klasse! Nachdem die Zeitung der PCF, L’Humanité, die BarrikadenkämpferInnen des 10. Mai als „ProvokateurInnen” und „Abschaum” bezeichnet hatte, versuchte sie alles, den Einfluss der „linksextremen” Gruppen auf die ArbeiterInnenschaft gering zu halten. Nach der Betriebsbesetzung von Billancourt verschloss die CGT die Fabriktore vor den DemonstrantInnen. Sie „warnte” die ArbeiterInnen vor Leuten „von außerhalb der ArbeiterInnenbewegung, die der herrschenden Klasse dienen”!

Wo es Besetzungen gab, schickten die Gewerkschaften die ArbeiterInnen nach Hause, um zu verhindern, dass sich diese Ansätze von Klassenunabhängigkeit in Keimzellen von ArbeiterInnenkontrolle und Räten verwandelten. Wo Streikkomitees existierten, bestanden sie meist aus örtlichen GewerkschaftsführerInnen. Sie versuchten alles, um die ArbeiterInnenbewegung von den StudentInnen abzuschotten: am 24. Mai fanden getrennte, Großdemonstrationen in Paris statt – eine von der CGT ausgerufen, die andere von der UNEF! In der Provinz vermischten sich beide Bewegungen stärker, bedrohten die Macht der Bürokratie und offenbarten das Potential für einen geeinten Stoß gegen die Regierung.

Durch den Druck der Ereignisse trat Pompidou in einen Verhandlungsmarathon mit den GewerkschaftsführerInnen ein. Eine Lohnerhöhung um 7%, Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns, Stornierung mancher Angriffe auf die Sozialversicherungen – das waren die „tarifvertraglichen” Brosamen, die die offizielle ArbeiterInnenführung vom Tisch der Kapitalistenregierung zum Ausverkauf ihrer Mitgliedschaft mit nach Hause nehmen durfte.

Die Basis indessen buhte ihre reformistischen AufseherInnen gnadenlos aus, als sie ihr diesen “Deal” schmackhaft zu machen versuchten! Die ArbeiterInnenklasse akzeptierte das Abkommen nicht – zum Entsetzen ihrer Führungen. Die Streikenden hatten nicht für solche kümmerlichen Ergebnisse gestreikt! Sie drängten auf fundamentale, politische Verbesserungen!

Für eine Volksregierung?

Unter der Parole “Für eine Volksregierung” marschierten am 29. Mai 600.000. Es roch wie 1936 nach einer Volksfront, einem Regierungsbündnis aus Organisationen von ArbeiterInnenklasse und Bourgeoisie zur Abwendung eines Sturzes des Kapitalismus. De Gaulle floh nach Deutschland. Ministerien verbrannten ihre Archive. Als De Gaulle zurückkehrte, erklärte er „großherzig” den Verzicht auf den Einsatz der Armee gegen den Generalstreik! Statt dessen rief er Neuwahlen aus. Die StalinistInnen waren erleichtert. Die Wahlen und die sich andeutende Volksfront wären ein gutes Ventil, um den Druck aus der Bewegung zu nehmen.

Unter den Streikenden gab es erheblichen Widerstand gegen diesen Vorschlag. Aber ohne ein anderes Ziel, ohne weiterführende Kampfperspektive, gingen sie – ungeschlagen – wieder zur Arbeit!

Die stalinistischen Abwürger der ansteigenden revolutionären Welle erlitten eine vernichtende Wahlniederlage und verloren mehr als die Hälfte ihrer Sitze (34 von 73). Die GaullistInnen dagegen gewannen zu ihrem eigenen Erstaunen 55%. Allerdings hatten Jugendliche unter 21 Jahren kein Wahlrecht und 300.000 im Wahlrechtsalter waren nicht wahlberechtigt, weil die Regierung die Wahllisten nicht aktualisierte. Die PCF war die einzige zur Wahl stehende (bürgerliche) Arbeiterpartei. Die linksreformistische PSU und der Rest der in der IV. Republik gescheiterten Sozialdemokratie (SFIO) hatten keinen Massenanhang. Die PCF hatte gerade den Generalstreik ausverkauft und verraten und eine weitergehende, revolutionäre Perspektive verhindert. Daraus zogen JungarbeiterInnen und StudentInnen den falschen, wenn auch subjektiv verständlichen Schluss, dass “nur Idioten wählen gehen”.

Revolutionäre Situation

Im Mai 68 gab es eine revolutionäre Situation. Einige Fabriken waren besetzt und es existierten dort Organe einer Doppelherrschaft. Die meisten Firmen hatten aber kein Streikkomitee bzw. es war nicht von den ArbeiterInnen direkt gewählt. Von gesellschaftlicher Verallgemeinerung der Doppelmachtansätze war noch weniger zu spüren. Ausnahmen wie Nantes bestätigen die Regel.

Die Aktionskomitees der extremen Linken umfassten zwar Studierende und ArbeiterInnen. Aber diese Einheitsfrontorgane waren eher Diskussionsforen als handelnde (Macht)Organe und existierten nur in einem Viertel der bestreikten Betriebe.

Aber allein schon durch Ausmaß und Länge des Generalstreiks war die Machtfrage gestellt – auch, wenn auch der bewaffnete Aufstand und die proletarische Machtergreifung nicht auf die Tagesordnung kamen.

In der zweiten Maihälfte bestand die unmittelbare Tagesaufgabe in der Wahl und Verallgemeinerung demokratisch gewählter Streikkomitees sowie Aktionsräten aller Ausgebeuteten und Unterdrückten. So hätte verhindert werden können, die politische Initiative wieder an De Gaulle zu verlieren.

Die StudentInnen und die “radikale” Linke hatten keine klare strategische Antwort auf die Position der bürgerlichen Arbeiterparteien – vor allem der KP – und der Gewerkschaftsverbände, insbesondere verfügten sie über keine Taktik, wie und um welche Forderungen die Kämpfe weiter getrieben und den ReformistInnen die Machtpositionen in den Gewerkschaften entrissen werden konnten. Hier zeigte sich überdeutlich, dass es keine organisatorische und programmatische Kontinuität des revolutionären Marxismus mehr existierte.

Doch die BürokratInnen hingegen hatten eine Antwort auf die Machtfrage: die Bourgeoisie sollte weiter im Sattel bleiben! Auch die StalinistInnen hassten die Revolution. Sie waren nicht nur mit der V. Republik „zufrieden”. Sie standen wegen seines verbalen Antiamerikanismus hinter De Gaulle, weil dieser der Diplomatie der UdSSR im Kalten Krieg gerade recht kam.

Um in jenen Wochen die Kluft zwischen den Wünschen nach unmittelbaren Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, nach mehr Demokratie einerseits und dem Verlangen nach einer anderen Klassenmacht andererseits zu schließen, hätten revolutionäre MarxistInnen für die Stärkung der Arbeiterkontrollbewegung in den Betrieben eintreten, eine ArbeiterInnenregierung fordern und die Weigerung der reformistischen (Ver-)FührerInnen, um die Macht zu kämpfen, aufdecken müssen, um so deren Kommandohoheit über die Klasse zu beenden. Auch Forderungen nach einer massiven Kampagne für Gewerkschaftseintritte, gekoppelt mit der Kontrolle über Lohnhöhe und Arbeitszeit von unten statt durch die Bürokratie, nach Verteidigung der Besetzungen gegen die CRS hätten eine bedeutende Rolle spielen müssen.

Eine Verbreiterung der Massenbewegung über die Industriearbeiterschaft hinaus war keine unwesentliche Sache angesichts des beträchtlichen Bevölkerungsanteils auf dem Land und der Neutralisierung der bewaffneten Staatsorgane. Ansätze dazu gab es. Einige Bauernorganisationen erklärten sich solidarisch mit den Kämpfenden. Das 15. Infanterieregiment rief zur Bildung von Soldatenkomitees auf und erklärte, nicht auf Streikende zu schießen. Mitte Mai drohte selbst die Gewerkschaft der normalen Polizei – nicht der CRS – mit Streik.

Schließlich hätte nicht nur der Rücktritt De Gaulles gefordert werden müssen, sondern die Zerschlagung der V. Republik. Statt für Parlamentswahlen hätten KommunistInnen für die Verallgemeinerung der Streikkomitees und der Organisationen der Arbeiterkontrolle agitiert. Deren demokratische Zentralisierung auf nationaler Ebene – Grundlage einer ArbeiterInnenregierung – war zur Tagesaufgabe geworden. Die Situation im Mai/Juni 1968 besaß alle Voraussetzungen zur Entwicklung einer Doppelmacht – ArbeiterInnen- und Soldatenräte contra bürgerliche Staatsmacht.

Trotz des tragischen Finales prägte der Mai 1968 den französischen Klassenkampf zutiefst. De Gaulle verlor seinen Mythos der Unbesiegbarkeit und zog sich aufs Altenteil zurück. Sein „starker Staat” wurde von Pompidou teilweise reformiert.

Auswirkungen

Die PCF begann ihren bis heute ununterbrochenen Niedergang, auf dessen Rücken sich für mehr als drei Jahrzehnte die erledigt geglaubte Sozialdemokratie wieder erheben konnte (PSF, Mitterand). Zu ihrer Linken kam es zur Stärkung bzw. Gründung zentristischer Gruppen mit erheblichem Einfluss. Anders als in Deutschland konnten die drei sich auf den Trotzkismus berufenden Gruppierungen (LCR, LO, PO) bei Wahlen bis zu 11% der Stimmen auf sich vereinigen!

Im Unterschied zum französischen Mai 1968 erleben wir heute eine Mischung aus einer sich verschärfenden kapitalistischen Krise, Zerfall und Marginalisierung der reformistischen Parteien, den Aufstieg des Populismus und autoritärer Herrschaftsformen – nicht nur auf Seiten der extremen Rechten, sondern auch in Gestalt des Regimes Macron.

Doch die ArbeiterInnenbewegung befindet sich in einer tiefen politischen Krise, trotz der Kampfbereitschaft und -fähigkeit von wichtigen Sektoren wie dem der EisenbahnerInnern. Die reformistische Linke versinkt verdientermaßen in Agonie oder passt sich – wie Mélenchon – dem französischen Nationalismus und Populismus an. Die „radikale Linke“, einschließlich der aus dem Trotzkismus stammenden Organisationen wie „Lutte Ouvrière“ (LO) oder „Nouveau Parti anticapitaliste“ (NPA), erweist sich jedoch als unfähig, einen Ausweg zu weisen. Die Ursache dafür liegt letztlich auf politischer, programmatische Ebene – das Versagen, ein revolutionäres Aktionsprogramm als Antwort auf die Krise zu entwickeln und auf dieser Grundlage alle jene zu vereinen, die nach eine revolutionären Alternative suchen.

Quelle: arbeiterinnenmacht.de… vom 15. Mai 2018

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