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Die NATO lässt Afghanistan in katastrophalem Zustand zurück

Eingereicht on 6. Oktober 2021 – 16:02

“Begleitet von neuen Schutzmaßnahmen und von ernsten transatlantischen Differenzen hat der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan begonnen. Der erste große Militäreinsatz der Bundeswehr außerhalb Europas ist komplett gescheitert: War die Entsendung der deutschen Soldaten Ende 2001 noch von hehren Ankündigungen begleitet worden (“Frieden”, “Menschenrechte”), so kehren sie nun aus einem desaströs verelendeten, von Gewalt geprägten und im Bürgerkrieg versinkenden Land heim. Zum Schutz ihres Abzuges musste eigens noch ein Mörserzug an den Hindukusch geflogen werden. Zuvor hatte die Biden-Administration ihre Verbündeten mit einem neuen Alleingang bei der Entscheidung über die Beendigung des Einsatzes düpiert. (…) Während weithin Konsens über das Scheitern des 20-jährigen NATO-Krieges am Hindukusch herrscht, findet die deutsche Verteidigungsministerin lobende Worte. “Wir verlassen Afghanistan mit Stolz”, erklärt Annegret Kramp-Karrenbauer: “Wir haben alle Aufträge erfüllt, die uns vom Parlament gegeben wurden.” Bericht vom 4. Mai 2021 von und bei German-Foreign-Policy – die Grafik “Wenn sie erst befreit sind, dürfen sie für 5 $ Cent für uns schuften” hat Toldi 2012 für den den Afghanistan-Krieg im LabourNet-Archiv erstellt, fast weitsichtig – siehe auch:

  • [Afghanistan] Taliban-Tribunal soll offenbar über Ex-Ortskräfte richten 

“Die Taliban hatten internationalen Ortskräften eine Generalamnestie versprochen. Nun werden einem Medienbericht zufolge Vorladungen für ein Tribunal verschickt. »Verrätern« solle »eine Lektion erteilt werden«. (…) Das berichtet der niederländische Fernsehsender NOS unter Berufung auf schriftliche Vorladungen, die offenbar von der radikalislamischen Gruppierung verschickt worden sind. Ein SPIEGEL-Reporter, der sich zurzeit in Afghanistan befindet, konnte den Vorgang zunächst nicht bestätigen. (…) Der Sender zeigt in seinem Bericht eine der Vorladungen. Sie ist an einen früheren einheimischen Mitarbeiter der ehemaligen EU-Polizeimission in Afghanistan (EUPOL Afghanistan) gerichtet. Dem Mann wird darin vorgeworfen, er habe als Übersetzer für Ausländer gearbeitet und deren »entehrendes und verbotenes Geld« angenommen. In einem anderen Brief an einen ehemaligen Dolmetscher heißt es: »Wir werden uns rächen. Wenn es uns nicht gelingt, Sie zu fassen, werden wir das mit Ihren Angehörigen regeln.« (…) NOS hat nach eigenen Angaben Kontakt zu rund einem Dutzend ehemaliger Ortskräfte der Niederlande. Ihre Lage in dem Land werde immer dramatischer, heißt es in dem Bericht…” Meldung vom 2. Oktober 2021 beim Spiegel online

  • Rechtsbruch beenden! Erfüllung der menschenrechtlichen Verpflichtung gegenüber lokal Beschäftigten, Familienangehörigen und Schutzsuchenden aus Afghanistan
    Pro Asyl, Rechtsanwält*innen, Jurist*innenorganisation und nationale sowie europäische Anwält*innenorganisationen erklären und fordern: Die zugespitzte Lage in Afghanistan wurde für den Fall des Abzugs der westlichen Streitkräfte von Expert*innen einhellig vorhergesehen. Davon unbeeindruckt führt das Bundesamt für Migration und Flüchtlingen (BAMF) in einer Stellungnahme in einem gerichtlichen Verfahren noch am 10.08.2021 aus: »Die Bedingungen, auf die Rückkehrer nach Kabul treffen, sind nicht derartig schlecht, dass sie in schrecklichen humanitären Zuständen existieren müssten.« In einem weiteren Schriftsatz vom 11.08. stellt das BAMF fest: »In Bezug auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes ist einerseits auszuführen, dass die meisten Städte und Provinzen derzeitig kampflos übergeben werden. Demnach ist doch sehr fraglich, ob die Intensität der Kampfhandlungen und damit die Gefahrendichte tatsächlich zugenommen hat.«…” Gemeinsame Pressemitteilung vom 18.8.2021 von RAV, DAV, EDA, Pro Asyl, VDJ, Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände
  • Reporter ohne Grenzen: Deutschland hat Evakuierung blockiert
    “… „Reporter ohne Grenzen“ wirft der Bundesregierung ein unkoordiniertes und intransparentes Vorgehen bei der Rettung afghanischer Medienschaffender vor. Journalistinnen und Journalisten vor Ort müssten unter den Taliban um ihr Leben fürchten und sollten so schnell und unbürokratisch wie möglich Afghanistan oder unsichere Drittländer verlassen können, sagte „Reporter ohne Grenzen“-Geschäftsführer Christian Mihr am Mittwoch in Berlin. Die Gespräche, die die Organisation in den vergangenen Wochen auf unterschiedlichen Ebenen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesinnenministerium geführt habe, spiegelten diese Dringlichkeit aber nicht wider. „Stattdessen haben sich die beiden Ministerien gegenseitig die Verantwortung zugeschoben und damit Evakuierungs- und Aufnahmeverfahren blockiert“, kritisierte Mihr. Er begrüßte die pauschale Aufnahmezusage des Innenressorts vom Mittwoch vergangener Woche für mehr als 2.000 Menschen aus Afghanistan. Wie viele der Medienschaffenden auf der Liste stehen, sei aber unklar. Unklar sei auch, warum diese Liste „geschlossen“ werden soll. „Dabei ist bekannt, dass immer noch Medienschaffende verzweifelt versuchen, das Land zu verlassen“, sagte Mihr. (…) Auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Margit Stumpp von Anfang September hin spricht auch das Bundesinnenministerium von nur einer afghanischen Journalistin, die von der Bundeswehr nach Deutschland gebracht wurde. Bis zum Ende der militärischen Evakuierungsaktion habe die Bundesregierung besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen identifiziert, für die eine vereinfachte Aufnahme in Deutschland erfolgen könne. Diese Aufnahmemöglichkeit sei aber gesetzlich eng begrenzt auf ganz besondere, hervorgehobene Ausnahmefälle…” Meldung vom 20. September 2021 im MiGAZIN

    • Über 100 afghanische Journalisten bitten um Hilfe
      “Mehr als 100 afghanische Journalistinnen und Journalisten haben anonym über Reporter ohne Grenzen (RSF) einen dringenden Appell an die internationale Gemeinschaft gerichtet. Ihr Aufruf ist mit „Der Journalismus in Afghanistan ist vom Aussterben bedroht“ überschrieben. Unterzeichnet haben ihn insgesamt 103 Medienschaffende, darunter 20 Frauen, mit verschiedenen politischen und ethnischen Hintergründen. Die meisten von ihnen arbeiten derzeit noch in der Hauptstadt Kabul oder in den afghanischen Provinzen. Einige sind aus Angst um ihre Sicherheit in den Untergrund gegangen, zehn der 103 Unterzeichnenden haben es geschafft, aus dem Land zu fliehen. Alle von ihnen haben sich entschieden, anonym zu bleiben, weil sie Repressalien gegen sich selbst oder gegen noch in Afghanistan lebende Familienmitglieder befürchten. Sie eint die Befürchtung, dass Journalismus und Medienpluralismus vollständig aus Afghanistan verschwinden könnten. „Der dramatische Appell unterstreicht, was wir und andere Organisationen seit Wochen fordern: unbürokratische Hilfe, Schutzgarantien vor allem für Journalistinnen und konkrete Unterstützung für geflüchtete Medienschaffende“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Taliban haben gezeigt, dass sie keine freie Presse dulden werden, weder in Kabul noch in den Provinzen. Reporterinnen und Journalisten in Afghanistan sind akut bedroht, es droht ein Rückfall in die finsteren fünf Jahre der ersten Taliban-Herrschaft.“ (…) Was sie am dringendsten benötigten, seien Schutzgarantien, insbesondere für Journalistinnen. Ebenso wichtig sei ganz konkrete Unterstützung, die es afghanischen Redaktionen ermögliche, ihre Arbeit fortzuführen oder wiederaufzunehmen. Auch Geflüchteten müsse geholfen werden, damit sie außer Landes weiterhin als Journalisten oder Journalistinnen arbeiten können. Wer dringend Zuflucht brauche, müsse auf die volle Unterstützung westlicher Länder zählen können…” Beitrag vom 18. September 2021 von und bei Reporter ohne Grenzen, siehe auch:
    • Afghanische Journalisten nicht im Stich lassen
      “… „Die Aufnahmezusage des BMI ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, er reicht jedoch nicht aus. Denn Überlegungen, die Sicherheitsüberprüfungen in Kabul durchführen zu lassen, sind angesichts der Lage vor Ort weltfremd”, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Für viele bedrohte Medienschaffende in Afghanistan schwindet gerade die Hoffnung, einem der größten Feinde der Pressefreiheit weltweit noch zu entkommen. Dabei hatte Bundesaußenminister Heiko Maas noch kürzlich gesagt, er wolle dazu beitragen, dass verzweifelte Menschen nicht im Stich gelassen werden. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer wollen wir an seine Worte erinnern, besonders schutzbedürftige Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. Die Bundesregierung muss endlich transparent offenlegen, inwieweit sie die von RSF übermittelten hoch gefährdeten afghanischen Journalistinnen und Journalisten als schutzbedürftig ansieht und schnell beginnen, Lösungen umzusetzen, die Menschenleben retten“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. (…) RSF hat in den vergangenen vier Wochen eine mehrmals aktualisierte Namensliste mit zuletzt mehr als 152 hoch gefährdeten Medienschaffenden an das Auswärtige Amt übermittelt. Auf der Liste standen auch Dutzende Reporterinnen, die in zweifacher Hinsicht gefährdet sind: Als Frau und als Journalistin. Nach RSF-Informationen wurde bisher nur eine Journalistin, die auf der Liste der Organisation stand, jedoch auch gute Kontakte zur Bundeswehr hatte, aus Kabul ausgeflogen. Im Rahmen der zivilgesellschaftlichen „Luftbrücke Kabul“ wurden fünf Medienschaffende und ihre Angehörigen von der US-Armee ausgeflogen. Bis zuletzt hatte die Bundesregierung nicht transparent offengelegt, ob sie die Medienschaffenden auf dieser Liste als schutzbedürftig ansieht und inwiefern diese Liste bereits bearbeitet wurde…” Beitrag vom 15. September 2021 von und bei ‘Reporter ohne Grenzen’
  • Besatzungsökonomie ohne Besatzer: Afghanistans Wirtschaft liegt nach 20 Jahren westlicher Besatzung am Boden und steht nach dem Stopp westlicher Hilfszahlungen vor dem Kollaps
    “Nach dem Abzug des Westens aus Afghanistan suchen die Vereinten Nationen die Bevölkerung des Landes mit dem Nötigsten zu versorgen. Eine UN-Geberkonferenz in Genf konnte am gestrigen Montag Hilfszusagen von mehr als einer Milliarde US-Dollar einwerben; die Bundesrepublik stellte 100 Millionen Euro in Aussicht. Hintergrund ist, dass es dem Westen während der 20-jährigen Besatzungszeit nicht gelungen ist, die afghanische Wirtschaft aufzubauen: Sie blieb von umfangreichen Zahlungen aus dem Ausland abhängig, die bestimmte Sektoren aufblähten – etwa Dienstleistungen für westliches und Regierungspersonal -, aber nicht für den Aufbau einer auch nur annähernd eigenständigen Produktion sorgten. Während korrupte Regierungsfunktionäre unter den Augen des Westens Milliardensummen nach Dubai schleusten, verarmte die Bevölkerung zusehends; bereits vor dem Abzug des Westens war gut die Hälfte der Afghanen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Dass die Hilfsgelder nach der Machtübernahme der Taliban nicht mehr fließen und die USA Sanktionen in Kraft gesetzt haben, versetzt der afghanischen Wirtschaft den Todesstoß. (…) Die Lage ist hochbrisant – vor allem aus humanitärer, für den Westen besonders aus politischer Perspektive. Bleiben die Sanktionen gegen die Taliban in Kraft und die westlichen Zahlungen aus, droht eine humanitäre Katastrophe; die Vereinten Nationen schlossen zuletzt nicht aus, dass 97 Prozent der afghanischen Bevölkerung Mitte 2022 unter die Armutsschwelle rutschen könnten. Das brächte immenses menschliches Leid. Der Westen sucht, davon unbeeindruckt, sein Geld als Druckmittel gegen die Taliban einzusetzen. Außenminister Heiko Maas bekräftigte auf der Afghanistan-Geberkonferenz der Vereinten Nationen am gestrigen Montag in Genf, Berlin werde sich auf “reine Nothilfe” für die Bevölkerung beschränken; sämtliche weiteren Zahlungen blieben ausgesetzt. Sollte damit die Spekulation verbunden sein, ein Ausbleiben der gewohnten Gelder werde die Bevölkerung veranlassen, den Druck auf die Taliban zu erhöhen und sie womöglich zu stürzen, dann könnte dies – darauf weist etwa das AAN hin – nicht nur zu einer Massenflucht in Richtung Europa führen, sondern auch die Bereitschaft der Taliban zunichte machen, Terroristen, etwa diejenigen des ISKP (Islamic State Khorasan Province), von Angriffen auf westliche Ziele abzuhalten…” Bericht vom 14. September 2021 von und bei German-Foreign-Policy.com
  • Afghanistan unter der Armutsgrenze
    Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt. Ohne fremdes Geld droht nicht nur Hunger, sondern auch die Schließung der meisten Schulen und Kliniken. Doch die Sanktionen gegen die Islamisten stehen Hilfen entgegen. (…) Wie es nach der Machtübernahme der Taliban Mitte August mit der Arbeit der Helferinnen und Helfer weitergeht, ist unklar. Kaum ein Land der Welt ist so abhängig von internationaler Unterstützung wie Afghanistan. Schätzungen der Weltbank zufolge macht die nicht-militärische Hilfe ausländischer Geber etwa 21 Prozent des Bruttonationaleinkommens aus. Das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) warnte, dass bereits Mitte des kommenden Jahres 97 Prozent der insgesamt 38 Millionen Afghaninnen und Afghanen unter die Armutsgrenze fallen könnten. Der UN-Sicherheitsrat rief Ende August dazu auf, weiter humanitäre Unterstützung zu leisten. Doch dies ist nicht einfach. Sanktionen gegen die Taliban als Organisation bestehen weiter, die afghanischen Staatskonten sind eingefroren. Von den 33 Ministern der Taliban-Regierung steht mehr als die Hälfte auf Sanktionslisten der USA und der Vereinten Nationen (…) Laut den UN musste in der ersten Jahreshälfte etwa eine halbe Million Menschen fliehen, vor allem Frauen und Kinder, zusätzlich zu den fünf Millionen Flüchtlingen davor. Tausende schlafen in Kabul unter freiem Himmel an Straßen oder in Parks. Und bald setzt der Winter ein. Und die Wirtschaft steht vor dem Kollaps. Gerade in Kabul haben viele Menschen ihre Arbeit verloren. Geschäfte sind geschlossen, Gehälter für Millionen staatliche Angestellte sind nicht gezahlt worden. Gleichzeitig werden Waren knapp, Apotheken und Kliniken haben keine Arzneimittel mehr, die Preise für Grundnahrungsmittel wie Mehl und Speiseöl sind um 30 Prozent gestiegen. Vor den Banken bilden sich lange Schlangen, weil die Taliban eine strikte Grenze erlassen haben, wie viel Geld pro Woche ausgezahlt werden kann. Etwa neun Milliarden US-Dollar in Staatsreserven liegen eingefroren auf ausländischen Konten, das meiste davon in den USA, die aber keinerlei Anstalten machen, diese Gelder wieder freizugeben. (…) Etwa sieben Millionen afghanische Kinder gehen zur Schule, unterrichtet von rund 220.000 Lehrern. Die jährlichen Kosten für diesen Sektor belaufen sich auf 800 Millionen US-Dollar, die fast ausschließlich von ausländischen Gebern kommen. Ähnlich prekär sieht es im Bereich Gesundheitsversorgung aus. Alle der etwa 2.500 Kliniken in Afghanistan wurden bislang von der Weltbank finanziert, die wiederum das Geld dafür von der EU und den USA erhielt. Auch damit ist nun Schluss…” Beitrag von Agnes Tandler am 14.09.2021 beim Migazin – siehe auch:

    • Hilfskonferenz: Zugesagte Gelder kommen in Afghanistan nicht an
      Auch nach der Machtübernahme der Taliban will die internationale Staatengemeinschaft die Menschen in Afghanistan weiter unterstützen. Mehr als eine Milliarde US-Dollar werden bei einer UN-Konferenz in Aussicht gestellt. Vieles bleibt jedoch vage und das Geld kommt nicht an…” Meldung vom 15.09.2021 beim Migazin
  • „Rettet unsere Familien!“ Flüchtlingsrat fordert Aufnahme und Unterstützung für afghanische Familienangehörige / Ansprechstelle und Evakuierung jetzt!
    Am heutigen Montag, den 13.09.2021, veranstaltete der Bayerische Flüchtlingsrat eine Protestaktion gegen die Verantwortungslosigkeit der bayerischen Staatsregierung. Bayern hatte lange Zeit mit bundesweitem Abstand am meisten Geflüchtete nach Afghanistan abgeschoben und dabei immer die Mär verbreitet, Afghanistan sei ein sicheres Land. Selbst nach Abzug der westlichen Truppen sei die Lage stabil genug, um abgeschobene Afghanen aufzunehmen. Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan gehen unzählige Anrufe und Emails mit Hilferufen beim Bayerischen Flüchtlingsrat ein. Viele Afghan:innen, die in Bayern leben, versuchen, ihre Familienangehörigen zu retten und suchen verzweifelt nach Möglichkeiten, sie aus Afghanistan zu evakuieren. Doch niemand in Deutschland will dafür zuständig sein. Beim Auswärtigen Amt gibt es lediglich eine Emailadresse, an die man bedrohte Menschen melden kann – die automatische Antwort teilt jedoch mit, dass es keine Unterstützung mehr gibt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat ein Kontaktformular auf seiner Website, doch auch dort gibt es keine Informationen über das weitere Verfahren. Die bayerische Staatsregierung geht komplett auf Tauchstation. (…) Der Bayerische Flüchtlingsrat zeigt sich entsetzt über die Kaltschnäuzigkeit der bayerischen Staatsregierung. Wenn es um Flüchtlingsabwehr geht, baut Bayern sogar eine eigene Grenzpolizei mit stolzen 1.000 Personalstellen auf, obwohl der Freistaat keinerlei Kompetenzen beim Grenzschutz hat. Wenn es jedoch um die Aufnahme von Geflüchteten geht, duckt sich Innenminister Joachim Herrmann vor seiner Verantwortung mit der dürftigen Begründung, die Aufnahme bedrohter Menschen sei alleinige Bundesangelegenheit. Nicht einmal eine kleine Anlaufstelle mit wenigen Personalstunden darf es geben, um nur ja nicht den Anschein zu erwecken, dass betroffene Afghan:innen Hilfe bekommen könnten…” Meldung vom 13. September 2021 des Bayerischen Flüchtlingsrats und auch ein Bericht mit Fotos  – sieht in anderen Ländern nicht anders aus…
  • [Aufruf und Petition] Regierung muss Hilferufe aus Afghanistan ernst nehmen – Breites Bündnis für Aufnahmeprogramme 

Am 26. August ist die deutsche Evakuierungsaktion aus Afghanistan beendet worden – und Tausende Menschen harren nun in Verstecken aus, fürchten um ihr Leben und das ihrer Kinder. Andere sind auf der Flucht. Deshalb fordern PRO ASYL und 55 weitere Organisationen: die Aufnahme fortsetzen, Landes- und Bundesaufnahmeprogramme darauf aufbauen! Unabhängig davon müssen der Familiennachzug schnell und unbürokratisch ermöglicht und die Aufnahme der Ortskräfte umgesetzt werden. Auf harte Kritik stößt bei PRO ASYL und den unterzeichnenden Organisationen aus der Zivilgesellschaft, dass die Bundesregierung die Registrierung aufzunehmender gefährdeter Menschen am 26. August willkürlich beendet hatte: »Die Listen des Auswärtigen Amtes mit besonders gefährdeten Personen müssen weitergeführt werden. Eine Aufnahme nach § 22 Satz 2 AufenthG muss auch Menschen offen stehen, die es bisher nicht geschafft haben, sich beim Auswärtigen Amt registrieren zu lassen«, heißt es in dem Statement mit dem Titel »Gefährdete Afghaninnen und Afghanen weiter aufnehmen – Bundes- und Landesaufnahmeprogramme sind nötig!«…” Pressemitteilung vom 09.09.2021 von Pro Asyl, siehe den Aufruf und Petition:

  • Gefährdete Afghaninnen und Afghanen weiter aufnehmen – Bundes- und Landesaufnahmeprogramme sind nötig!
    Vor zwei Wochen, am 26. August 2021, ist die deutsche Evakuierungsaktion aus Afghanistan nach der Machtergreifung der Taliban eingestellt worden. Viele gefährdete Menschen sitzen aber mit ihren Familien immer noch in Afghanistan fest: Mitarbeitende lokaler Partnerorganisationen und deutscher Organisationen, Frauenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsaktivistinnen, Journalistinnen, bei Subunternehmen beschäftigte Ortskräfte und Regierungsangestellte, die für einen demokratischen Staat und eine unabhängige Justiz eingetreten sind. Zudem sind Angehörige von in Deutschland lebenden Afghaninnen und Deutschen in Gefahr, sie werden zum Teil bereits von den Taliban gesucht. Für sie sieht die Bundesregierung aktuell keine Aufnahme vor. In den vergangenen Wochen erreichten Tausende verzweifelte Hilferufe die unterzeichnenden Organisationen. Diesen Menschen muss schnellstmöglich eine Aufnahme ermöglicht werden!...” Pressemitteilung vom 09.09.2021 beim Flüchtlingsrat NRW zum gemeinsamen Aufruf von Flüchtlingsräten und zivilgesellschaftlicher Organisationen
  • Petition zum Mitzeichnen: Afghanistan: Weitere Aufnahme JETZT!
  • Widerstand in Kabul: »Der nächste Schritt sind Schüsse auf Menschen«
    Woche drei der Taliban-Herrschaft begann mit den bislang größten Gegendemonstrationen im Land. Es gab Stockschläge gegen Frauen, Schüsse in die Luft zur Einschüchterung. SPIEGEL-Reporter Christoph Reuter war in Kabul dabei – seine Eindrücke im Video.” Video-Reportage von Christoph Reuter und Janita Hämäläinen (Video) vom 09.09.2021 im Spiegel online
  • Wie auch immer: Afghanistans Frauen trotzen den Taliban
    Für viele Frauen in Afghanistan hat sich in den vergangenen Jahren wenig geändert. Für die anderen lässt die Machtübernahme der Taliban Schlimmstes befürchten. Dennoch wollen viele weitermachen. Wie auch immer. „Die vergangenen 20 Jahre habe ich studiert und für eine bessere Zukunft gearbeitet“, sagt Azita Nazimi. „Ich werde nicht zulassen, dass all diese Erfolge verloren gehen.“ Die afghanische Journalistin erinnert sich im Gespräch mit dem TV-Sender Tolo News noch zu gut, wie es beim letzten Mal war, als die Taliban in den 90er Jahren in Afghanistan an der Macht waren. Sie durfte wie viele andere Mädchen nicht mehr zur Schule gehen. Nun droht sich die Geschichte zu wiederholen. Zwar geben die Taliban sich diesmal weniger radikal als vor 20 Jahren. So erlauben sie Studentinnen den Universitätsbesuch, solange sie einen Nikab tragen und von den Männern mindestens durch einen Vorhang getrennt werden. Doch gegen Frauenproteste gingen die neuen Machthaber schnell sehr entschieden vor. Als Azita Nazimi mit einer Gruppe von Frauen in Kabul zwei Tage lang gegen die Pläne der Taliban protestierte, keine Frauen an ihrer Regierung zu beteiligen, setzten die Radikalislamisten Tränengas und Elektroschocker ein. Frauen-Demonstrationen gab es auch in anderen Städten, etwa in Herat, im Westen Afghanistans…” Beitrag von Agnes Tandler vom 08.09.2021 beim Migazin
  • Zusammenstöße bei Frauen-Demo in afghanischer Hauptstadt Kabul
    In Kabul demonstrieren den zweiten Tag in Folge Frauen gegen die Taliban-Herrschaft. Es kommt zu chaotischen Szenen. Auch in der noch nicht unter der Kontrolle der Taliban stehenden Provinz Pandschir dauert der Widerstand an. In Afghanistan regt sich Widerstand gegen die Herrschaft der militant-islamistischen Taliban. Bei einer Demonstration für Frauenrechte in der afghanischen Hauptstadt Kabul kam es zu Zusammenstößen. Mindestens eine Frau sei dabei verletzt worden, berichteten lokale Journalisten am Samstag. In der einzigen von den Taliban noch nicht eroberten Provinz Pandschir dauern die Kämpfe an. Videos von lokalen TV-Sendern und Aktivistinnen zufolge kam es bei der Demonstration zu chaotischen Szenen. Rund zwei Dutzend Frauen hatten zunächst friedlich in der Nähe des Präsidentenpalastes demonstriert, wie auf Bildern, die in sozialen Medien geteilt wurden, zu sehen war. Sie hielten Schilder in der Hand, auf denen etwa stand: „Wir sind nicht die Frauen von vor 20 Jahren“ oder „Gleichheit – Gerechtigkeit – Demokratie!“. Auf Videos ist zu sehen, wie die Frauen von 50 oder mehr Sicherheitskräften der Taliban umzingelt sind und sich Schreiduelle mit Taliban liefern. Mehrere von ihnen husten. Ein Taliban-Kommandeur fragt über einen Lautsprecher „… wartet, was ist das Problem, was wollt Ihr, es gibt kein Problem Mädchen, okay?“, während im Hintergrund eine junge Frauenstimme zu hören ist, die fragt: „Warum schlagt ihr uns?“ Lokale Journalisten teilten das Video einer Frau, der Blut vom Kopf läuftIn einem Video von Aktivistinnen, etwas abseits der Demo aufgenommen, sagt eine Frau, Frauen hätten sich gebildet, um in hochrangigen Regierungspositionen zu arbeiten. „Was ist unsere Schuld, dass sie uns heute ins Abseits drängen?“, fragt sie. Die Frau, die das Video aufnimmt, sagt weiter, der friedliche Protest von Frauen sei wieder von den Taliban unterdrückt worden. Diese hätten Warnschüsse abgegeben und Tränengas eingesetzt…” Agenturmeldung vom 04.09.2021 in der FAZ online
  • Die Ära der Straflosigkeit. Westliche Militärs töteten in Afghanistan tausende Zivilisten und begingen Kriegsverbrechen. Fast nichts davon wurde vor dem endgültigen Abzug gesühnt
    Mit dem endgültigen Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan am morgigen Dienstag gehen auch zwei Jahrzehnte tödlicher westlicher Angriffe auf Zivilisten sowie systematischer westlicher Kriegsverbrechen am Hindukusch zu Ende. Bis zum Abschluss des US-Abzugsabkommens mit den Taliban im Februar 2020 kamen durch Luftangriffe westlicher Streitkräfte und Spezialkräfteoperationen laut UN-Angaben jährlich hunderte Zivilisten zu Tode – mindestens 559 im Jahr 2019. Zahllose Unbeteiligte wurden bei US-Drohnenattacken getötet; laut Unterlagen, die ein Whistleblower durchstach, war zeitweise nur eines von zehn Drohnenopfern ein von den US-Militärs zur Ermordung freigegebenes “Ziel”. Informationen, die für die Drohnenangriffe benötigt wurden, wurden auch von deutschen Stellen an US-Militärs weitergeleitet; dies gilt auch für Informationen, die zu Verschleppung und Folter von Verdächtigen durch die CIA führten. Australische Spezialtrupps begingen Morde an wehrlosen Zivilisten als Initiationsritual. Westliche Kriegsverbrechen blieben in aller Regel straflos – bis heute…” Bericht vom 30.8.2021 von “Informationen zur Deutschen Außenpolitik” (german-foreign-policy.com)
  • [Petition] Afghanistan: Retten statt Reden. Weitere Aufnahme JETZT!
    Tausende verzweifelte Zurückgelassene: Das ist die bittere Bilanz der deutschen Evakuierungsaktion aus Afghanistan. Es handelt sich um Familienangehörige von in Deutschland lebenden Afghanen. Um Ortskräfte deutscher Institutionen, von denen viele bei Subunternehmern beschäftigt waren. Um Menschen, die sich für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt haben. Etliche von ihnen haben Bezüge zu Deutschland. Ihre Namen sind bekannt. Diese Menschen müssen in Sicherheit gebracht werden! Die nach dem Ende der Evakuierung geplanten Maßnahmen greifen zu kurz. Wir fordern von der Bundesregierung: Die Fortsetzung der Evakuierung aus Nachbarstaaten; Schriftliche Aufnahmezusagen für gefährdete Personen; Humanitäre Visa für Ortskräfte & andere nach § 22 Satz 2 AufenthG; Schnellen und unbürokratischen Familiennachzug zu in Deutschland lebenden Schutzberechtigten; Ein Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghan*innen (auch aus Anrainerstaaten) nach § 23 Abs. 2 AufenthG und die Zustimmung zu Landesaufnahmeprogrammen.” Petition von Pro Asyl
  • Informationen zu Ausreisemöglichkeiten aus Afghanistan nach Ende der militärischen Luftbrücke
    Die Referentin für Migrationssozialarbeit des Paritätischen Gesamtverbands gibt Hinweise des Auswärtigen Amts weiter. Beitrag vom 28. August 2021 bei GGUA Flüchtlingshilfe
  • Das Ortskräfte-Debakel hat im Innenministerium seinen Ursprung. Über die migrationspolitische Blockadehaltung des Bundesministeriums des Inneren und seine Gründe
    Das Innenministerium hat offenbar beim Ortskräfte-Desaster die Schlüsselrolle gespielt und die Evakuation der Ortskräfte aus Afghanistan seit Monaten behindert und blockiert. Obwohl Kanzlerin Angela Merkel offenbar schon Mitte Juni und Mitte Juli auf Maßnahmen gedrängt hatte, sperrte sich insbesondere das Innenministerium gegen eine Aufnahme ohne vorherige Sicherheitsprüfung. Es beharrte auf der „Forderung nach eindeutiger Identifikation der Passagiere und einer Berechtigungsprüfung für eine Ausreise nach Deutschland noch vor dem Betreten des Flughafengeländes.“ Diese Forderungen tragen die Handschrift der Abteilungen „Migration, Flüchtlinge, Rückkehrpolitik“, kurz „M“, und Öffentliche Sicherheit (ÖS) und entsprechen den bekannten Haltungen dieser Abteilungen. Wenn sich das Innenministerium hinter der Regierung insgesamt versteckt, verschweigt es, dass es diese Linie maßgeblich herbeigeführt hat…” Artikel von Werner Schiffauer vom 27. August 2021 beim Verfassungsblog
  • Afghanistan: EU-Innenminister wollen Flucht nach Europa verhindern
    Sechs Jahre ist der Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung nach Europa her, der auch vom Streit der EU um eine gemeinsame Linie geprägt wurde. Bei Afghanistan demonstrierten die Innenminister nun schnell Einigkeit: Grenzschutz. Pro Asyl zur EU-Linie: „Unfassbar“. Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan haben die EU-Innenminister möglichen Migranten und Flüchtlingen signalisiert, sich nicht auf den Weg nach Europa zu machen. Die Union sei entschlossen, „die Wiederkehr unkontrollierter illegaler Migrationsbewegungen in großem Maßstab zu verhindern“, erklärten sie am Dienstag nach einem Sondertreffen in Brüssel. Österreichs Innenminister Karl Nehammer hatte vor dem Treffen an die Menschen in der Region appelliert: „Macht Euch nicht auf den Weg.“…” Beitrag vom 01.09.2021 beim Migazin, siehe auch:

    • Treffen der EU-Innenminister: So will die EU Afghanistan-Flüchtlinge draußen halten
      Die EU versucht mit aller Macht zu verhindern, dass erneut viele Menschen nach Europa fliehen. Das altbekannte Rezept: Nachbarländer sollen Schutzsuchende aus Afghanistan aufnehmen und von Europa fernhalten – für viel Geld. (…) »Aufgrund früherer Erfahrungen«, heißt es in der anschließend veröffentlichten Erklärung, seien die EU-Länder »entschlossen, gemeinsam zu handeln, um eine erneute große illegale Zuwanderungsbewegung zu verhindern«. Die Botschaft in Richtung Afghanistan ist klar: Mit der Evakuierung der eigenen Bürger und jener Afghanen, die dem Westen in den vergangenen Jahren geholfen haben, ist das Soll der EU erst einmal erfüllt. Wer immer sonst vor den radikalislamischen Taliban fliehen will, die nach 20 Jahren wieder die Macht im Land übernommen haben, soll in der Region bleiben – und keinesfalls nach Europa kommen. Dazu will man in der EU zu jenem Mittel greifen, mit dem man schon Länder wie die Türkei und Libyen dazu bewegt hat, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen und sie an der Weiterreise in die EU zu hindern: viel Geld, Material und Personal…” Artikel von Markus Becker vom 01.09.2021 beim Spiegel online
  • Ende der Evakuierung in Afghanistan: PRO ASYL fordert umfassende Bundes- und Landesaufnahmeprogramme
    Willkürlich gesetzte Fristen und einengende Kriterien sorgen dafür, dass Zehntausende bedrohte Afghan*innen keine Chance auf Einreise nach Deutschland haben werden. Mit dem heutigen Tag endet die militärische Evakuierungsaktion aus Kabul, die von westlichen Staaten nach der Machtübernahme der Taliban am 15. August begonnen wurde. Die deutschen Flüge wurden bereits nach 10 Tagen, am 26. August, eingestellt. Pro Asyl wirft der Bundesregierung und den Innenministerien der Länder vor, bereits jetzt wieder alle Kriterien zur Aufnahme so auszurichten, dass der Kreis der Aufzunehmenden möglichst klein bleibt. „Es ist empörend, dass die Bundesregierung hinter den Kulissen mit allen Mitteln versucht, die Zahl der Schutzbedürftigen möglichst gering zu halten. Das Versprechen von Außenminister Heiko Maas, für die Bundesregierung abgegeben, niemanden im Stich zu lassen, für den Deutschland Verantwortung trägt, wird so zur Worthülse“, kritisiert Burkhardt. Die Bundesregierung hat beschlossen, dass – von den Ortskräften abgesehen – nur Menschen eine Chance haben, in Deutschland Schutz zu finden, die bis zum Ende der deutschen Evakuierungsmission (also bis 26.8.) für die Evakuierungsliste gemeldet wurden. Dieses willkürlich festgelegte Datum war vorher nie kommuniziert worden. All jene etwa, die sich zum Beispiel im Norden Afghanistans versteckt hielten und nicht sofort versuchten, auf die Liste zu kommen, da sie keine Chance hatten, bis zum 31.8. Kabul zu erreichen, sind außen vor. Sie haben nun keine Möglichkeit mehr, sich registrieren zu lassen und in Deutschland Zuflucht zu finden. Journalist*innen, Menschen- und Frauenrechtsverteidiger*innen sowie Familienangehörige von in Deutschland lebenden Schutzberechtigten, die von den Taliban massiv bedroht sind, aber bisher noch auf keiner Liste der Bundesregierung auftauchen, werden einfach ihrem Schicksal überlassen…” Pressemitteilung vom 31.08.2021
  • Deutsche Bürokraten: Berlin hat nur 1,6 Prozent seiner Ex-“Ortskräfte” und ihrer Familienangehörigen vom Flughafen Kabul abgeholt und stellt nun eine halbe Milliarde Euro zur Flüchtlingsabwehr bereit
    “Zum wiederholten Mal werden schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung wegen der Blockade der Aufnahme afghanischer Ortskräfte der Bundeswehr laut. Demnach hat Berlin bei den militärischen Evakuierungsflügen aus Kabul lediglich 138 frühere afghanische Mitarbeiter der deutschen Streitkräfte sowie weiterer deutscher Stellen in die Bundesrepublik geholt – zuzüglich Familienangehörigen insgesamt 634 Personen. Dies sind lediglich 1,6 Prozent der – inklusive Familienangehörigen – ungefähr 40.000 Afghanen, die laut Regierungsangaben prinzipiell einreiseberechtigt sind. Zudem beklagt die Initiative “Luftbrücke Kabul”, das Auswärtige Amt habe sie “aktiv” daran gehindert, per Charterflug knapp 200 Afghanen aus dem Land zu bringen; die Flüchtlinge hätten letzten Endes mit einem US-Militärflugzeug ausgeflogen werden müssen. Zugleich bemüht sich das Auswärtige Amt mit aller Kraft um die systematische Abwehr afghanischer Flüchtlinge. Außenminister Heiko Maas, der aktuell auf einer Rundreise durch Afghanistans Nachbarstaaten ist, hat dafür gut eine halbe Milliarde Euro in Aussicht gestellt. (…) Bereits seit einiger Zeit wird spekuliert, die drei Nachbarstaaten könnten afghanische Flüchtlinge in großer Zahl aufnehmen, um sie an der nicht erwünschten Weiterreise nach Europa zu hindern. (…) Gegenwärtig verhandelt die Türkei mit den Taliban darüber, eine tragende Rolle bei der Sicherung des Flughafens sowie bei der Gewährleistung des Flugbetriebs zu übernehmen. Ob die Taliban einer derartigen Kooperation mit Ankara zustimmen, ist jedoch nicht klar. Überlegungen, die EU könne diese Aufgabe erledigen, waren vergangene Woche am Rande gestreift, aber – unabhängig von der Frage, ob die Taliban das gestatten würden – umgehend ad acta gelegt worden: “Schon die internen Prozeduren” in Brüssel seien “viel zu langwierig”, hieß es.[7] Gelingt es der Türkei, von den Taliban die Erlaubnis zur Sicherung des Flughafens in Kabul zu erhalten, dann wäre Berlin bei der Einreise seiner ehemaligen Ortskräfte nicht nur von den neuen Machthabern in Kabul abhängig, sondern einmal mehr von Ankara, auf das es bereits bei der Abwehr von Flüchtlingen aus Syrien abhängig ist.” Bericht vom 31. August 2021 von und bei German-Foreign-Policy.com
  • Luftbrücke wirft Regierung Blockade vor: Initiative wollte Hunderte Menschen aus Kabul retten – das Auswärtige Amt habe dies jedoch verhindert
    “Die zivilgesellschaftliche Initiative »Luftbrücke Kabul« hat mehrere Dutzend Schutzsuchende aus Afghanistan gerettet. So habe man am Wochenende 189 Menschen mit US-amerikanischer Unterstützung in Bussen in den Kabuler Flughafen bringen können, hieß es in einer Erklärung der Gruppe. Von dort seien sie mit einer Militärmaschine der USA ausgeflogen worden. Derzeit befänden sie sich in Doha und Riad und würden auf ihre Weiterreise warten. Zusätzlich habe man mit »immensem Aufwand« 18 gefährdete Ortskräfte aus Kabul in Sicherheit bringen können, so die Initiative. Aus Sicht der »Luftbrücke Kabul« waren das jedoch viel zu wenige gerettete Menschen. 180 Sitze blieben in dem von der Initiative gecharterten Flugzeug leer. »Es hätten Hunderte mehr sein können, wenn unsere Rettungsaktion nicht aktiv vom Auswärtigen Amt blockiert worden wäre«, schrieb die Gruppe und erhob schwere Vorwürfe gegenüber der Regierung. Für Hunderte Menschen habe man schließlich sichere Unterkünfte organisiert, die Gefährdeten offiziell auf Listen des Auswärtigen Amtes registrieren und absegnen lassen, über die katarische Botschaft habe ein Bustransport bereit gestanden. »Wir hätten Menschen innerhalb weniger Stunden an den Flughafen und auf unser Flugzeug bringen können«, so die Luftbrücke Kabul. Die Regierung habe sich letztlich jedoch geweigert, »eine E-Mail zu schreiben«, um den Transport freizugeben. »Unser Flugzeug stand bereit – doch niemand sollte evakuiert werden.« Die Initiative habe so vor in Kabul eine »bürokratische und politische Verhinderungstaktik« erlebt, hieß es weiter. Deutsche Diplomaten hätten demnach offenbar auch bei ausländischen Partnern versucht zu erzwingen, dass das Flugzeug niemanden evakuiert. Portugal habe so das Evakuierungsangebot der Initiative annehmen wollen. »Wir sollten nicht erfolgreicher sein, als die Bundesregierung. Wir sollten scheitern, damit das Kartenhaus der Evakuierungsaktion der Bundesregierung nicht in sich zusammenfällt«, kritisierte die »Luftbrücke Kabul« . (…) Hinter der »Luftbrücke«, haben sich zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, Flüchtlingsräte und Initiativen versammelt, darunter die Bewegung Seebrücke, der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein und die Kampagne #LeaveNoOneBehind.” Artikel von Sebastian Bähr vom 30. August 2021 in neues Deutschland online
  • Bundeswehr beendet Luftbrücke: Außenamt schätzt Zahl Zurückgebliebener in Afghanistan auf über 10.000
    Viele Menschen mit einer Aufnahmegarantie in Deutschland harren noch in Afghanistan aus. Außenminister Maas will sich bei einer Reise in die Region um eine Lösung bemühen. Unterdessen wird vor neuen Anschlägen auf den Flughafen von Kabul gewarnt. (…) Der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus N. Beeko, forderte weitere Rettungsflüge aus der Region um Afghanistan und leichtere Visa-Vergaben. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung und andere Staaten die teils schwer traumatisierten evakuierten Menschen jetzt weiterhin zügig aus der Region ausfliegen“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Dabei müsse darauf geachtet werden, dass Familien nicht auseinandergerissen werden. Hier sei ein unbürokratisches Vorgehen gefragt. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR fordert von der Bundesregierung Erleichterungen bei den Asylverfahren und beim Familiennachzug für afghanische Flüchtlinge. Wenn man mehr als ein Jahr auf einen Termin bei der Deutschen Botschaft warten müsse, verkenne das die Lebensrealität von Flüchtlingen…” Meldung vom 30.08.2021 beim Migazin, siehe dazu:

    • Die Zurückgelassenen
      Rund 5200 Menschen hat Deutschland aus Afghanistan evakuiert, aber Unzählige wurden zurückgelassen. Wir stellen einige besonders dramatische Beispiele vor…” Beitrag vom 27.08.2021 bei Pro Asyl
  • Ein offener Brief an die Bundesregierung: Luftbrücke nach Kabul jetzt!
    Wir, ein Zusammenschluss von Afghan*innen in der Diaspora und Menschen aus Kunst, Kultur, Politik und Wissenschaft fordern die Bundesregierung umgehend dazu auf die afghanische Zivilbevölkerung vor der islamistischen Machtübernahme der Taliban zu beschützen!...” Offener Brief bei luftbruecke.org
  • Oranienplatz: Geflüchtete besetzen Baum für Bleiberecht und Offene Grenzen „Zusammen mit einem afghanischen Aktivisten protestiert Napuli Langa seit Freitag, dem 27. August 2021, erneut auf dem Baum am O-Platz. Was muss passieren, damit Napuli und der afghanische Aktivist den Baum verlassen? Napuli wird den Baum erst verlassen, wenn der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eine verbindliche, schriftliche Zusage macht, dass Geflüchtete auf dem symbolträchtigen Oranienplatz einen dauerhaften Ort des Protests einrichten können. Derweil kämpft der afghanische Aktivist um die Rettung seiner Familie: Auf politischer Ebene muss eine Möglichkeit geschaffen werden, seine Verwandten in Kabul und im Iran in Sicherheit zu bringen, denn seit einem Jahr versucht er erfolglos, seine Familie nach Deutschland zu holen. Insbesondere fordert er den Berliner Senat auf, die geforderte Luftbrücke und das Landesaufnahmeprogramm umzusetzen…” Pressemitteilung und weitere Informationen dokumentiert am 29.8.2021 bei Klasse gegen Klasse, siehe auch weitere Informationen bei International Women’s Space (IWS)
  • DAV, RAV und VDJ: Sofortige Visaverfahren afghanischer Staatsangehöriger in dt. Auslandsvertretungen Visa umgehend erteilen!
    “Angesichts der Beendigung der Evakuierung fordern Anwält*innen und Jurist*innenvereinigungen: Alle deutschen Auslandsvertretungen müssen ab sofort für Visaverfahren afghanischer Staatsangehöriger zuständig sein und Visa umgehend erteilen. Die Kapazitäten in den Auslandsvertretungen sind sofort ausreichend aufzustocken. Über 3.000 afghanische Staatsangehörige warteten im Mai 2021 auf einen Termin zur Vorsprache in den deutschen Visastellen in Neu-Delhi und Islamabad. Wie viele Angehörige sich über diese hinaus im überaus langwierigen Verfahren auf Erteilung eines Visums befanden, wird nicht erfasst (die Zahlen ergeben sich aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion). (…) DAV, RAV und VDJ fordern, dass diese, für Friedenszeiten vorgesehene und mit langen Wartezeiten verbundene Praxis sofort geändert wird, und nehmen hierzu Bezug auf den Forderungskatalog hinsichtlich der Situation in Afghanistan von DAV, RAV, Pro Asyl und anderen (…) Ergänzend verweisen wir auf die Forderung von Amnesty International, die Visapflicht für Afghan*innen auszusetzen (…) Das Ende der Evakuierungen darf nicht das Ende aller Hoffnungen für Schutzsuchende und ihre Familien sein, in naher Zukunft in Sicherheit und wieder zusammenleben zu können!” Gemeinsame Pressemitteilung von DAV, RAV und VDJ vom 27. August 2021
  • Afghanistan: RAWA reagiert auf die Machtübernahme der Taliban
    Es ist ein Witz zu sagen, dass Werte wie “Frauenrechte”, “Demokratie”, “Nationenbildung” usw. Teil der Ziele der USA/NATO in Afghanistan waren! Die Afghan Women’s Mission hat sich mit RAWA in Verbindung gesetzt, um deren Bedürfnisse in dieser dringenden Zeit anzusprechen. In dieser kurzen Frage und Antwort mit der AWM-Ko-Direktorin Sonali Kolhatkar erklärt RAWA die sich entwickelnde Situation vor Ort, wie sie sie sehen…” Siehe das (engl.) Interview vom 20.8.21 bei RAWA, the Revolutionary Association of the Women of Afghanistan, siehe auch bei World March of Women: International Feminist Solidarity with the Women and People of Afghanistan: No to Taliban No to Imperialists! (Internationale Feministische Solidarität mit den Frauen und dem Volk von Afghanistan: Nein zu den Taliban Nein zu den Imperialisten!)
  • Nach Toten bei IS-Explosionen und vorzeitigem Ende der Evakuierungsflüge: Zu spät für all die Aufrufe, wie z.B. “Save Afghanistan People. NOW!” ??
    • Tote bei Explosionen – Bundeswehr beendet Evakuierungsflüge am Kabuler Flughafen
      Detonationen am Flughafen Kabul: Während westliche Staaten am Donnerstag ihre letzten Evakuierungsflüge vorbereiten, detonierten zwei Sprengsätze. Es gab Tote und Verletzte. Derweil beendete die Bundeswehr ihre Rettungsflüge. (…) Die Anschläge hätten deutlich gemacht, „dass eine Verlängerung der Operation in Kabul nicht möglich war“, sagte Kramp-Karrenbauer. Die Sicherheitslage und die Entscheidung der Taliban, die militärischen Evakuierungen nach dem 31. August nicht mehr zu dulden, würden das nicht ermöglichen. Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte indes nach den Explosionen auf einer Pressekonferenz in Dublin, dass Frankreich die Evakuierungen fortsetzen wolle. „Wir werden weitermachen, so lange es die Lage am Flughafen erlaubt.“ (…) Das Welternährungsprogramm kündigte eine Luftbrücke zur Versorgung bedürftiger Menschen in Afghanistan an. Die Flugzeuge sollen zwischen der pakistanischen Hauptstadt Islamabad und Kabul pendeln…” Beitrag vom 27.08.2021 beim Migazin
    • Erklärung zum Abzug der NATO-Truppen und der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan: Save Afghanistan People. NOW!
      “Der Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan markiert das endgültige Scheitern des 20 jährigen Krieges, den die USA und ihre Verbündeten am Hindukusch geführt haben. Der „War on Terror“ der USA und der NATO-Militäreinsatz in Afghanistan unter Beteiligung der Bundeswehr hat hunderttausenden Menschen das Leben gekostet und gleichzeitig den Terrorismus weiter befördert. Die NATO-Truppen hinterlassen ein verwüstetes und verarmtes Land, in dem rund 9 Millionen Menschen an Unterernährung leiden. USA und NATO haben Afghanistan zum größten Heroinproduzenten und zum korruptesten Land der Welt gemacht. Der Grund für das jetzt von allen Seiten beklagten “Desaster” sind nicht irgendwelche Fehler der NATO-Strategie oder der übereilte Abzug, sondern der in Afghanistan gescheiterte Versuch des Westens, mit militärischer Gewalt seine machtpolitischen Interessen weltweit durchzusetzen. Den US-geführten Interventionstruppen in Afghanistan ging es nie darum, Menschenrechte oder Demokratie in Afghanistan herzustellen, sondern ausschließlich um die geostrategische Vorherrschaft er NATO-Staaten in Zentralasien, in unmittelbarer Nähe zu Russland, Iran und der VR-China, die von den USA zu ihren Feinden erklärt werden. (…) Die Friedensbewegung hat seit Jahren die Beendigung des Krieges und den Abzug der NATO-Interventionstruppen gefordert. Die NATO-Staaten müssen jetzt die Verantwortung für die von ihnen angerichtete Katastrophe übernehmen und humanitäre Hilfe leisten. Wir solidarisieren uns mit den fortschrittlichen und emanzipatorischen Kräften in Afghanistan, die für Demokratie und gegen jede ausländische Einmischung kämpfen. Aktuell fordern wir von der Bundesregierung: – Alle, deren Leben in Afghanistan bedroht ist, muss die Einreise nach Europa ermöglicht werden. – Die nach Europa Flüchtenden dürfen nicht länger kriminalisiert werden! – Schluss mit allen Abschiebungen nach Afghanistan! – Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr! Beteiligt Euch an der Kundgebung Antikriegstag am Mittwoch 1. September 2021 um 18:30 am Stachus in München – Veranstalter: Münchner Friedensbündnis – Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus in Kooperation mit Sympathisanten der Solidaritätspartei Afghanistans in Europa” Erklärung und Aufruf verfasst von Thomas Trueten am 26. August 2021 samt dem Aufruf: Beteiligt Euch an der Kundgebung Antikriegstag am Mittwoch 1. September 2021 um 18:30 am Stachus in München
    • Patenschaftsnetzwerk Afghanischer Ortskräfte: Afghanische Ortskräfte wurden bewusst zurückgelassen
       Es mehren sich Berichte, dass ehemalige Ortskräfte von den internationalen Soldaten am Flughafen abgewiesen werden. Das Patenschaftsnetzwerk Afghanischer Ortskräfte erhebt schwere Vorwürfe. Der Verband binationaler Familien fordert in einer Online-Petition unbürokratische Lösungen. Ehemalige Ortskräfte von deutscher Polizei oder Entwicklungsorganisationen würden derzeit von den internationalen Soldaten am Flughafen wieder abgewiesen, weil sie nicht auf den Listen stünden. Dem Vereinsvorsitzenden Marcus Grotian zufolge erfolgt die Abweisung, weil diese Menschen zu einer Zeit für ein deutsches Ressort gearbeitet haben, die „nicht bürokratisch erfasst“ sei. (…) Der Verein, der sich seit Jahren um afghanische Ortskräfte kümmert, warnt seit Monaten davor, dass die radikalislamischen Taliban sich an Helfern ausländischer Organisationen und deren Familien rächen könnten. „Ich habe den Eindruck, wir haben hier Menschen bewusst und wissentlich zurückgelassen“, sagte Grotian. Nach Einschätzung des Patenschaftsnetzwerks wären 8.000 Menschen – Ortskräfte und ihre Familienangehörigen – berechtigt, einen Antrag auf ein Visum für Deutschland zu stellen, weil sie direkt bei deutschen Unternehmen beschäftigt waren. Doch diese Zahl wurde seinen Angaben nach „durch bürokratische Hürden“ um etwa 50 Prozent reduziert. (…) Grotian wies darauf hin, dass unterlassene Hilfeleistung eine Straftat sei und forderte eine Verantwortungsübernahme dafür, „dass Handlungen, Aussagen und Untätigkeit“, nun „Menschenleben in die Hände der Taliban“ spielten. Er spreche dabei von der Zeit vor der aktuellen Evakuierungsaktion, „wo es offensichtlich war, dass wir die Menschen dort zurücklassen“ und wo Hilfsangebote und Warnungen ignoriert worden seien. (…) Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften wiederholte am Dienstag abermals seine Forderung, den Familiennachzug aus Afghanistan nach Deutschland zu ermöglichen. In einer Online-Petition fordert der Verband unbürokratische Lösungen und sofortige Ausreisemöglichkeit alle Familienangehörigen. „Die deutschen Behörden machen sich mitschuldig am Schicksal der Familienangehörigen. Hier geht es um Menschenleben“, erklärte Chrysovalantou Vangeltziki, Bundesgeschäftsführerin des Verbands. Sie wirft der Bundesregierung vor, Familienzusammenführungen viele Jahre verhindert zu haben. Jetzt dränge die Zeit. Beim Verband gingen derzeit zahlreiche verzweifelte Anrufe und Mails ein.” Meldung vom 25. August 2021 von und bei MiGAZIN
    • Schwere Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan: Paritätischer fordert mehr Einsatz bei der Rettung Gefährdeter
      “… Der Paritätische Wohlfahrtsverband zeigt sich tief besorgt über die UN-Berichte zu schweren Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan und appelliert im Vorfeld der Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zur Lage in Afghanistan eindringlich an die Bundesregierung, für eine schnellstmögliche und unbürokratische Rettung gefährdeter Personen zu sorgen. “Wenn Menschen massenhaft hingerichtet werden und ein Bild verzweifelter Fluchtversuche das nächste jagt, muss ein für alle Mal klar sein, dass die Rettung möglichst vieler Menschen jetzt oberste Priorität haben muss – und zwar unbürokratisch und so schnell wie möglich”, fordert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Vor dem Hintergrund eines sich schließenden Zeitfensters für die Evakuierung von Menschen aus Kabul müsse der Kreis derer, die für eine Evakuierung in Frage kommen, großzügig ausgelegt werden. Der Verband fordert außerdem die Schaffung sicherer Fluchtwege. Die Luftbrücke in Kabul müsse so lang wie möglich aufrecht erhalten werden, gleichzeitig müssten dringend Vorbereitung getroffen werden, damit Menschen auch nach einem möglichen Ende der Luftbrücke gerettet werden könnten. Die Unterstützung der Nachbarstaaten bei der Versorgung afghanischer Flüchtlinge im Wege humanitärer Hilfe sei unerlässlich, reiche aber bei weitem nicht aus. Die Bundesregierung müsse jetzt den Weg bereiten, um besonders schutzbedürftige Menschen auch aus Nachbarstaaten aufzunehmen. Hierbei müssten alle Möglichkeiten, wie etwa Aufnahmeprogramme, eine großzügige Vergabe humanitärer Visa und die Erleichterungen beim Familiennachzug ausgeschöpft werden. Dies sei nicht nur in wichtiges Zeichen internationaler Solidarität, Deutschland habe hierfür auch die erforderlichen Kapazitäten, so der Verband.” Pressemitteilung des Paritätischen Gesamtverbands vom 25. August 2021
    • Afghanistan: Taliban erbeuten Biometrie-Geräte und -Datenbanken
      Bei ihrem Vormarsch in Afghanistan haben die Taliban angeblich auch Geräte zur biometrischen Identifizierung erbeutet. Die enthalten auch Daten. In Afghanistan haben die radikalislamistischen Taliban offenbar auch Gerätschaften des US-Militärs zur biometrischen Personenidentifizierung erbeutet – inklusive der enthaltenen Daten. Das berichtet das US-Magazin The Intercept unter Berufung auf mehrere ungenannte Quellen. Die Geräte mit dem Namen “Handheld Interagency Identity Detection Equipment” (HIIDE) seien demnach vergangene Woche in die Hände der Taliban gefallen. Unklar sei, in welchem Umfang auch die biometrischen Datenbanken für die Terrorgruppe zugänglich sind, heißt es noch. Diese enthalten wohl auch Daten zur Identifizierung von Afghanen und Afghaninnen, die den US-Truppen geholfen haben. Warum die Geräte beim Abzug der Truppen zurückgelassen wurden, ist unklar…” Artikel von Martin Holland vom 18.08.2021 bei heise news
  • PRO ASYL appelliert an Merkel: Evakuierung fortsetzen und auf Nachbarstaaten ausweiten
    PRO ASYL Geschäftsführer Günter Burkhardt fordert die Fortsetzung der Ad hoc Evakuierung von gefährdeten Afghan*innen über den 31.8. hinaus. PRO ASYL hat überdies gemeinsam mit Jurist*innen herausgearbeitet, wie Schutzsuchenden aus Afghanistan schnell die Aufnahme in Deutschland ermöglicht werden kann und sollte. „Die Gefährdeten dürfen nicht in Afghanistan zurückgelassen werden. Ein Ende der Evakuierung ist unverantwortlich. Es dürfen nicht erneut Menschen im Stich gelassen werden, für die Deutschland und andere Staaten eine Verantwortung tragen“, sagt Günter Burkhardt anlässlich der heute bevorstehenden Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel. Gleichwohl ist ein Ende der Evakuierung leider absehbar, auch wenn der Zeitpunkt hoffentlich nicht der 31. August ist. (…) „Wir fordern schriftliche Aufnahmezusagen für alle Afghanen, die auf den Evakuierungslisten stehen. Sie müssen auch nach dem Ende der Militäraktion aus Afghanistan oder aus Nachbarstaaten zur Einreise nach Deutschland berechtigt sein. Dies muss jetzt sofort vorbereitet werden, um den Betroffenen Hoffnung zu geben. Ein Ende der militärisch gesicherten Luftbrücke darf nicht das Ende der Aufnahme nach Deutschland sein“, fordert Burkhardt. PRO ASYL fordert zudem, die Aufnahmekriterien auszuweiten…” Pressemitteilung vom 25.08.2021
  • Keine weiteren Truppenentsendungen nach Afghanistan! Offener Brief an die Abgeordneten des Bundestags zur anstehenden, nachholenden Mandatierung eines neuen Einsatzes der Bundeswehr
    “[Fast] 20 Jahre hat sich die sog. „westliche Staatengemeinschaft“ der Illusion hingegeben, durch die Entsendung bewaffneter Kräfte nach Afghanistan in der Region Einfluss geltend zu machen und die Situation zu beeinflussen. Aktuell müssen wir feststellen, dass der Einsatz von zeitweise mehr als 100.000 Soldat*innen aus NATO-Staaten, Angriffe mit bewaffneten Drohnen, die Luftschläge von Kundus 2009 und der Einsatz der bislang größten konventionellen Bombe durch die Trump-Regierung 2017 sowie all die militärischen und zivilen Opfer die NATO und ihre Verbündeten ihrem Ziel keinen Schritt näher gebracht haben. Selbst der seit sechs Jahren als Exit-Strategie verfolgte Aufbau der sog. Afghanischen Sicherheitskräfte (Afghan National Security Forces, ANSF) hat sich in den letzten Wochen als Popanz und grandioser Fehlschlag erwiesen, der letztlich von der NATO gelieferte Rüstungsgüter in die Hände der Taliban überführte. Der Einsatz bewaffneter Kräfte diente in all dieser Zeit dem Ziel, „Handlungsfähigkeit“ zu simulieren, wo sie de facto nie existierte. (…) Die Medienberichte und noch deutlicher die – Ihnen vorliegenden – Lageberichte der Bundesregierung lassen keinen Zweifel daran, dass auch die zwischenzeitliche, prekäre und tödliche „Stabilisierung“ am Flughafen Kabul primär auf das Agieren der Taliban zurückzuführen ist. De facto besteht vor Ort längst eine Kooperation der NATO-Kräfte und der am Flughafenzugang ihre Peitsche schwingenden Taliban. (…) Was nun dem Bundestag in einer Sondersitzung im Wahlkampf als Mandat zur Abstimmung vorgelegt wird, ist das robusteste und wahrscheinlich auch gefährlichste Mandat in der Geschichte der Bundeswehr. Es ist allenthalben von einer „komplexen“, „dynamischen“ und „sich stündlich verändernden“ Lage die Rede, in der der Waffeneinsatz gegen Zivilist*innen geradezu naheliegend ist. Das kleine Kontingent wird von einem eigens eingeflogenen Brigadegeneral geführt, dem das BMVg in Kramp-Karrenbauer „vollstes Vertrauen, jegliche operationelle Freiheit und meine politische Rückendeckung“ zugesichert hat. Im Mittelpunkt dieses Mandates stehen Spezialkräfte und insbesondere das Kommando Spezialkräfte (KSK), das noch zu Beginn des Jahres aufgrund rechtsextremer Umtriebe sowie seiner Resilienz gegen parlamentarische und rechtliche Kontrolle kurz vor der Auflösung stand. Warum es diese Spezialkräfte sein müssen, die in dieser Lage „berechtigte“ und „unberechtigte“ Ausreisewillige separieren, ist erklärungsbedürftig. Im Grunde wären hier kompetente und erfahrene zivile Organisationen deutlich sinnvoller. Diese haben Erfahrung damit, Mitarbeiter*innen zu evakuieren. (…) Nach aktueller Planung würden die Flüge dieser, auf Spezialkräfte ausgerichteten, Hubschrauber von den US-Spezialkräften ihrerseits abgesichert. Damit bestimmen diese auch mit. Und wenn etwas schief läuft, werden „wir“ vermutlich auch wieder „solidarisch“ sein müssen. Dann fängt der Krieg in Afghanistan von Neuem an – und „wir“ sind mit dabei…” IMI-Standpunkt 2021/048 von Jacqueline Andres, Christoph Marischka und Jürgen Wagner vom 23. August 2021
  • Nato-Waffen in Taliban-Hand: Wie die Islamisten zur bestgerüsteten Terrorgruppe der Welt werden konnten
    “Schlimmer hätte es wahrlich nicht kommen können: (…) Unkompliziert und kostenfrei – einfacher hätte dieser aus Nato-Sicht ganz und gar ungewollte Waffendeal nicht ablaufen können. Mit der nahezu reibungslos verlaufenen Machtübernahme fielen der „Islamischen Talibanbewegung Afghanistans“, kurz Taliban, in wenigen Tagen im August in gewaltigem Umfang Kriegsmaterial der US-Army und ihrer Verbündeten in die Hände. Dabei handelt es sich um Groß- und Kleinwaffen (wie Flugzeuge und Gewehre), um Rüstungsgüter (wie militärische Geländefahrzeuge) und um Munition in riesiger Menge. Da die afghanischen Regierungstruppen ihre Stellungen zumeist kampflos aufgegeben haben, verfügen die Taliban ab jetzt über ein erschreckendes Arsenal voll einsatzfähiger Hightechwaffen. (…) Fortan können die Taliban auch deutsches Kriegsgerät nutzen, denn „seit Anfang 2002 bis heute wurden Rüstungsexporte für 418,8 Millionen Euro in das zentralasiatische Land genehmigt“. Letzte Ausfuhrerlaubnisse wurden noch 2021 erteilt, berichtet Zeit-online (vom 22.08.2021)…” Beitrag von Jürgen Grässlin vom 23. August 2021 aus ZivilCourage 3/2021
  • [„Sterbegeld“ oder “Fernhaltegeld”?] GIZ zahlt Bleibeprämie für afghanische Ortskräfte
    Die Entwicklungshilfeagentur GIZ bietet Ortskräften, die in Afghanistan bleiben ein Jahresgehalt an. Ex-Ortskräfte kritisieren die mangelnde Hilfe der Organisation. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bietet afghanischen Ortskräften, die im Land bleiben wollen, finanzielle Unterstützung an. Es handle sich um ein Jahresgehalt zur Überbrückung der schwierigen Lage, sagte am Sonntag ein Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Hauptauftragbeber der GIZ. (…) Es sei “einfach nur niederschmetternd, wie die Deutschen agierten”, habe eine afghanische GIZ-Mitarbeiterin am Telefon gesagt. Sie habe den Eindruck, der Bundesregierung gehe es vor allem darum, die Zahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, möglichst niedrig zu halten. “Wir wollen kein Geld, sondern Sicherheit”, zitiert der Spiegel die Frau, die aus Angst vor den Taliban nicht mit Namen genannt werden wolle.” Agenturmeldung vom 22. August 2021 in der Zeit online
  • Flucht aus Afghanistan – Was Deutschland jetzt machen muss
    “In Afghanistan herrschen wieder die Taliban, viele Menschen sind in Lebensgefahr. (…) Während vielen Afghan*innen also vor Ort um ihr Leben und ihre Sicherheit bangen, panisch versuchen noch über den Flughafen in Kabul das Land zu verlassen und ihre Angehörigen in Deutschland krank vor Sorge sind, haben manche Politiker*innen in Deutschland nichts Besseres zu tun, als das rechtspopulistische Mantra »2015 darf sich nicht wiederholen« aus der Schublade hervorzukramen. (…) Was sich von 2015 wirklich nicht wiederholen darf ist, dass Tausende Menschen auf der Flucht sterben. Es müssen jetzt sichere Fluchtwege geschaffen und Afghan*innen geschützt werden. (…) Eine besondere Verantwortung gibt es für Bedrohte mit Bezug zu Deutschland. Hierzu gehören u.a.: – Alle Afghan*innen, die für deutsche Ministerien, deutsch finanzierte Organisationen und Einrichtungen gearbeitet haben – unabhängig davon zu welchem Zeitpunkt diese Tätigkeit war. Dies muss auch für bei Subunternehmen Beschäftigten gelten. Es kann nicht sein, dass jemand der jahrelang die deutsche Botschaft geschützt hat, jetzt nicht im Gegenzug von Deutschland geschützt wird! – Hinzu kommen Familienangehörige von in Deutschland lebenden Afghan*innen, auch sie sind nun akut gefährdet. Zum Teil warten sie bereits seit Jahren auf Visa zum Familiennachzug warten. Journalist*innen, die für deutsche Medien gearbeitet oder sich ihn ihnen kritisch geäußert haben. – Wissenschaftler*innen, die in Deutschland studiert oder geforscht haben. Es müssen zudem alle aufgenommen werden, die sich in den letzten Jahren für ein freies und demokratisches Afghanistan eingesetzt haben, wie Frauenrechts- und Menschenrechtsverteidiger*innen, Autor*innen, Künstler*innen, Sportler*innen, und deswegen stark gefährdet sind oder besonders schutzbedürftig sind, wie Angehörige religiöser, ethnischer und sexueller Minderheiten. Die gefährdeten Personen müssen mit ihren Familien gerettet werden! Beim Familienbegriff darf nicht auf die deutsche Kernfamilie (Vater, Mutter, minderjähriges Kind) abgestellt werden, denn dies entspricht auch nicht der Gefährdungslage! (…) Der Familiennachzug zu in Deutschland lebenden Afghan*innen muss dringend vereinfacht werden, um die Menschen sicher zu ihren Verwandten zu holen. (…) Angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan muss jeder Spielraum genutzt werden und von gewissen Erteilungsvoraussetzungen, wie z.B. Sprachnachweisen, abgesehen werden. Außerdem dürfen beim Familiennachzug ledige erwachsene Töchter und Söhne, die alleine zurückbleibend oft stark gefährdet wären, nicht außen vor bleiben. Über den § 36 Abs. 2 AufenthG können auch Familienmitglieder außerhalb der Kernfamilie aufgenommen werden und dies muss aktiv genutzt werden…” Position von Pro Asyl in deren Pressemitteilung vom 20. August 2021, siehe auch:
  • Vietnam 2.0. Von den Verbrechen des Westens in Afghanistan und der Not, die bleibt
    Artikel von Fabian Scheidler vom 21. August 2021 bei Telepolis
  • Kabul, das zweite Saigon
    Artikel von Matin Baraki am 19.08.2021 bei der RLS über den Krieg des Westens in Afghanistan und was davon übrig bleibt
  • Kein Plan. Afghanistan, jetzt. Ein Versuch, die Lage in Kabul aus Deutschland zu beschreiben.
    Seit Tagen dieselben Bilder, alle wenigstens mit diesen Beiworten zu belegen: erschütternd, empörend, beschämend. Auch heute früh um 6 Uhr, gleich nach Ende der Ausgangssperre, machen sich abertausende Afghan:innen zum Flughafen Kabul auf. Ungezählte scheitern an den immer zahlreicheren Checkpoints der Taliban, werden dort beschimpft, geschlagen, verprügelt, ausgepeitscht, ins Ungewisse weggeführt oder einfach in die dichten Reihen derer zurückgestoßen, die sich hinter jedem zusammenballen. Wir geben hier weiter, was uns unsere Partner:innen am Telefon, in Emails oder Textnachrichten berichten. (…) Warum davon sprechen, warum das hier festhalten? Weil es seit Tagen Tote und Verwundete gibt. Weil es gerade jetzt, in dieser Minute, Tote und Verwundete gibt. Weil es wenigstens diese Toten und Verwundeten nicht hätte geben müssen, denn es gab schon viel zu viele. (…) Auch wenn der Kollaps sie hinweggerissen und in die Flucht, vor den Flughafen getrieben hat, haben sie dem wohlfeil einbekannten „Scheitern“ eine Grenze, ihre Grenze gesetzt. Die Grenze der wirklichen Bewegung der afghanischen Demokratie. Die gab es, noch vor wenigen Tagen. Der Westen und mit ihm die Bundesregierung haben mit der Auslieferung Afghanistans an die Taliban also nicht einfach die überfällige Konsequenz aus einem längst offensichtlichen „Scheitern“ gezogen. Sie haben all die im Stich gelassen und der Gewalt ausgeliefert, die über Jahre hinweg ihr Leben eingesetzt haben, damit aus den hohlen Versprechungen des Westens Wirklichkeit wird.” Beitrag von Thomas Rudhof-Seibert vom 19. August 2021 bei medico international samt dem Spendenstichwort: Afghanistan
  • Hungerstreik aus Sorge. Afghanen haben Angst um ihre Angehörigen und fordern ihre Aufnahme in Berlin
    “»Ich habe neun Jahre für die Bundeswehr in Afghanistan gearbeitet. Rettet meine Frau und meine Familie.« Dieser Appell steht auf den Schildern, die zwei in Afghanistan geborene Männer, die schon länger in Deutschland leben, geschrieben haben. Der Adressat ihres Hilferufs sind Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und sein Ministerium. Deshalb haben sie sich am Donnerstagvormittag mit den selbst gemalten Schildern in Sichtweite des Auswärtigen Amtes in Berlin-Mitte postiert. Mit dabei haben sie Dokumente, die beweisen sollen, dass ihre Angehörigen für die Nato und die Internationalen Truppen (ISAF) gearbeitet haben. Die Protestaktion sei spontan erfolgt, erzählen die beiden Männer, die ihre Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, dem »nd«. »Wir sorgen uns um unsere Angehörigen und Freund*innen, die jetzt nicht wissen, was in der nächsten Zukunft in Afghanistan mit ihnen geschieht«, sagt der eine. Noch habe man über die sozialen Medien Kontakt. Doch auch da müsse man vorsichtig sein. Ihre Angehörigen würden nie länger als eine Minute per Handy telefonieren, weil sie Angst hätten, von den Taliban und ihrer Polizei geortet zu werden. Die Versprechungen der Taliban, dass den Menschen nichts passiert werde, halten die beiden Männer für Propaganda. Alle afghanischen Unterstützer*innen der Nato und der ISAF müssen die Möglichkeit haben, per Luftbrücke das Land zu verlassen, lautet ihre Forderung…” Artikel von Peter Nowak vom 19.08.2021 im ND online
  • [Demo in Berlin am 22.08.] Afghanistan: Verantwortung übernehmen – Aufnahme jetzt!
    “… Die jetzige Katastrophe war abzusehen und ist direktes Ergebnis von internationalen machtpolitischen Auseinandersetzungen. Jetzt überrascht zu tun, ist beschämend. Noch vor ein paar Monaten hieß es von der Bundesregierung “Wir lassen niemanden zurück”: Anstatt aber gefährdete Menschen frühzeitig zu evakuieren, wurden ein 20 Tonnen schwerer Gedenkstein und über 20.000 Liter Bier, Wein und Sekt ausgeflogen. (…) Alle Afghan*innen, die sich seit Jahren für ein friedliches und demokratisches Afghanistan  einsetzen, sind in akuter Lebensgefahr. Deutschland trägt die Verantwortung, für den Schutz dieser Menschen und ihrer Angehörigen zu sorgen! Deshalb fordern wir: Die Bundesregierung muss die Luftbrücke zur Evakuierung mit aller Kraft aufrecht erhalten – und möglichst viele Menschen aufnehmen. Innerhalb  Afghanistans müssen Fluchtwege zum Flughafen Kabul für gefährdete Personen geschaffen werden. Afghan:innen müssen in Deutschland Flüchtlingsschutz bekommen. Der Familiennachzug zu in Deutschland lebenden Afghan:innen muss unbürokratisch und schnell erfolgen. Bundes- und Landesaufnahmeprogramme für Afghan:innen aus den Anrainerstaaten Afghanistans müssen eingerichtet werden. Politische Veränderungen schaffen wir nur durch den kollektiven Druck auf der Straße. Deswegen schließt euch uns an: Schutz für Afghaninnen und Afghanen jetzt!” Aufruf bei Seebrücke zur Demo am 22.08.2021 13:00 — 16:00 Uhr im Berlin Regierungsviertel unterstützt von: Seebrücke // Jugendliche Ohne Grenzen // Afghanisches Kommunikations- und Kulturzentrum (AKKZ) // Afrique Europe Interact // Adopt a Revolution // Fish in Water Films // Solidarisch geht anders! // Flüchtlingsrat Bremen e.V. // Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin e.V. // Flüchtlingsrat Berlin e.V. // PRO ASYL – und LabourNet
  • Rechtsbruch beenden! Erfüllung der menschenrechtlichen Verpflichtung gegenüber lokal Beschäftigten, Familienangehörigen und Schutzsuchenden aus Afghanistan. Aufnahme jetzt!
    Pro Asyl, Rechtsanwält*innen, Jurist*innenorganisation und nationale sowie europäische Anwält*innenorganisationen erklären und fordern: Die zugespitzte Lage in Afghanistan wurde für den Fall des Abzugs der westlichen Streitkräfte von Expert*innen einhellig vorhergesehen. (…) Das BAMF, welches unter Fachaufsicht des Bundesinnenministeriums steht, reagiert auf die Entwicklung der letzten Wochen – wenn überhaupt – mit dem bekannten Muster: Entscheidungsstopp. Das ist nicht nur zynisch, sondern rechtswidrig. (…) Wir wenden uns gegen Lageberichte und eine Behördenpraxis, die das Ausmaß des brutalen Bürgerkriegs und die daraus folgende humanitäre Katastrophe auch jetzt noch systematisch leugnet und die rechtlichen Verpflichtungen missachtet…” Gemeinsame Pressemitteilung vom 18.08.2021 von RAV, DAV, EDA, Pro Asyl, VDJ, Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände mit umfangreichen Forderungen
  • Luftbrücke jetzt! Schafft sichere Fluchtwege aus Afghanistan!
    Seit letzter Woche waren die Taliban auf  Vormarsch und haben mittlerweile Afghanistan komplett unter Kontrolle. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, Menschen jetzt sofort vor den brutalen Extremisten der Taliban zu retten – bevor es zu spät ist. Die deutsche Bundesregierung hat versagt, die Menschen vor den Taliban zu schützen. Afghanistan war und ist nicht sicher. Alle, die das Land verlassen möchten, müssen dies tun können. Es geht jetzt um Menschen und nicht um Papiere und Grenzen! Deswegen ruft die Seebrücke zu Demonstrationen und Aktionen auf und appelliert an die deutsche Bundesregierung: Baut eine Luftbrücke – schafft sichere Fluchtwege aus Afghanistan! Noch vor ein paar Monaten hieß es von der Bundesregierung: “Wir lassen niemanden zurück”. Jetzt sind alle Afghan*innen, die sich für ein friedliches und demokratisches Afghanistan eingesetzt haben, in akuter Lebensgefahr. Deutschland muss gefährdete Menschen schützen und sofort evakuieren. Deswegen fordern wir von der Bundesregierung: Sofortige Einrichtung einer Luftbrücke, um akut gefährdete Menschen und ihre Familien nach Deutschland zu holen; Schutz und Aufnahmeprogramme für alle Afghan*innen, die von den Taliban verfolgt werden; Direkte Aufnahme der Menschen aus Afghanistan durch die bereitstehenden Länder und Kommunen in Deutschland ermöglichen; Die Einrichtung von  sicheren Fluchtwegen für alle Menschen, die das Land verlassen wollen; Sicherheit und dauerhaftes Bleiberecht für afghanische Menschen, die in Deutschland leben und kommen werden. Deswegen gehen wir in ganz Deutschland und Europa auf die Straßen und sagen laut und klar: Holt die Menschen raus, baut eine Luftbrücke nach Deutschland – sichere Fluchtwege für alle Menschen aus Afghanistan! Innerhalb kürzester Zeit sind jetzt schon bereits fast 20 Aktionen der Seebrücke Lokalgruppen geplant – und es kommen immer mehr dazu…” Aufruf und Demoliste bei Seebrücke und auf deren Twitter-Kanal, siehe auch  https://www.kabulluftbruecke.de/  und die Spendensammlung vom Afghanischen Frauenverein e.V.
  • Der Sieg der Taliban und die neuen Prioritäten des Westens: US- und Nato-Truppen verlassen Afghanistan – die Bilanz ihres Krieges ist verheerend
    “Die Niederlage des Westens ist so umfassend, dass sich die Taliban nicht einmal zum Schein an Friedensgesprächen beteiligen müssen. Die ausländischen Streitkräfte ziehen nun nahezu Hals über Kopf ab«, schrieb Peter Carstens am 24. April in der FAZ. Die USA hatten die Taliban für diesen Tag zu einer Friedenskonferenz nach Istanbul eingeladen. Die Islamisten sahen daran keinen Sinn und lehnten eine Beteiligung ab. (…) Den USA und ihren Nato-Verbündeten ist es nicht gelungen, selbst unter Einsatz von bis zu 150.000 Soldaten, die Taliban zu besiegen. Der Krieg hat in seinen Hochzeiten, in den Jahren zwischen 2001 und 2014, jede Woche 1,5 Milliarden US-Dollar gekostet. Er war auf Dauer nicht mehr finanzierbar. Zwanzig Jahre Krieg haben zudem unvorstellbare Verheerungen angerichtet. Nach einem Bericht des Nachrichtensenders TOLO-TV vom 18. April sollen nach Zählungen der afghanischen und der US-Regierung sowie der UNO 160.000 Menschen seit 2001 ums Leben gekommen sein. Darüber hinaus wurden laut FAZ »66.000 afghanische Sicherheitskräfte, 4.000 internationale Soldaten und 80.000 Islamisten« getötet. Hinzu kommt noch, dass durch die Zusammenarbeit und direkte Unterstützung der Warlords durch die Nato-Länder, Korruption, Vetternwirtschaft, ethnische Fragmentierung und so weiter besonders gut gedeihen konnten. Der gesamte Staatsapparat, sowohl die Judikative als auch die Exekutive, die Legislative wie auch die Sicherheitsorgane, sind durch und durch mit dem Virus der Korruption verseucht. Die Elite hat längst ihre Dollars auf die Banken in Dubai transferiert und sitzt nun auf gepackten Koffern. Wer kann, verlässt das Land. (…) In Afghanistan ging es der US-Imperialmacht, ebensowenig wie ihren Verbündeten, darunter Deutschland, von Anfang an weder um Frauen- noch um Menschenrechte. Auch Afghanistan selbst scherte sie nicht. Ihnen waren ihre strategischen Interessen in der Region, die Umzingelung der Russischen Föderation und ein Regimechange in Iran wichtig. Nun haben sich aber die Rahmenbedingungen geändert und damit die Prioritäten der US-Strategie. In absehbarer Zeit wird die VR China die USA ökonomisch, aber auch militärisch, wenn nicht überholen, so doch mit ihr gleichziehen können. Ende 2017 wurde in der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA China als »strategischer Rivale« eingestuft. Die USA werden versuchen, nun auch unter Präsident Biden China militärisch zu umzingeln und den Aufstieg des Landes zur künftigen Weltmacht mindestens zu verzögern…” Artikel von Matin Baraki vom 17. August 2021 aus ‘analyse & kritik’ (ak) 673
  • So humanitär endet die Intervention
    Die Prioritäten beim Rückzug aus Kabul machen offensichtlich, was jeder ahnen konnte: Bei der Militärintervention ging es nie um die Rechte der Menschen in Afghanistan. Der Westen hat seine Verbündeten verraten.
    Verzweifelte Menschen klammern sich an Flugzeuge und Hubschrauber, werden in die Luft gerissen und fallen in den Tod: Die Geschehnisse am Flughafen von Kabul sind selbsterklärend, die Schande des Westens offensichtlich. Lokale Verbündete sind den westlichen Regierungen und Militärs in diesem Moment vollkommen egal – es gilt auch heute, was die letzten Jahrzehnte immer galt: Menschliches Leben in Afghanistan ist für sie wertlos und entbehrlich. Wer unter diesen Umständen versucht, aus dem Land zu fliehen, tut dies nicht aus Kalkül und nicht aus vielschichtigen Motiven: Die Ortskräfte, die es jetzt nicht aus dem Land schaffen, erwarten Folter und Tod, weil ihre Assoziation mit den westlichen Besatzern entweder allgemein bekannt ist oder schnell auffliegen wird. Auch jene Menschen, die nicht aktiv mit dem Westen kooperiert, sondern sich lediglich offen dem Islamismus entgegengestellt haben, etwa Feministinnen, müssen um ihr Leben fürchten. Es gibt für sie kein Versteck und keine Anonymität. Wenn diesen politisch Verfolgten in Deutschland und Europa kein Recht auf Asyl gewährt wird, kann man sich das Feigenblatt des Asylrechts auch ganz sparen. Der Krieg in Afghanistan war von Anfang an ein Fehler, eine Intervention des Westens hätte niemals stattfinden dürfen. Doch ob der Krieg nun richtig oder falsch war, die moralische Schuld des Westens gegenüber seinen lokalen Verbündeten besteht: Sie nun im Stich zu lassen, während Asylverfahren verschleppt, verhindert oder offen abgelehnt werden, ist jenseits jeder politischen Bewertung der Intervention menschlich widerwärtig und verbrecherisch
    …” Artikel von Alexander Brentler vom 17.08.2021 bei Jacobin.de
  • Flucht aus Kabul und Deutschlands „Verantwortung“
    “… Bei denjenigen, die nun teilweise mit Waffengewalt zugunsten des westlichen Botschaftspersonals davon abgehalten werden, Kabul in den Militärmaschinen der NATO-Staaten zu verlassen, dürfte es sich also v.a. um Angehörige jener Zivilgesellschaft handeln, deren Aufbau v.a. in Deutschland immer wieder als großer Erfolg des NATO-Einsatzes hervorgehoben wurde. So sprach Winfried Nachtwei, entschiedener Befürworter der Afghanistan-Mission während der Regierungsbeteiligung der Grünen kürzlich von „einer vitalen Zivilgesellschaft“, die sich in den Städten gebildet habe. Auch in den Debatten im Bundestag zur Verlängerung der Bundeswehr-Mandate wurde stets die Verantwortung für diese Zivilgesellschaft hervorgehoben, so etwa von Aydan Özoğuz (SPD) in ihrem Plädoyer für die Mandatsverlängerung im Februar 2020: „Es gibt unglaublich starke und mutige Frauen in Afghanistan, die jeder Unterdrückung trotzen und trotz ständiger Drohung zu den Versammlungen gehen, um dort deutlich zu machen, dass ihnen ihre Rechte zustehen. Immer wieder bitten sie uns um Unterstützung. Wir dürfen sie hierbei nicht alleine lassen“. Wie Deutschland nun mit dieser Verantwortung umgeht, zeigt sich am Flughafen von Kabul. Da war ihr Fraktions-Kollege Fritz Felgentreu (SPD) in seiner anschließenden Rede schon ehrlicher, als er die tatsächlichen Handlungsparameter des Bundeswehr-Einsatzes benannte: „Der Grundsatz ‚Zusammen rein, zusammen raus‘ gilt, sowohl aus politischen wie aus militärischen Gründen und aus Gründen der Sicherheit“. Überhaupt war in den letzten Jahren zu bemerken, dass der Begriff der „Verantwortung“ in den Afghanistan-Debatten sich immer weiter weg von Afghanistan hin zu den NATO-Verbündeten bewegte. (…) Caritas International und allen anderen Hilfsorganisationen, die eine Distanz zur NATO wahren konnten und (auch deshalb) weiterhin in Afghanistan aktiv bleiben können, ist für die kommenden Monate und Jahre alles Gute und alle erdenkliche Unterstützung zu wünschen.” Artikel von Bernhard Klaus vom 16. August 2021 als IMI-Standpunkt 2021/045
  • Liveticker: Taliban beherrschen Afghanistan wieder / “Schande über die ganze Welt!”
    Islamisten nehmen Präsidentenpalast in Kabul ein, Präsident Ghani flieht. Panik in westlichen Staaten und Notevakuierungen…” Liveticker der Redaktion Telepolis, siehe auch die gute Berichterstattung (samt Videos) im Twitter-Kanal von medico international und hier einige Artikel dazu:

    • Afghanistan: “Schande über die ganze Welt!”
      “Afghanistan ist wieder allein: Während die Taliban das Land erobern, kämpfen medicos Partnerorganisationen ums Überleben…” Artikel von Thomas Rudhof-Seibert vom 13. August 2021 bei medico international
    • Wie Dominosteine: Taliban nehmen Afghanistan ohne Gegenwehr ein
      Die Taliban versprechen eine friedliche Übernahme. Doch die Menschen in Afghanistan haben Angst. Und die Veränderungen lassen nicht auf sich warten. (…) Ungläubig hatten die USA und andere westliche Staaten der raschen Abfolge der Ereignisse zugesehen, in der Provinzen und Städte nacheinander wie Dominosteine fielen. Bis zum Sonntagmorgen lag die bange Frage in der Luft, ob die Taliban Kabul mit Gewalt einnehmen wollten. Blutige Straßenkämpfe in der Vier-Millionen-Stadt wären einer humanitären Katastrophe gleichgekommen. Afghanistans Präsident Ashraf Ghani hatte sich noch am Samstag trotz massiven Drucks geweigert, zurückzutreten. Am Sonntag verließ er Medienberichten zufolge das Land. Dem 72-Jährigen Ghani, der 2014 erstmals zum Präsidenten gewählt wurde, war es nicht gelungen, seine Anti-Taliban-Koalition aus Milizenführern und anderen Regionalfürsten zusammenzuhalten, in einem Land, in dem Stammeszugehörigkeiten und regionale Loyalitäten die alles entscheidende Rolle spielen. Mit eigenwilligen Personalentscheidungen hatte Ghani zuletzt viel Sympathien verspielt. Hingegen konnten die Taliban, die selbst ebenfalls ein lockerer Zusammenschluss lokaler Kommandanten mit unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Interessen sind, ihre Männer deutlich besser bei der Stange halten. Am Ende siegte der Opportunismus. Die afghanische Armee machte von Beginn der Taliban-Offensive an keinerlei Anstalten zur Gegenwehr. Die 300.000 Mann starke Truppe, die über zwei Jahrzehnte mit Milliarden US-Dollar unterstützt und ausgebildet wurde, ergab sich kampflos statt für die Regierung in Kabul zu streiten. Für viele Soldaten ist die Regierung nur ein unbedeutendes Konstrukt fremder Mächte. Widerstand schworen alleine die alten Milizenführer, die noch in den 1980er und 1990er Jahren gegen die Taliban ins Feld gezogen waren. Doch auch diese Front bröckelte rasch, als klar wurde, dass die Tage der Regierung in Kabul angesichts des fehlenden Kampfgeistes gezählt waren…” Artikel von Agnes Tandler vom 16.08.2021 beim Migazin
    • Taliban in Kabul: Afghanistan – „Das ist gescheitert“
      Die Taliban haben offenbar die Macht in Afghanistan übernommen. Am Sonntag drangen sie bis nach Kabul vor. Präsident Ghani hat Medienberichten zufolge das Land verlassen. Derweil harren afghanische Ortskräfte weiter im Land aus. Maas verspricht Evakuierung. Es hagelt Kritik. Die Lage in Afghanistan spitzt sich immer weiter zu. Während die Taliban am Sonntag bis nach Kabul vorrückten, herrschte in der Bevölkerung Panik. Präsident Aschraf Ghani soll angesichts der Situation Medienberichten zufolge das Land verlassen haben. In einer Erklärung versicherten die Taliban, ihre Kämpfer würden die Vier-Millionen-Metropole nicht mit Gewalt einnehmen und den Menschen eine Ausreise ermöglichen. (…) Innerhalb kürzester Zeit hatten die Taliban alle großen Städte unter ihre Kontrolle gebracht, oftmals ohne Gegenwehr. Derzeit seien Verhandlungen über einen friedlichen Machtwechsel im Gange, teilten die Aufständischen in den sozialen Netzwerken mit. Sie kontrollieren inzwischen fast alle der 34 Provinzen…” Beitrag vom 16.08.2021 beim Migazin
    • Afghanistan: Ende mit Schrecken nach 20 Jahren Lügen und Morden
      Kabul steht vor dem Fall. Der drohenden Gräuel durch die Taliban hat die internationale Militärkoalition den Weg durch ihr brutales Besatzungsregime geebnet…” Artikel von Marius Rautenberg vom 15.8.2021 bei Klasse gegen Klasse – ein guter Rückblick
  • Der Zwanzigjährige Krieg: Die Bundeswehr hat Afghanistan verlassen. Kriegsbilanz: eine Viertelmillion Todesopfer, eine schwer geschädigte Bevölkerung, die Taliban rasant auf dem Vormarsch
    “Der zweitlängste und bislang blutigste Militäreinsatz der Bundesrepublik Deutschland ist zu Ende. Nach einem knapp zwanzigjährigen Krieg trafen am gestrigen Mittwoch die letzten Soldaten der Bundeswehr, die in der Nacht zuvor Afghanistan verlassen hatten, auf dem Luftwaffenstützpunkt Wunstorf nahe Hannover ein. In den Kämpfen am Hindukusch sind dem “Costs of War Project” an der US-Elitehochschule Brown University zufolge ungefähr eine Viertelmillion Menschen ums Leben gekommen; hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Opfern, die an direkten Kriegsfolgen verstarben. Fast sieben Millionen Afghanen sind auf der Flucht; zahllose Menschen sind verletzt oder verstümmelt, darunter Zehntausende Kinder. Allein die US-Aufwendungen für das Gemetzel belaufen sich auf mehr als 2,2 Billionen US-Dollar; die Bundesregierung gibt die Ausgaben für den Bundeswehreinsatz mit 12,2 Milliarden Euro an. (…) Die voluminösen Finanzmittel – zu den US-amerikanischen und den deutschen Beträgen kommen diejenigen diverser weiterer westlicher Mächte sowie ihrer Verbündeten hinzu – sind in einen Krieg geflossen, der nicht zur zahllose Menschenleben gekostet, kaum bezifferbare soziale Schäden und immense materielle Zerstörung verursacht hat, sondern der zudem de facto verloren, also sogar nach den Maßstäben der kriegführenden Staaten erfolg- und damit sinnlos gewesen ist. Dies belegt, dass inzwischen sogar der ranghöchste Kommandeur der abziehenden US-Truppen, General Austin “Scott” Miller, einen rasanten Vormarsch der Taliban einräumt. Laut Schätzungen von Experten kontrollieren die Taliban mittlerweile rund 140 der insgesamt 370 Distrikte des Landes und verfügen in 170 weiteren über signifikanten Einfluss. “Fast täglich”, heißt es, “fallen mehr Distrikte an die Taliban, entweder in gewaltsamen Zusammenstößen oder durch friedliche Kapitulation.”[8] Miller spricht von einer “landesweiten Offensive”, die eine Entwicklung wie diejenige in den 1990er Jahren nach dem Abzug der sowjetischen Armee befürchten lasse. Nach Lage der Dinge kämen dann in absehbarer Zeit die Taliban in Kabul an die Macht. Damit wäre im Wesentlichen der Zustand des Landes unmittelbar vor Beginn des Krieges im Jahr 2001 erreicht.” Bericht vom 1. Juli 2021 von und bei German-Foreign-Policy.com
  • Pro Asyl: Afghanische Ortskräfte jetzt ausfliegen!
    “… Angesichts des heute erfolgten, vollständigen Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan fordert PRO ASYL die Verteidigungsministerin auf, „offenzulegen, wie und auf welchem Wege die bedrohten Ortskräfte gerettet werden“. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL, kommentiert: „Sie brauchen Schutz, sie müssen ausgeflogen werden.“ Allein zu verkünden, Deutschland trage eine Verantwortung für die Ortskräfte, reicht nicht aus. Noch immer ist für die Betroffenen unklar, an wen sie sich wenden können und wie die Bundesregierung sie bei der Ausreise unterstützt. Eine solche Rettungsmaßnahme kann nicht mit einem bürokratisierten Antragsverfahren erfolgen. Wenn die Bundesregierung den Vorwurf entkräften will, Deutschland lasse die Ortskräfte im Stich, muss sie dringend dafür sorgen, dass das weitere Vorgehen transparent wird und die Ausreise schnell möglich ist. „Es ist mehr als irritierend, dass die Bundeswehr rund 22 000 Liter Bier, Wein und Sekt ausgeflogen hat, aber viele Menschen, die für Deutschland gearbeitet haben, zurückgelassen werden“, sagt Burkhardt. PRO ASYL ist in großer Sorge, dass auch der Familiennachzug von Afghanistan zu in Deutschland lebenden Schutzberechtigten vollständig zum Erliegen kommt. Denn die Visa-Abteilung der Deutschen Botschaft in Kabul hat geschlossen, Visaanträge auf Familiennachzug müssen in Islamabad oder Neu-Delhi gestellt werden, was zeitnah nicht möglich ist. Auch hier müssen unbürokratische Lösungen gefunden werden. Angesichts der sich zuspitzenden Lage in Afghanistan fordert PRO ASYL die Bundesländer zudem auf, eigenständig einen Abschiebestopp für drei Monate zu erlassen. „Niemand darf jetzt abgeschoben werden. Die Abschiebeflüge müssen eingestellt werden“, erklärt Burkhardt. In dieser Zeit muss das Auswärtige Amt einen aktuellen Lagebericht zu Afghanistan erstellen, auf dessen Grundlage Gerichte und das Bundesamt für Migration die Situation angemessen einschätzen und beurteilen können.” Pressemitteilung vom 30. Juni 2021 von und bei Pro Asyl
  • Kapitulation am Hindukusch
    Merkwürdig still und gelassen wurde die Nachricht in der westlichen Öffentlichkeit aufgenommen: Bis zum 11. September sollen alle US-amerikanischen Truppen aus Afghanistan abgezogen werden. Die verbündeten NATO-Soldaten verschwinden ebenfalls, sie wären ohne die Amerikaner ohnehin wehrlos. (…) Erinnert sich noch jemand daran, wie unermüdlich uns in den vergangenen zwanzig Jahren von unseren Regierungen erklärt wurde, der Militäreinsatz in Afghanistan sei notwendig und erfolgreich? Auch Deutschland werde am Hindukusch verteidigt? Ursprünglich aus dem Rachebedürfnis der USA nach den Anschlägen von 2001 hervorgegangen, überdauerte die Besetzung Afghanistans auch die Tötung des Terroristenführers Osama bin Laden in Pakistan, der doch ursprünglich als Grund für den Einmarsch angeführt worden war. Alle wissen es und murmeln es auf Anfrage auch kleinlaut: Der Krieg in Afghanistan war ein katastrophaler Fehlschlag, nur im Ausmaß verschieden von der Niederlage der USA in Vietnam. (…) Es ist unmöglich, in einem Land zwangsweise die Demokratie einzuführen, in dem es noch nicht einmal eine bürgerliche Gesellschaft gibt. War diese deprimierende Einsicht das Blut wert, das vergossen worden ist? Das Schicksal von Afghanistan ist eine Tragödie. Und Deutschland trägt munter dazu bei, die Zahl ihrer Opfer noch zu erhöhen. Beherzt schieben die deutschen Behörden auch während der Corona-Pandemie weiterhin Afghanen in eine Zukunft ab, die nun immerhin nicht mehr ungewiss ist, sondern ganz sicher aus Krieg und Tod bestehen wird. Ein Ende dieser Praxis ist nicht in Sicht, die Politikerinnen und Politiker haben zu große Angst vorm deutschen Volkszorn…” Kolumne von Michael Bittner vom 04. Mai 2021 bei Mission Lifeline
  • Siehe auch: Kein Ende in Sicht. Die Mär vom Abzug aus Afghanistan

Quelle: labournet.de… vom 6. Oktober 2021

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