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Algerien: Den politischen Konflikt zuspitzen!

Eingereicht on 22. August 2019 – 8:16

Hakim Addad ist politischer Aktivist, Mitbegründer der Jugendorganisation Rassemblement ActionS Jeunesse (RAJ) und Mitglied des Kollektivs zur politischen Unterstützung und Beobachtung der Bewegung des 22. Februar. Maurizio Coppola hat mit ihm über aktuelle Perspektiven gesprochen.

Im letzten Frühling stürzte eine revolutionäre Bewegung in Algerien den langjährigen Diktator Abdelaziz Bouteflika. An seine Stelle trat de facto eine Regierung von Konterrevolutionären unter militärischer Kontrolle. Ihr Ziel: die Erhaltung des Status quo. Das lässt sich die Bewegung nicht gefallen: die seit nunmehr sechs Monaten andauernden Massendemonstrationen, auf Arabisch Hirak genannt, gehen trotz Sommerurlaub und brühender Hitze weiter. Hunderttausende fordern auf der Straße eine radikale Änderung des politischen Systems.

Am 9. August, dem 25. Protestfreitag, wurden Demonstrationen in 45 Städten gezählt. Auch am Folgefreitag füllten sich die Straßen. Die Tageszeitung El Watan spricht von einer politischen Reife der sozialen Bewegung: Im sechsten Protestmonat häufen sich die politischen Initiativen, die einen demokratischen Übergang organisieren wollen. Doch das Regime zeigt sich unnachgiebig, der Generalstabschef der Armee Ahmed Gaïd Salah geht bis heute seinen eigenen Weg. Ende Juli setzte Salah den ehemaligen Präsidenten des algerischen Parlaments, Karim Younès, ein, um einen „Dialog“ zur Lösung der Krise zu organisieren. Dieser nominierte sieben politische Persönlichkeiten, die dem Dialog Legitimität verschaffen sollten. Einige davon lehnten ab. Nicht nur sie waren mit dem Ansinnen, mit dem Regime in Dialog zu treten, nicht einverstanden – vor allem auf der Straße, bei zivilgesellschaftlichen Initiativen und anderen demokratischen Kräften stieß der Vorschlag auf Widerstand. „Rahou djay, rahou djay, el issyane el madani“ (Er kommt, der zivile Ungehorsam kommt!) wurde bei den Demonstrationen der letzten drei Wochen lautstark angekündigt. Vieles weist darauf hin, dass im September, also nach der „Sommerpause“ und nach den Semesterferien der Universitäten, die Demonstrationen und Protestaktionen sich durchaus noch radikalisierten könnten.

Ein Blick auf die Straße

Wie haben sich die Zusammensetzung der sozialen Bewegung und die Demonstrationen in den letzten Wochen entwickelt?

Hakim Addad: Wir befinden uns im sechsten Monat der Proteste. Fast täglich finden Demonstrationen statt, vor allem aber dienstags (Der Tag der Student*innendemos, auch während der Semesterferien, Anm. MC) und freitags. Im Vergleich zum 22. Februar sind wir zwar weniger zahlreich, aber die Straßen werden weiterhin mit mehreren Hunderttausenden von Menschen gefüllt und wir sind lebendiger denn je. Wir vertrauen fest darauf, dass sich die Mobilisierung in den nächsten Wochen zuspitzen wird. Seit dem 24. Protestfreitag skandieren die Demonstrant*innen im ganzen Land „Rahou jay rahou jay al issyaan al madani“. Diese neuen Aktionen nach dem Sommer bereiten wir zurzeit gerade vor.

Ist auch eine Entwicklung in den Forderungen festzustellen?

Hakim Addad: Zu Beginn der revolutionären Bewegung am 22. Februar 2019 war ihre Forderung höchst politisch: „Nein zum 5. Mandat. Systemwechsel“. Mit dem Fortschreiten der Monate sind die Forderungen politisch geblieben, aber sie wurden radikaler und präziser: „Nein zum Militärstaat, ja zu einem zivilen Staat“, oder Slogans gegen den Generalstabschef der Armee Gaïd Salah, „Nein zu den Präsidentschaftswahlen, ja zur verfassungsgebenden Versammlung“. Diese Forderungen werden jede Woche zu jeder Demonstration auf die Straße getragen. Die Forderungen und Slogans haben sich also entsprechend der Entwicklung der allgemeinen politischen Lage verändert und konkretisiert, doch die Essenz bleibt unverändert: „système dégage“, was soviel heißt wie das aktuelle System soll abhauen.

Ein Blick auf die politischen Organisationen

In den letzten Monaten haben wir viel über die soziale Zusammensetzung und über dieForderungen der sozialen Bewegung lesen können. Wo steht ihr nun mit der politischen Organisierung dieser Forderungen? Wie können die Plattformen beschrieben werden, die für sich beanspruchen, der politische Ausdruck der Straße zu sein?

Hakim Addad: Algerien erlebte in den 1990er Jahren einen zehnjährigen Bürgerkrieg, der 200.000 Tote forderte. Anschließend folgten zwanzig Jahre unter einem räuberischen und repressiven Polizeiregime. Die letzten dreißig Jahren waren also geprägt von täglicher Repression, politische Demonstrationen und Neugründungen von Vereinen und politischen Parteien waren verboten. Das Regime kriminalisierte fast sämtliche politischen Aktivitäten. Das führte dazu, dass sich vor allem junge Menschen von den politischen Parteien jeglicher Couleur distanzierten. Es handelt sich um eine schwere historische Last, die wir mit uns tragen müssen. Wir müssen also ehrlich sein: Weder die Parteien noch die zivilgesellschaftlichen Organisationen sind seit Beginn der Massendemonstrationen in der Lage, strukturierend in die soziale Bewegung einzuwirken.

Trotz diesen ernstzunehmenden Schwierigkeiten spielen diejenigen Kollektive, Gewerkschaften und anderen zivilgesellschaftlichen Zusammenschlüsse eine zentrale Rolle, die mit der aktuellen Bewegung neu aufkamen oder wiederbelebt wurden. Die Mehrheit der Bevölkerung hat sich im „Kollektiv der Zivilgesellschaft für einen demokratischen und friedlichen Übergang“ zusammengeschlossen.Andere Organisationen und die autonomen Gewerkschaften haben ihre eigene Koordination gegründet. Vereine, die dem Regime nahestehen und sich vor dessen Absetzung für das fünfte Mandat Bouteflikas einsetzten, haben sich zu einem weiteren Kollektiv zusammengetan. Auch sie mischen jetzt bei der politischen Auseinandersetzung um die Definition des Übergangs mit. Es gibt also unterschiedliche Initiativen, jede mit einer eigenen Strategie und mit eigenen Forderungen, die sich von einer verfassungsgebenden Versammlung bis zu sofortigen Präsidentschaftswahlen erstrecken.

All diese Initiativen haben zumindest eines gemeinsam: Sie sind der Überzeugung, dass es in irgendeiner Form eine Übergangszeit braucht. Wir haben es, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten, am 15. Juni geschafft, eine erste nationale Konferenz zu organisieren. Im Vorfeld haben sich die Kollektive wochenlang regelmäßig getroffen. Es wurde dabei stets versucht, die allgemeinen Interessen des Hirak über die partikularen politischen und ideologischen Interessen der einzelnen Kollektive zu stellen. Mehr als sechzig Vereine, zivilgesellschaftliche Kollektive und autonome Gewerkschaften mit sehr unterschiedlichen politischen und ideologischen Überzeugungen haben sich an dieser Konferenz in einem Saal versammelt – das gab es seit der Unabhängigkeit Algeriens 1962 noch nie! Es wurde ein gemeinsamer Fahrplan verabschiedet und wir haben uns darauf geeinigt, dass es eine Übergangszeit braucht, bevor wir wieder an die Urnen gehen. Das Regime lehnt diese Übergangszeit ab. Wir wollen diese Überzeugung nun aber als Druckmittel gegenüber dem Regime einsetzen. Man kann dies also durchaus als einen Erfolg der Zivilgesellschaft bezeichnen: Wir haben trotz politischen und ideologischen Unterschieden geschafft, dank und in den Mobilisierungen gemeinsam vorwärts zu gehen und weiterhin geeinten Druck auf das Regime aufzubauen.

Am 26. Juni haben sich die demokratischen und progressiven Parteien getroffen. Wir vom zivilgesellschaftlichen Kollektiv waren auch dabei. [1] Daraus ist eine sehr progressive Plattform entstanden, auf der unter anderem ebenfalls eine Übergangszeit, zudem aber auch eine verfassungsgebende Versammlung und die Gleichheit von Frauen* und Männern gefordert wird. Andere Parteien und politische Persönlichkeiten haben sich am 6. Juli getroffen. Ihre Plattform fordert sofortige Präsidentschaftswahlen, ohne klare Positionierung bezüglich einer Übergangsphase. Sie entspricht in vielen Punkten der Roadmap des Regimes. Wir vom zivilgesellschaftlichen Kollektiv haben dezidiert die Teilnahme daran verweigert. All dies zeigt, dass sich die zivilgesellschaftlichen Organisationen und die politischen Parteien im Hirak beteiligen, auch wenn das erst spät geschehen ist und jede Organisation mit ihren eigenen Taktiken daran teilnimmt. Weitere Initiativen werden zurzeit vorbereitet. Darunter ist vor allem die Konferenz für einen demokratischen Übergangerwähnenswert, die am 31. August stattfinden wird und von den demokratischen und progressiven Parteien organisiert wird. Es ist fundamental, nicht ausschließlich dem Regime die Definitionsmacht über die Lösung der „politischen Krise“ zu überlassen, sondern als zivilgesellschaftliche Kräfte in die Debatte zu intervenieren und Vorschläge zu formulieren. Denn für uns ist klar, am Ende muss die Bevölkerung und die soziale Bewegung der freitäglichen Demonstrationen entscheiden, welche Lösung sie akzeptiert.

Ein Blick auf die Arbeitswelt

Ein fundamentaler Moment für die Stärkung des Hirak und seiner Forderungen ist die Fähigkeit der organisierten Arbeiter*innen, den algerischen Gewerkschaftsbund UGTA zurückzuerobern – ein notwendiges Instrument, um Aktionen organisieren zu können, die den produktiven Sektor blockieren. Wie hat sich die Arbeiter*innenbewegung mit dem Hirak entwickelt?

Hakim Addad: Die algerische, autonome Gewerkschaftsbewegung existiert seit rund dreißig Jahren. Damals haben sich die ersten autonomen Gewerkschaften gegründet, die an der Basis Kämpfe führen, aber stets mit korporatistischen, also berufsspezifischen Forderungen. Trotz der Repression des Regimes haben es diese Gewerkschaften geschafft, Arbeiter*innen zu organisieren und sich Respekt zu verschaffen. Das ist ein Erfolg. Die Arbeiter*innen und die gewerkschaftlichen Aktivist*innen der Gewerkschaftszentrale UGTA hingegen kämpfen für die Demokratisierung der Gewerkschaft und dafür, dass diese von den Arbeiter*innen selbst geführt wird. Die Genoss*innen und Kolleg*innen führen interne und externe Kämpfe, unterdessen auch mit der Unterstützung der sozialen Bewegung. Doch der Kampf ist noch nicht gewonnen. Ein nicht zu vernachlässigender Grund dafür ist, dass das Regime die Gewerkschaftszentrale nicht einfach aus der Hand geben wird. Die UGTA repräsentiert rund eine Million Arbeiter*innen, die den ganzen produktiven Sektor des Landes stilllegen könnten. Einen ersten Sieg erreichte die Bewegung mit der Absetzung des Generalsekretärs Sidi Said, der Jahrzehnte lang fest in seinem Sattel saß und eng mit dem ehemaligen Präsidenten Bouteflika verbunden war. Doch der Kampf für die Befreiung der UGTA bleibt hart. Wir glauben aber an unsere Freund*innen und Genoss*innen innerhalb der UGTA. Wir werden Algerien befreien, die UGTA inbegriffen.

Ein Blick auf das Regime

Die Repression hat zugenommen: Die Polizei steht während den Demos zahlreicher auf den Straßen, einfache Demonstrant*innen, Aktivist*innen, Journalist*innen werden festgenommen. Ist ein sudanesisches Szenario auch in Algerien vorstellbar?

Hakim Addad: Das Regime in Algerien ist durch Gewalt geboren und hat auch den politisch-sozialen Gesellschaftsbereich stets mit Gewalt verwaltet. Und ich meine damit viel mehr als nur die nackte, physische Gewalt, welche auf die Gesellschaft und auf ihre politischen und medialen Repräsentant*innen ausgeübt wird: Wir erleben tagtäglich Einschüchterungen, Erpressungen und Druck aller Art. Wir wissen also, mit welchem Regime wir es zu tun haben. Unsere Strategie gegenüber dem Regime, womit wir stärker sind und gewinnen können, ist die „silmya“, der friedliche Charakter unserer Bewegung. Demgegenüber ist das Regime machtlos.

Seit den ersten Monaten des Hirak wird Repression gegen den revolutionären Prozess angewendet. Die Polizei, welche direkt die Befehle des Regimes ausführt, hat schnell begonnen, die öffentlichen Räume zu schließen, die von den Protestierenden, von Vereinen und politischen Organisationen mit dem Beginn der Bewegung am 22. Februar besetzt und der Öffentlichkeit zurückgegeben wurden. So wurde das Debatte-Forum der Student*innen- und Jugendorganisation RAJ verboten, dasjenige der Künstler*innen, und das des think thank Nabn[2]. Auch wurde in Algier der „Tunnel des Facultés“ geschlossen, welcher während den Demonstrationen von den Student*innen besetzt wurde. Es handelt sich dabei um ein symbolisches Zentrum unserer Revolution, so wie es auch die „Place de la Grande Poste“ ist. Als Reaktion auf die Repression haben wir mit einigen Genoss*innen einen Appell lanciert: Wir versammeln uns täglich um 17 Uhr und verteidigen unsere „Märsche der Freiheit“. Wir wurden wir immer zahlreicher – leider aber auch die Polizei. Nach fünf Wochen täglichem Widerstand und Repression wurden zehn Genoss*innen festgenommen, darunter vier Frauen und ich selbst. Wir wurden auf einen Polizeiposten in der Peripherie von Algier gebracht. Die Polizeikräfte haben versucht, uns durch Befragungen einzuschüchtern. Gegenüber den Frauen gingen sie sogar noch einen Schritt weiter und haben sie physisch gedemütigt. Schließlich haben sie uns acht Stunden in Polizeigewahrsam festgehalten, bevor wir wieder entlassen wurden. Unser Beispiel zeigt, dass das Regime unsere Märsche für die Freiheit mit Polizeiterror zerstören will. Seither haben sich die Festnahmen vervielfacht, vor allem von Demonstrant*innen, welche die berberische Flagge mit sich tragen. Heute zählen wir über achtzig politische Gefangene und es drohen jederzeit mehr zu werden. Die Gewalt gegen die Demonstrant*innen ist permanent spürbar. In den letzten Wochen wurde Algier freitags polizeilich abgeriegelt, sodass die Demonstrant*innen nicht ins Stadtzentrum marschieren konnten.

Was Anfang Juni im sudanesischen Khartum passiert ist, liegt also im Rahmen des Möglichen, ja; entweder über die offiziellen Streitkräfte des Regimes oder über regimenahe Gruppen, die jedoch offiziell der „Kontrolle des Staates“ entgehen. Diese würden die Intervention der Polizei oder im schlimmsten Falle gar der Armee „legitimieren“. Wir erinnern uns noch gut an die Demonstrationen und die öffentlichen Platzbesetzungen im Oktober 1988 [3]. Damals hat der Generalstabschef der Armee auch den Befehl erteilt, auf die Demonstrant*innen zu schießen. In wenigen Tagen kamen über 500 Menschen ums Leben, vor allem sehr junge Demonstrant*innen. Wir erinnern uns auch an die 128 Jugendlichen, die 2001 von der Gendarmerie – einer der Armee angehörenden Einheit – während der sozialen Protestbewegung in der Kabylei durch Schusswaffen getötet wurden. Eine gewalttätige Intervention liegt als im Rahmen des Möglichen, das hat die Geschichte gezeigt. Aber ich glaube gleichzeitig auch, dass das Regime zuerst andere gewalttätige Mittel anwendet, bevor er ins Extreme rutscht; und dies nicht, weil es nicht will, sondern weil im Zeitalter der Handys und der sozialen Medien solche Nachrichten schnell über die algerischen Grenzen hinausgehen, was das Regime nicht will. Die Welt soll nicht sehen, wie einige „sterbende Alte“, die sich an der Macht festhalten, auf eine friedliche, junge, schöne und lachende Bewegung schießen.

Es gibt auch Druck von außen, aus dem Nahen Osten, aus Europa (aus Frankreich im Besonderen) und aus den USA. Jede politische Macht hat eigene spezifische Interessen in Algerien, das als Türöffner in den gesamten afrikanischen Kontinent fungiert. Das komplizenhafte Schweigen derjenigen Länder, die sich stets als Hochburgen der Demokratie präsentieren und der Welt die Menschenrechte beibringen wollen, muss aber genauso als eine Positionierung verstanden werden. Wir appellieren an die öffentliche Meinung dieser Länder, damit nicht auch sie zu Komplizen ihrer Regierungen werden. Schlussendlich trägt aber nur das algerische Regime die Verantwortung für die Repression und für allfällige Menschenopfer. Die Kraft unserer Revolution ist ihr pazifistischer Charakter. Das ist unsere beste Waffe und wir werden sie weiterhin benutzen. Wie der chilenische Dichter Pablo Neruda schrieb: „Sie können alle Blumen abschneiden, aber nie werden sie den Frühling aufhalten können.”

Ein Blick auf die Zukunft

„Wir werden den Cup und unsere Freiheit gewinnen“ war ein Slogan während des in Ägypten stattfindenden Afrika-Cups. Tatsächlich hat das algerische Fußball-Team den Pokal geholt. Welche sind nun aber die nächsten Schritte, damit die Freiheit tatsächlich gewonnen wird?

Hakim Addad: Seit dem 22. Februar haben wir schon einen Großteil unserer Freiheit erobern können. Die Geschichte kann nicht zurückgedreht werden – und so werden auch wir nicht mehr zurück gehen. Wir müssen nun unsere Freiheit behaupten und sie in Stein meißeln. Über die Demonstrationen und Versammlungen hinaus sind nun die Initiativen der Zivilgesellschaft und der politischen Parteien und die Konferenzen, die demnächst gehalten werden, von zentraler Bedeutung. Zudem sind weitere Aktionen des zivilen Ungehorsams ab September notwendig. Die Stundent*innenbewegung kann das Kräfteverhältnis zu unseren Gunsten verschieben, aber auch der interne Kampf um die Gewerkschaftszentrale UGTA. Wir müssen uns regelmäßige Streiks oder gar einen Generalstreik zum Ziel setzen. Die Bevölkerung marschiert weiterhin friedlich und organisiert sich. Die soziale und pazifistische Revolution kann über sich selbst hinauswachsen, wir müssen sie nun zum Erfolg führen. Vor dem 22. Februar existierten wir nicht; seither schaut die Welt auf uns, das Regime fürchtet uns und wir entdecken uns neu. Eine Sache ist klar: Die Zeit und die Gerechtigkeit stehen auf unserer Seite. Und wir haben weiterhin unsere friedliche Revolution. Darin liegt ein Großteil unseres Erfolges. So erobern wir wieder unsere Freiheit und unsere Würde und diejenige aller unterdrückten Völker.

Quelle: revoltmag.org… vom 22. August 2019

[1] Das CSVM ist ein Kollektiv, das von jungen Demonstrant*innen am Tag nach den ersten Protesten mit dem Ziel gegründet wurde, die Repression des Regimes zu denunzieren und Informationen zur Situation in Algerien zu verbreiten. Unterdessen hat das Kollektiv eine internationale Dimension erreicht und Aktivist*innen auf beiden Seiten des Mittelmeeres, sowohl in Algerien als auch in Frankreich, beteiligen sich.

[2] Das Nabni ist ein Ende 2010 gegründetes Kollektiv, welches sich schon damals mit der Frage des demokratischen Übergangs und des Generationenwechsels in Algerien auseinandersetzte.

[3] Proteste, die zum Zusammenbruch des Einparteiensystem Algeriens führten und das sogenannte „schwarze Jahrzehnt“ einläuteten.

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