US-Kongress verabschiedet Resolution gegen den Sozialismus
Florian Rötzer. US-Kriegsminister Pete Hegseth markiert gerne den starken Mann und hat auch keinerlei Bedenken, Menschen auf Verdacht ermorden zu lassen. Gerade steht er unter Verdacht, am 2. September den Befehl gegeben zu haben, Überlebende bei der Bombardierung eines angeblichen Schmugglerbootes zu töten.
Er war es nicht, sagt er auf dem Reagan National Defense Forum, würde aber den Befehl auch gegeben haben, sowieso würden „Gegenangriffe und erneute Angriffe von Kämpfern auf dem Schlachtfeld häufig vorkommen“.
Hegseth hielt auf dem Forum auch eine Rede, in der er versprach, das „mächtigste amerikanische Militär, das die Welt jemals gesehen hat“, aufzubauen. Das werde auch das tödlichste mit amerikanischen Waffen sein, was er als „Arsenal der Freiheit“ bezeichnete. Man will also wieder Weltpolizist spielen, dabei aber die Losung America first beachten und vermeiden, „in scheinbar endlose ausländische Verstrickungen“ zu geraten. Man mache all das, so ungewohnte Worte, dass es nicht nur Amerika, sondern der Welt besser geht, um zu erklären: „Weg mit dem utopischen Idealismus und her mit dem knallharten Realismus!“
Mit dem utopischen Idealismus dürfte er Europa und die Linke meinen, mit dem Realismus Trump und den Kapitalismus. Hegseth erläuterte die eingeschlagene Bulldozer- oder Scheuklappen-Politik. Die USA sollen sich nicht mehr „durch Demokratieförderung, Interventionismus, undefinierte Kriege, Regimewechsel, Klimawandel, moralische Woke-Bewegung und erfolglosen Nationenaufbau ablenken lassen. Stattdessen werden wir die praktischen, konkreten Interessen unserer Nation in den Vordergrund stellen.“ Das entbehrt nicht der Ironie, wenn man die amerikanische Armada vor Venezuela denkt.
Hintergrund dürfte aber eher sein, dass in der amerikanischen Bevölkerung im Gegensatz zur europäischen die Wertschätzung des Kapitalismus sinkt. Nach einer Gallup-Umfrage vom September sehen ihn nur noch 54 Prozent positiv, 39 Prozent negativ. Selbst bei den Republikanern ist die Wertschätzung gesunken, aber mit 74 Prozent noch immer sehr hoch. Dagegen steigt die positive Einschätzung des Sozialismus und liegt bei 66 Prozent. Das Ansehen von Big Business ist bei den Amerikanern von 58 Prozent im Jahr 2012 auf jetzt 37 Prozent gesunken.
Vor allem bei jungen Menschen wird das propagierte Aus für den utopischen Sozialismus nicht gut ankommen. Nach einer Axios-Umfrage vom November haben 67 Prozent der Studenten eine positive oder neutrale Einstellung mit dem Wort Sozialismus, aber nur 40 Prozent mit dem Wort Kapitalismus. Kapitalismus wird deutlich mehr als negativ betrachtet als Sozialismus. Für Trump und die Seinen ist Sozialismus, noch schlimmer Kommunismus des Teufels. Jemanden als Sozialisten zu bezeichnen, reicht in ihren Augen, um ihn abzuqualifizieren. Könnte gut sein, dass die Dämonisierung das Gegenteil bewirkt, was offenbar auch der Fall mit dem Wahlsieg des jungen muslimischen und linken Zohran Mamdani in New York war, der sich als demokratischen Sozialisten bezeichnet. Trump sah sich offenbar genötigt, sich mit dem zuvor Verteufelten (“100% Communist lunatic“) zu verbrüdern.
Es gibt auch andere Umfrageergebnisse. So hatte die Umfrage von YouGov und The Economist im November das Ergebnis, dass 46 Prozent den Kapitalismus und nur 18 Prozent den Sozialismus besser fanden. Die Weißen votierten am stärksten für den Kapitalismus, auch mit wachsenden Alter steigt die Liebe zum Kapitalismus.
Selbst Rasmussen Reports kam in einer Novemberumfrage zum Schluss, dass eine Mehrheit der Wähler unter 40 Jahren von 51 Prozent wünschen, dass ein demokratischer Sozialist bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gewinnt. 36 Prozent wollen das nicht.
Der Trend beunruhigt nicht nur Trump und die Republikaner, sondern auch das Establishment der Demokratischen Partei, das seit langem versucht, die Linken in der Partei wie Bernie Sanders oder AOC an den Rand zu drängen. Die Angst scheint groß zu sein. Am 21. November stimmte mit 86 Abgeordneten fast die Hälfte der Demokraten im Repräsentantenhaus für eine seltsame Resolution nach der Wahl von Mamdani, die den Sozialismus verurteilt. 98 stimmten dagegen, 199 republikanische Abgeordnete waren dafür, Gegenstimme gab es hier keine.
Die Resolution lautet: „Der Kongress verurteilt den Sozialismus in all seinen Formen und lehnt die Umsetzung sozialistischer Politik in den Vereinigten Staaten ab.“ Aufgelistet werden die Gräuel der angeblich sozialistischen Regime: Hungersnöte, Massenmorde, Tötung von 100 Millionen Menschen. Die Bösen sind: Wladimir Lenin, Joseph Stalin, Mao Zedong, Fidel Castro, Pol Pot, Kim Jong Il, Kim Jong Un, Daniel Ortega, Hugo Chavez und Nicolás Maduro. Die Gräuel und die vielen Toten des kapitalistisch getriebenen Kolonialismus werden ausgeblendet. Angst scheint man vor allem vom Verlust des Eigentums zu haben. Zitiert wird Präsident James Madison, der „Vater der Verfassung“, der schrieb, dass „es keine gerechte Regierung ist und Eigentum unter ihr nicht sicher ist, wenn das Eigentum, das ein Mensch zu seiner persönlichen Sicherheit und persönlichen Freiheit hat, durch willkürliche Beschlagnahmungen einer Klasse von Bürgern zum Wohle der übrigen beeinträchtigt wird“.
Das Eigentum am Vermögen und an den Produktionsmitteln ist das Heiligtum des Kapitalismus. Es geht um die bedingungslose Wahrung der Ausbeutung und des akkumulierten Reichtums, auch das der Milliardäre. Und um die Abwehr von sozialstaatlichen Programmen, die eine gewisse Umverteilung des Vermögens der Reichen beinhalten. Dass es je anders werden könnte, soll mit der Abschaffung der Utopie schon als Idee oder Wunsch beseitigt werden. In der schönen neuen Welt des amerikanischen Goldenen Zeitalters von Trump gilt rücksichtloser Egoismus auf individueller und nationaler Ebene. Das atmet den kolonialistischen Geist des Wilden Westens mit dem Gewehr als letztem Argument.
Quelle: overton-magazin.de… vom 9. Dezember 2025
Tags: Faschismus, Imperialismus, Neue Rechte, Politische Ökonomie, Repression, USA










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