Wahlen in Moldau: Entscheidungszwang mit bitterem Beigeschmack
Éva Péli. In einem Gespräch über die Parlamentswahlen am 28. September in Moldau analysierte der ehemalige ungarische Botschafter in Moldau, György Varga, die Ergebnisse und kritisierte die mediale Berichterstattung scharf. Er kommt zu dem Schluss, dass der als pro-europäisch gefeierte Wahlsieg unter ungleichen Bedingungen zustande kam und das Land einem gefährlichen geopolitischen
Entscheidungszwang aussetzt. Damit werde eine Wiederholung des ukrainischen Szenarios riskiert.
Die westlichen Medien feierten das Ergebnis der Parlamentswahl in Moldau am Sonntag, das der Regierungspartei 54 von 101 Sitzen verschaffte, als klaren Sieg über Russland. In einem am Montag veröffentlichten Podcast-Gespräch mit dem Portal Ultrahang ging der frühere ungarische Botschafter in Moldau, György Varga, auf das Ergebnis und dessen mediale Darstellung im Westen ein. Die Einleitung des Gesprächs, in der eine Reihe von Schlagzeilen zitiert wurde – von „Putins Plan ist gescheitert“ bis hin zu „Europäer atmen auf, die prorussischen Kräfte sind gefallen“ –, diente Varga als perfekter Aufhänger für seine Kritik.
„Das ist die beste Einleitung, die es zu diesem Thema geben kann“, erklärte Botschafter Varga. „Sie zeigt perfekt die westliche Herangehensweise, nach der die Berichterstattung erfolgt.“ Ihm zufolge reduzierten diese Artikel die komplexe Realität der Republik Moldau auf einen rein globalpolitischen Konflikt, in dem die Wähler gezwungen werden, sich zwischen zwei Lagern zu entscheiden.
Varga betonte, Moldau sei ein Land, dessen Gesellschaft ethnisch, sprachlich und historisch tief gespalten sei. „Die Gesellschaft ist so geteilt, […] dass dieser Gesellschaft die Neutralität viel besser entsprechen würde, die sie heute noch verfassungsmäßig besitzt.“
Unfaire Wahlbedingungen
Der Diplomat und frühere OSZE-Missionsleiter an der russisch-ukrainischen Grenze kritisierte massiv die Rahmenbedingungen der Wahl, die seiner Meinung nach die pro-europäischen Kräfte aktiv begünstigten und so die demokratische Balance störten. Er wies unter anderem auf das Ungleichgewicht bei der Auslandsstimmabgabe hin.
Moldau sei stark auf seine Diaspora angewiesen, erklärte er. Von den rund drei Millionen Einwohnern arbeitet etwa eine Million im Ausland. Varga zeigte anhand konkreter Zahlen, wie die Stimmenverteilung bewusst verzerrt wurde:
- Beispiel Russland: Rund 500.000 Moldauer leben und arbeiten in Russland. Dort wurden seitens der Regierung Moldaus nur zwei Wahllokale eröffnet, die insgesamt nur 10.000 Stimmzettel erhielten.
- Beispiel Westeuropa: Im Gegensatz dazu wurden in Italien 75 Wahllokale, in Deutschland 36 und in Frankreich 26 eröffnet.
„Ich habe die Homepage der moldauischen Wahlkommission geöffnet und diese Zahlen gesehen“, so Varga. „Da sieht man, dass das Ganze total sinnlos ist. Aber dieses globale Establishment wird es akzeptieren, und jeder, der es kritisiert, wird als ‚Putins Diener‘ bezeichnet.“
Externe Einflussnahme: Die „Rumänisierung“ der politischen Elite
Ein weiteres beunruhigendes Beispiel für Varga ist die Identität der derzeitigen politischen Führung, die oft rumänische Staatsbürgerschaft besitzt. Er listete die Führungspositionen auf: „Die Präsidentin Moldaus ist rumänische Staatsbürgerin. Der Premierminister Moldaus ist rumänischer Staatsbürger. Der Außenminister Moldaus ist rumänischer Staatsbürger. Der Leiter des Geheimdienstes Moldaus ist rumänischer Staatsbürger.“
Wer dies thematisiere, werde mit dem Vorwurf des „Verbreitens falscher Nachrichten“ belegt. Varga fragte provokant: „Ist es nicht seltsam, dass ein Staatsbürger Rumäniens, eines NATO-Mitglieds, der zuvor acht Jahre lang für die Soros-Stiftung gearbeitet hat, jetzt als Chef des moldauischen Geheimdienstes den Bericht liefert, aufgrund dessen das Europäische Parlament die russische Einmischung beurteilt?“
Die Gefahr einer „Anti-Russland“-Politik
Vargas größte Sorge liegt in der langfristigen Konsequenz dieser Schwarz-Weiß-Politik. Ihm zufolge wird Moldau von globalen Mächten dazu getrieben, ein „Anti-Russland“ zu werden.
„Dieses Land verdient es nicht, als verfassungsmäßig neutrales Land für eine globalistische Idee auseinandergerissen zu werden“, betonte er. Die kompromisslose Haltung – „Wer nicht für die Partei der Maia Sandu stimmt, der stimmt für Putin“ – sei politisches Gift, das die innere Stabilität untergrabe.
Die Weigerung der aktuellen moldauischen Führung, mit der separatistischen Region Transnistrien zu verhandeln oder diese zu besuchen, verschärfe die Lage. Varga erinnerte daran, dass die Behandlung des separaten Gebiets vor 15 bis 20 Jahren wesentlich korrekter gewesen sei. Heute würden die dort lebenden Menschen, die nach Ruhe suchen, wie Kriminelle behandelt.
Die entscheidende Frage für die Zukunft Moldaus sei der Ausgang des Ukraine-Krieges. Wenn der Krieg fortgesetzt werde und die russischen Truppen in Richtung Odessa vorrückten, würde Moldau unweigerlich in den Konflikt hineingezogen. Für Varga ist Russlands Interesse im Kern die Stabilität und Neutralität Moldaus, nicht die Destabilisierung.
Der Experte des postsowjetischen Raumes schloss mit dem Appell, die Komplexität und das Bedürfnis nach Neutralität der moldauischen Bevölkerung anzuerkennen, anstatt sie in einen geopolitischen Entscheidungskampf zu zwingen. Der vermeintliche Wahlsieg berge daher die Gefahr, dass die Fehler der Ukraine-Politik auf tragische Weise wiederholt werden, was langfristig die Souveränität und den Frieden Moldaus bedrohe.
#Titelbild: Transnistrien (schraffiert) und die Republik Moldau. Quelle: wikipedia.org…
Quelle: nachdenkseiten.de… vom 1. Oktober 2025
Tags: Dritter Weltkrieg, Europa, Imperialismus, Kultur, Moldavien, Rumänien, Russland, Ukraine, USA
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